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WIEN / Wagenburg: MARIA THERESIA zum Zweiten

Wagenburg  Kutsche Krone x~1 Wagenburg  Plakat x~1
Alle Fotos: Wesemann

WIEN / Wagenburg:
300 JAHRE MARIA THERESIA
„STRATEGIN MUTTER REFORMERIN“
Frauenpower und Lebensfreude
Bis 29. November 2017

Auf Hufen, Kufen und Rädern…

Das Kunsthistorische Museum „bespielt“ nur einen Schauplatz von vieren, aber darüber hinaus hat man zu den Maria Theresien-Ausstellungen viel beitragen: KHM-Direktorin Sabine Haag betonte, dass man aus den einzelnen Abteilungen des Hauses reichlich Objekte beisteuerte – aus der Gemäldegalerie, der Kunstkammer, der Musiksammlung, der Hof-, Jagd- und Rüstkammer, und das Münzkabinett wird Ende des Monats noch eine eigene Ausstellung zum Maria-Theresia-Reigen des 300. Geburtstags bieten. Im übrigen gehört die Wagenburg des Schlosses Schönbrunn in den Verband des KHM, und dort hat die Direktorin dieser Abteilung des KHM, Monica Kurzel-Runtscheiner, „Frauenpower und Lebensfreude“ lebendig gemacht.

Von Heiner Wesemann

Wagen Prozession x~1

Der familiäre Wagenpark Man betritt die Wagenburg immer noch durch den Raum, der Kaiser Karl, dem letzten Kaiser, gewidmet ist und der schon mit „richtigen“ Autos fuhr. Der gewaltige Leichenwagen, an dem man vorbeigeht, galt nicht Maria Theresia, sondern damit wurden Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph in die Kapuzinergruft gebracht. Aber schon links davon hat man eine wahre Wagen-Prozession aufgestellt, jeweils von sechs geschmückten Pferden gezogen, und so hat sich die Familie vermutlich oftmals durch Wien bewegt, um der Bevölkerung etwas zum Schauen zu bieten. Und natürlich auch, um sich selbst in Szene zu setzen. So, wie heute die Kinder der Reichen ihre Luxusautos geschenkt bekommen, erhielten die Söhne und Töchter Maria Theresias ihre eigenen Kutschen, die so genannten Prinzen- und Damenwägen. Einer davon wurde für die Ausstellung restauriert und erstrahlt „wie neu“. Der erste Wagen ist übrigens jener, mit dem Kaiser Franz I. mit seinem Sohn Joseph 1764 in Frankfurt eingezogen ist – dessen Krönung zum „Römischen König“ galt als sichere Vorbereitung auf dem Kaisertitel. Dass dieser allerdings so bald folgen wollte (Franz Stephan von Lothringen starb im Jahr darauf), konnte damals noch niemand ahnen.

Wagenburg  Damenkarussell x~1 Wagenburg  Schlitten x~1

Feste als politische Demonstration Zwei der vielen Feste, die es in der Welt Maria Theresias gab, sind besonders populär geworden, weil sie in großformatigen Gemälden festgehalten wurden. Das so genannte „Damenkarussell“ am 2. Jänner 1743 sollte die Wiedergewinnung Böhmens feiern („draußen“ wurde nämlich ein brutaler Erbfolgekrieg gekämpft) und wurde von Reiterinnen (Maria Theresia selbst saß zu Pferd) und Wagenlenkerinnen bestritten: Ihre Schwester Maria Anna fuhr einen der goldenen Karussell-Wägen, der hier vor dem Gemälde aufgestellt ist. Ähnlich berühmt wurden die Schlittenfahrten, die sich im allgemeinen zwischen der Hofburg und Schönbrunn hin- und herbewegten. Ein Riesengemälde zeigt die Schlittenfahrt, die der Hof 1765 anlässlich der zweiten Hochzeit von Joseph II. mit seiner bayerischen Cousine veranstaltete, und auf einem weißen („Schnee“)-Hügel davor hat man die goldenen Schlitten samt Pferden aufgestellt… Dass solche Veranstaltungen eine ausgefeilte (und wohl auch geprobte) Choreographie benötigten, damit nicht jeder wahllos hin- und herfuhr, versteht sich. Die Ausstellung zeigt Skizzen mit genau vorgegebenen Anweisungen der zu nehmenden Wege.

Wagenburg  Choreographie2 x~1

Vor allem in der Staatskarosse Maria Theresia hatte für die ungarische Krönung ihre bis dahin nicht besonderen Reitkünste aufgefrischt, denn sie wollte sich beim Ritt auf den Königshügel in Pressburg natürlich nicht blamieren. Danach wurde sie eine so leidenschaftliche Reiterin, dass sie bei den Damen des Hofes eine wahre Mode auslöste, über die die Herren nur den Kopf schütteln konnten. Sie ritt sogar während mancher Schwangerschaft – aber man besitzt auch einen Gala-Tragsessel, wie er im höheren Stadium der Schwangerschaft nötig wurde. Immer ein Glanzstück der Wagenburg war und ist der vergoldete Imperialwagen, der von einem Kaiser zum nächsten weitergereicht wurde, jeder ließ dann seine Insignien darauf applizieren: Maria Theresia ließ Hera gegen Poseidon darauf setzen – sie gegen Friedrich II. von Preußen. Die goldene Karosse diente als Beförderungsmittel zu allen festlichen Anlässen – wie ein Staatswagen im Autopark der Republik.

Wagenburg  Goldene Kutsche x~1

Der eigene Orden der Königin Maria Theresia konnte vieles, aber nicht alles: Sie konnte nicht selbst, in persona, Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs werden (nur als Gattin und wird auf vielen Dokumenten auch als „Römische Kaiserin“ bezeichnet), und sie konnte nicht Großmeister des Goldenen Vlieses werden, weil dieser Habsburgische Hausorden nur Männer aufnahm. Aber sie konnte als „König von Ungarn“ ihren eigenen Orden gründen: Man sieht die Ornate des „St. Stephans-Ordens“, den sie als Verdienstorden gründete, was bedeutete, dass sie in diesem Fall Leistung vor Geburt stellte. Nur dass sie hier auch Frauen aufgenommen hätte, so weit ging sie nicht – sie wusste, wie viel sie der Mitwelt zumuten konnte. Doch dafür, dass sie in der damaligen Welt „nur eine Frau“ war, hat sie das Optimum aus ihrer Stellung und ihren Möglichkeiten gemacht.

Wagenburg: „Maria Theresia – Frauenpower und Lebensfreude“
Bis 29. November 2017, täglich 10 bis 18 Uhr

 

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