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WIEN/ Festwochen: COSÌ FAN TUTTE. Premiere

02.06.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Theater an der Wien:  COSÌ FAN TUTTE 2.6.2014 –

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Copyright: Wiener Festwochen

Am 23.2. diesen Jahres hatte Michael Hanekes viel umjubelte Inszenierung von Mozarts Beziehungs“tragödie“ „Così“ am Teatro Real de Madrid Premiere, während der Meisterregisseur zur Oscarverleihung nach Hollywood abgereist war. Nach seinem „Don Giovanni“ in Paris 2006, ist dies seine zweite Operninszenierung.

In seinem Konzept treten Don Alfonso, in dessen Händen die Fäden der Intrigen zusammenlaufen, und Kammerzofe Despina als einander hassendes Ehepaar auf. Das Schlachtfeld der Beziehungen entfaltet sich folgerichtig auf drei verschiedenen Ebenen. Die beiden haben eben ein Schloss renoviert und laden nun zu einer Einweihungsparty ein. Die Gäste werden nun Zeugen jener zerstörerischen Vorgänge zwischen den Paaren, der sie am Ende der Oper mit Grausen abwenden lässt. Bei Haneke gerät diese „Così“ zu einem regelrechten Psychodrama ganz im Stil seiner Filme „Die Klavierspielerin“ (2001), „Das weiße Band“ (2009) oder „Amour“ (2012).

Die Bühne von Christoph Kanter stellt eine großbürgerliche Villa mit Blick aufs Meer dar. Die Kostüme von Moidele Bickel sollen in ihrem Stilmix von Rokoko, etwa bei jenem von Despina, welches an Antoine Watteaus (1684-1721) traurigen „Pierrot“ erinnert, bis zu den in Jackett und Partykleidern auftretenden Gästen eine zeitlose Gegenwart vermitteln. Und diese depressive Despina in Hanekes Inszenierung wird als Medico zum Clowndoktor mit roter Nase und erscheint später dann als Notar wie Charlie Chaplin gekleidet. Ein weiteres Bild des französischen Meisters Watteau, „Fest im Park“, das im Museo del Prado in Madrid hängt, nimmt noch in riesiger Vergrößerung einen Teil der Bühne ein.

Raffiniert leuchtete Urs Schönebaum die jeweilige Situation in der Oper bzw die Empfindlichkeiten der Handelnden aus: wenn der Kühlschrank im Wohnzimmer der Schwestern geöffnet wird, dringt aus diesem Vorratslager für Alkoholika eiskaltes weißes Licht, und gegenüber flackert romantisches Kaminfeuer, gleichsam als Wechselbad, in welches die beiden Paare, ohne Hoffnung auf Erlösung, durch die bitterböse Intrige von Don Alfonso gezogen werden.

Der britische Bariton William Shimell, der übrigens in Hanekes Film „Amour“ Geoff, den britischen Schwiegersohn, spielte, singt einen abgekühlten, im Laufe seiner Ehe völlig desillusioniert gewordenen Zyniker, statt eines weisen, mit einem Augenzwinkern ausgestatteten Philosophen. Seine Gattin Kerstin Avemos als Despina wirkt trotz ihrer Wandlungsfähigkeit als Doktor und Notar äußerst nachdenklich und fragil.

Anett Fritsch als Fiordiligi und Juan Francisco Gatell als Ferrando, sowie Paola Gardina als Dorabella und Andreas Wolf als komischer Guglielmo sind grandiose Sänger-Darsteller in dieser bitteren Scharade von Treue und Lust. Natürlich erkennen die beiden liebestollen Frauen ihre Männer in deren lächerlicher Verkleidung und plumpem Liebeswerben.

Dirigent Sylvain Cambreling unterstützte Hanekes pessimistisches Konzept durch zahlreiche Generalpausen und zelebrierte am Pult der Kammerphilharmonie Bremen einen etwas spröden Mozart. Der Chor der Partygäste, der „Coro Titular del Teatro Real“ wurde von Andrés Máspero gut geführt und sang und agierte kraftvoll und ausdrucksstark.

Die Rezitative begleitete Eugène Michelangeli am Cembalo.

Am Ende sorgte Haneke doch noch für eine Überraschung, die Frauen wollen lieber zu den Männern der jeweils anderen und werden nur mit Mühe von ihren Männern daran gehindert. Großer Applaus für alle Mitwirkenden und auch Haneke sowie sein Ausstattungsteam verbeugten sich auf der Bühne und nahmen die Ovationen dankbar entgegen.

Harald Lacina

 

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