WIEN/Theater an der Wien: MATHIS, DER MALER Pr. 12. 12.2012
Kurt Streit, Manuela Uhl. Foto: Barbara Zeininger
Paul Hindemith schrieb dieses Werk in einer Zeit, in der zwei totalitäre Systeme, der Nationalsozialismus und der Bolschewismus, auf eine finale Auseinandersetzung hinstrebten. Die Handlung dieser Oper spielt ebenfalls in einer Zeit großer Gegensätze und Spannungen: die „alte“ Kirche und die von Luther ausgelöste Bewegung, was zu den Glaubenskriegen führte. Dazu die Zwiespalt zwischen den arg unterdrückten Bauern und ihren Herren, der in den Bauernkriegen einen fürchterlichen Höhepunkt fand.
Die Oper „Mathis“ zeigt das Schicksal eines begnadeten Künstlers zwischen den Fronten. Er möchte sich seinen Aufgaben widmen, wird aber unwillkürlich in
den Strudel der Auseinandersetzungen hineingezogen. Der Komponist nimmt immer wieder Anregungen alter Musikstile auf, dennoch gelingt ihm ein, seiner Zeit
gemäßes, Ganzes. Die Anforderungen an die Sänger sind sehr groß.
Regisseur Keith Warner gelingt eine ganz exzellente, durchdachte Personenführung, die den Sog des Geschehens noch verstärkt. Man merkt zudem, dass sich die Künstler auf seine Anregungen eingelassen hatten. Überzeugend auch die Bühne von Johan Engels. Der gekreuzigte Jesus des Isenheimer Altars, ist als riesige, plastische Figur dargestellt. Auf einer Drehbühne sind recht geschickt die Szenen der Handlung ablaufend. Während der großen Streitigkeiten ist die Figur des Herrn in Einzelteile zerlegt. Beim friedlichen Ausklang des Mathis ist die Figur wiederhergestellt. Eine derart stark gelungene Bühne, wird man nicht oft erleben können.
Dem Dirigenten Bertrand de Billy gelang es mit den Wiener Symphonikern und dem Slowakischen Philharmonischen Chor/Blanka Juhanáková. Es war eine völlig überzeugende Realisierung der Partitur.
Fast allen Sängern war hie und da anzuhören, welch gewaltige Anforderungen an sie gestellt werden, so gibt es immer wieder sehr hohe Passagen zu singen. Die
Titelrolle singt Wolfgang Koch vorzüglich. Er scheint diesbezüglich keine Probleme zu kennen. Als Darsteller wirkt er eher etwas verhalten und passiv. Kurt Streit hat als Kardinal Albrecht viele Höhenflüge zu bewältigen. Man merkt, dass nicht alles ganz leicht gelingt. Er spielt jedoch intensiv und überzeugend. In der
Vesuchungsszene verkörpert er auch den Apostel Paulus.
Franz Grundheber singt den Riedinger. An ihm und an seiner Stimme scheinen die Jahre spurlos vorüber gegangen zu sein, sie ist ganz intakt geblieben. Er war ja immer ein Garant für ein hohes Niveau. Seine Tochter Ursula ist Manuela Uhl anvertraut. Sie hat eine starke Bühnenpersönlichkeit und nur sehr gelegentlich etwas scharfe Höhen, ansonsten gelingt ihr die Rolle überzeugend.
Den Bauernführer Schwalb singt Raymond Very. Seine Stimme klingt gelegentlich etwas grell. Seine Tochter Regina wird von Katerina Tretykova gesungen, sie wird im Verlauf des Abends immer besser und intensiver. Als Intrigant Capito hat Charles Reid einen leicht schrillen Klang. Zuverlässig sind Martin
Snell/Pommersfelden, und Oliver Ringelhahn als Sylvester von Schaumburg. Einen recht guten Eindruck macht Ben Connor als Truchsess. Positiv ergänzt Andrew Owens als Pfeifer des Grafen. Auffallend guten Eindruck bekam man von Magdalena Anna Hofmann als Gräfin Helfenstein.
Vor langer Zeit, als mein Interesse an der Oper begann, war eine meiner ersten Opern eben der „Mathis“. Ich war damals sehr stark beeindruckt. Jetzt nach
vielen Jahren war die zweite Begegnung mit diesem Werk und wiederum war der Eindruck ganz stark.
Nachdem einige Besucher, wohl aus Angst vor der „Moderne“ in der Pause verließen, gab es aber zum Schluss, nach 3 ¾ Stunden, begeisterten Beifall, in den auch das gesamte Produktionsteam einbezogen war.. Es war wirklich ein großer Abend!
Man kann nur empfehlen eine Folgevorstellung zu besuchen: 16., 19., 23. und 28.12.
Martin Robert BOTZ