
In der dankbaren Verdi-Partie als Vater: Placido DOMINGO mit Tochter Eleonora BURATTO Foto:Ashley Taylor
NACHWUCHS AUS DEM LAND DES BELCANTO
SIMON BOCCANEGRA gestern in der Wiener Staatsoper neu aufgelegt
84.Vorstellung in der Inszenierung von Peter Stein
Freitag, 22.März 2019 Von P.SKOREPA-OnlineMERKER
Keine Frage, der Erfolg des gestrigen Abends für die Vorstellung des Simon Boccanegra ist zum größten Teil dem Staatsoperndebüt der aus Mantua gebürtigen Italienerin Eleonora Buratto in der Rolle der Amelia zu danken. Sie feierte einen sensationellen Einstand in Wien mit ihrem klangvollen und geschmeidigen Sopran, dessen beachtlicher Höhenstrahl gestern fast alles andere in den Schatten stellte. Gelernt hat sie das Singen im heimatlichen Konservatorium „Lucio Campieri“, immerhin stand ihr ein gewisser Pavarotti zur Seite, sowie die bereits angelaufene Karriere Riccardo Muti in erster Linie zu danken ist.

Eleonore BURATTO in Vorfreude auf ihren Wien – Auftritt (privat Facebook)
Lassen wir die Jugend vor: Neben ihr als Gabriele Adorno der Italiener Francesco Meli, dessen Legatokultur und das inzwischen dramatischer gewordene Tenormaterial die ideale Partnerschaft mit der Stimme der Buratto einging. Eine am Ring schon lange vermisste Demonstration tatsächlicher Gesangskultur italienischer Schule. Allein schon diese beiden Künstler hätten für sich alleine den Schlussapplaus von immerhin siebzehn Minuten verdient, eine für die so merkwürdig applauslahm gewordenen Wiener Opernfreunde schon beachtliche Leistung.
Aber da war ja noch in der Titelrolle Placido Domingo wieder angesetzt, in einer Partie, mit der er in seiner Zweitkarriere als Bariton den wohl größten Erfolg zu verzeichnen hatte und auch diesmal den vom Lebensabschied gezeichneten Dogen ein authentisches Bild verlieh. Unüberhörbar, dass er seinem Geburtsdatum in der Ratsszene bereits Zoll zahlen musste, der Schlussakt jedoch gehört nach wie vor ihm. Tragik, Resignation und Tod darzustellen, aber vor allem zu singen, verlangen Reife in der Stimme und diese Reife ist bei Domingo auch in reichem Maße vorhanden.
Auch sein genuesischer Gegenspieler als Fiesco, Kwangschul Youn, zeigte bereits Ermüdung in der Stimme, ein auffälliges Vibrato, aber was ist das dagegen, wenn einer mit einer wie aus Leder gegerbten und von langer Erfahrung gezeichneten Stimme Hass predigt und zuletzt versöhnlich den einstigen Gegner in die Arme nimmt. Eine wahrlich anrührende Szene dieser letzte Akt, wenn er von solchen Veteranen dargestellt wird!
Marco Caria gab einen stimmstarken Paolo und rückte damit diese Partie mehr ins Bewußtsein als seine Rollenvorgänger, der gemütliche Pietro ist bei Dan Paul Dumitrescu gut aufgehoben, ein Hauptmann mit dem Rollendebüt von Lukhanjo Moyake ist noch zu ergänzen, gedient hatte diesmal Lydia Rathkolb.
Der Chor machte die bei Peter Steins Regien typischen raumfüllenden Bewegungsläufe, die bei den Fechtszenen fast schon ins Parodistische abglitten, Thomas Lang sorgte wenigstens für korrekten Gesang. Und Philippe Auguin sorgte am Pult bei den Sängern auf Hörbarkeit und gab Verdi was Verdi ist: Knalliges und Rührendes.
Wie schon erwähnt siebzehn Minuten Schlussapplaus. Die Sänger haben sich den verdient, jeder auf seine Art.
Peter Skorepa