Kostümfest in Steinhof oder Wagner mit Goldrand
PARSIFAL von Richard Wagner Ein Kurzbericht aus der Wiener Staatsoper
Donnerstag, 18. April 2019 10.Aufführung in diese Inszenierung
Allzu leicht, das ist keine Frage, hat es sich Alvis Hermanis mit seiner Idee gemacht, die geistige Auslotung des pseudoreligiösen Kosmos Wagnerscher Privatphilosphie in eine Architekturausstellung für den Wiener Stararchitekten der vorvergangenen Jahrhundertwende, nämlich Otto Wagner, zu verlegen. Der goldschimmrige Bombast dieser Jugendstilarchitektur steht im zu scharfen Kontrast zur menschlichen Aussage des Werkes, am ehesten noch kann die Musik Wagners als mindestens gleichwertige Folie dem Bühnengeschehen standhalten. Noch dazu, wenn Valery Gergyev in seinem Operndebüt an der Wiener Staatsoper gleichwertig die hörenswerten Orchesterfortissimi und chorische Klangräusche neben dem geschickt mit seinen faserigen und mit nur scheinbar unruhigen Dirigierbewegungen Aufgefächerten präsentiert, immer am Sprung, immer aufmerksam und sängerfreundlich auf deren Verständlichkeit achtend.
Natürlich ließ der Regisseur genügend Spiel, einer persönlichen Deutung Raum zu geben, aber letzlich endete der dritte Aufzug in einer bekannten U-Bahnstationin in einem besseren Maskenfest.
Denn wenn im letzten Aufzug die Entourage des obersten Gralshüters die goldschimmernde U-Bahnstation Montsalvat von Otto Wagner betritt, behelmt mit goldglänzenden Flügelhelmen und das zu enorm aufbrausender Bombastik Wagnerscher Klänge, dann ist totaler Kitschalarm angesagt.
Elena Zhidkova debütierte als Kundry, ihr heller, durchschlagskräftiger Mezzo war am ehesten die herausragenste Sängerleistung des Abends, auch René Pape als Gurnemanz ein Garant stimmlichen Wohlklangs auf der Gralsburg, wenn auch in der Tiefe mehr Durchschlagskraft erwünscht gewesen wäre. Und dem Klingsor von Boaz Daniels hätte mehr Bedrohlichkeit im Stimmlichen gut getan, oder lag es an der ärztlichen Mentalität, die alle vor sich hertrugen.
Als ein Singschauspieler reinsten Wassers ist Thomas Johannes Mayer als Amfortas in seinem Element, er hadert wirkungsvoll mit seinem Schicksal und lässt dabei jeglichen Schöngesang hinter sich – falls man welchen im Falle von dieser Rolle überhaupt erwarten könnte. Und als Parsifal tritt mit Simon O`Neill ein etwas ungelenker Heldentenor auf, dem die gesangliche Präsentation dieser Rolle eher in gepressten Höhen als in einem gepflegten Piano gelingt. Falsett statt messa di voce, wie im letzten Bild gestern zu hören, ist nicht höchste Wonne des Wagnergesanges.
Die kleineren Rollen, die Blumenmädchen und der Chor werden aus Zeitgründen erst bei der nächsten Aufführung Raum zur Betrachtung bekommen.
Verbleibt in diesem Kurzbericht noch von einem nur kurzen Schlussapplaus zu berichten, bei welchem Gergiev und Zhidkova erwartungsgemäß am besten abschnitten.
Peter Skorepa