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WIEN/ Staatsoper: WERTHER

25.04.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

WIEN/ Staatsoper: Jules Massenet: WERTHER. Wiener Staatsoper, 24. April 2013


Roberto Alagna, Elina Garanca. Foto: Wiener Staatsoper/Poehn

 Jules Massenet’s Oper Werther war wieder einmal in der Inszenierung von Andrei Serban zu sehen, der dieses psychologische Drama im 1950er Jahre Ambiente spielen lässt, was über weite Strecken auch gut funktioniert.

 Die Besetzung der Titelrolle mit Roberto Alagna war für Wien neu und man musste sich die Frage stellen, ob dieses Debüt nicht doch schon etwas zu spät gekommen ist. Alagna bestach vor allem in den zarten lyrischen Passagen und ließ schöne Piani hören, auch wenn man sich die sehnsüchtigen Ausbrüche des Werther mit mehr Tenorglanz gewünscht hätte. Dieser scheint Alagna doch erheblich abhanden gekommen zu sein. Ganz wunderbar gelangen ihm die Abstufungen bei Rève … Extase … Bonheur und auch der Beginn von L’orsque enfant war von zärtlicher und ausdrucksstarker Lyrik geprägt, doch der dramatische Teil dieser Szene verdeutlichte auch, dass er mit viel Kraftaufwand singen musste. Noch mehr an seine Grenzen stieß er bei Pourquoi me reveiller und auch im Duett mit Charlotte. Alagna’s Werther war von starker Expressivität und ein deutlich leidender und emotioneller Held. Von berührender Intensität geriet der finale Akt. Der auf dem Rücken liegende Alagna hatte ausgerechnet hier seine stärksten vokalen Momente.

 Absolut souverän sang Elina Garanca wieder einmal die Charlotte, die sie bereits 2005 in der Premiere dieser Produktion gesungen hat und erinnerte in ihrem Auftreten und Aussehen an eine kühle Hitchcock-Heroine im Stil einer Kim Novak in Vertigo. Garanca, deren aufblühender und in allen Lagen sicherer Mezzosopran über eine klare Tongebung verfügte, legte die Charlotte nicht so sehr als junges pflichtbewusstes Mädchen an, sondern schon eher als reife junge Frau, die mit ihrer dramatischen Nüchternheit schon ein krasser Gegensatz zum schwärmerischen und weltfremd wirkenden Werther von Alagna war. Da prallten sehr deutlich zwei Welten aufeinander, die einfach kein Happy End haben konnten.

Nicht nur im letzten Akt überzeugte Garanca im harmonischen Zusammenspiel mit Alagna, mit dem sie ein musikalisch und darstellerisch anrührendes, doch niemals kitschiges Finale gestaltete.

 Charlotte’s Gatte Albert, in Massenet’s Oper ohnehin schon ein recht farbloser Charakter, wurde von Tae-Joong Yang mit eher eindimensionalem Timbre gesungen. Daniela Fally war eine rollendeckende Sophie, die aber in dieser Partie keine Glanzpunkte setzen konnte.

Andreas Hörl als Le Bailli war mit seiner markanten Bassstimme ein sehr autoritär klingender Vater für seine vielen Kinder. Thomas Ebenstein war ein sehr deutlich artikulierender Schmidt. Hans-Peter Kammerer vervollständigte das Ensemble als Johann.

 Bertrand de Billy setzte am Dirigentenpult deutlich auf Dramatik. Die lyrisch-schwelgerischen Aspekte kamen eher gedrosselt aus dem Orchestergraben. Das so herrliche Zwischenspiel zum vierten Akt zum Beispiel hat man schon aufwühlender und mitreißender gehört. Das Seelendrama konnte man nur wenig aus dem Dirigat heraushören, dazu war es schlichtweg zu nüchtern.

 Nach dem Ende der Vorstellung wurde Roberto Alagna am Bühneneingang von einer großen Fangemeinde belagert, wie man es zuletzt im gleichen Ausmaß vor einigen Tagen bei Simon Keenlyside beobachten konnte. Anscheinend stehen die attraktiven männlichen Opernsänger bei den (weiblichen) Fans ganz besonders hoch im Kurs …..

 Lukas Link

 

 

 

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