Wiener Staatsoper: ROBERTO DEVEREUX VON DONIZETTI MIT EDITA GRUBEROVA: IM WECHSELBAD DER GEFÜHLE (13.Oktober 2014)
Celso Albelo. Foto: Wiener Staatsoper/Pöhn
Bombenstimmung in der Wiener Staatsoper- Edita Gruberova– dreht die Zeit zurück und liefert mit dem Porträt der alternden Königin Elisabeth I. eine packende „Nerven-Studie“. Wer wissen will, wie nahe Liebe und Hass in dem weiten Land der Seele gelagert sein können, der sollte die 3.Vorstellung der „Roberto Devereux“-Reprisen am kommenden Freitag unbedingt nutzen. Jedenfalls wird mit der Donizetti-Miniserie derzeit Operngeschichte geschrieben. Und der Jubel ist dem entsprechend. Immerhin kann ein junges Ensemble mit der Diva mithalten.
Am Pult steht mit Andriy Yurkevych ein junger Dirigent aus der Ukraine, er setzt auf Tempo und Rasanz, anfangs „drischt“ er fast zu sehr. Im Laufe des Abends beweist er sein „architektonisches Geschick“ und führt das Staatsopernorchester und den Chor der Wiener Staatsoper (Leitung Thomas Lang) zur Höchstform. Und er gibt der „Diva assoluta“ was sie benötigt – viel Freiraum für eine expressive Psychostudie. Und den nötigen Atem für das Belcanto-Porträt einer Sängerin, die sich zu einer Ausdrucks-Künstlerin ohne Gleichen entwickelt hat. Schon mit der 1.Arie zieht sie das Publikum in ihren Bann. Sie wirbt um Roberto, spürt sein „Fremdgehen“ mit der besten Freundin. Sie gebietet und fleht ihn an. Und zerbricht zuletzt, als sie ihn vor dem Fallbeil bewahren will. Edita Gruberova zieht jedenfalls alle Register ihrer vokalen Kunst. Sie scheut nicht davor zurück, zum Ausdruck von Gefühlsinhalten auf die musikalische Linie zu verzichten. Sie stöhnt und schreit, sie „haut“ auf die Mittellage und platziert doch Spitzentöne, die unvergleichlich sind. Mit ihrem Psycho-Drama über ein Wechselbad der Gefühle zieht sie auch die Partner mit. Der junge Tenor Celso Albelo aus Teneriffa braucht in der Titelrolle relativ lange, bis er zu seiner Bestform findet. Am Beginn wirkt die Stimme vor allem im Forte noch seltsam „kehlig“. Doch bei der großen Arie verfügt er über ein schönes, weiches Piano und seine Forte-Höhen strahlen. Das Ergebnis ist ein schaurig-schönes „Todes-Trinklied“. Auch Sara, die Rivalin der Königin, benötigt eine gewisse Anlaufzeit. Die Slowenin Monika Bohinec verfügt über einen flexiblen Mezzo und beeindruckt vor allem in ihrer Schluss-Szene. Recht ordentlich der neue Duca di Nottingham Paolo Rumetz. Der italienische Bass-Bariton, der bisher vor allem in Buffo-Rollen zu erleben war, ist ein glaubwürdiger „gehörnter Ehemann“, der zuletzt seinen besten Freund dem Henker ausliefert. Ein etwas grobschlächtiger Nottingham – aber alles in allem adäquat. Bei den Mini-Rollen fallen sowohl der chinesische Tenor Jinxu Xiahou als Lord Cecil als auch der moldawische Bariton Michail Dogotari als Sir Raleigh positiv auf. Die Inszenierung von Silvio Purcarete (Bühne Helmut Stürmer) wirkt schon nach 34 Vorstellungen etwas verschlampt. Aber der Abend – der diesmal „Elisabetta“ heißen müsste –geht dennoch in die Annalen der Wiener Staatsoper ein.
Peter Dusek