Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: NUREJEW-GALA 2013 – Tanzepisoden in Dur und Moll

WIENER STAATSOPER: NUREJEW GALA 2013 – 27.6. 2013 – Tanzepisoden in Dur und Moll

 
Foto: Barbara Zeininger

 Ein langer dreiteiliger Abend, an dem sich die vom Publikum mit viel Beifall bedachten Tänzer in kürzeren Piecen (Igor Strawinskis „Apollo“ in der genialen Deutung von George Balanchine, John Neumeiers Nijinsky-Hommage „Vaclaw“ zu Bach-Klaviermusik) oder in Episoden aus abendfüllenden Klassikern präsentieren durften. Das Wiener Staatsballett beendete, wie auch an anderen Opernhäuser gepflegt, die Saison mit einer Abschlussgala. Gewidmet der wiederholt in Wien gastierenden und choreographierenden Ballettlegende Rudolf Nurejew, dessen 75. Geburtstages wie 20.Todestages heuer gedacht werden kann.

 Ganz schön strahlendes Dur hat dominiert. Ziemlich klar, denn hohes technisches Niveau wird heute in der Ballettszene weltweit verlangt. Und Wiens Ballettchef aus Paris, Manuel Legris, hat die Tänzer in seiner bislang dreijährigen Direktionszeit extrem gefordert und geformt und auf Präzision getrimmt, so dass vom kritischen Beobachter die erbrachten Leistungen jedes Mitgliedes der Kompanie mit Komplimenten bedacht werden muss. Schon fraglicher ist allerdings, ob all dies Koryphäen entsprechend ihres Typus, ihrer Begabungen, Ausdrucksmöglichkeiten eingesetzt werden oder könnten. Da im hierarchischen Gefüge ständig neu ernannte Solisten nachrücken, diese ihr Potential, ihre individuellen Charakterzüge aber oft nur beschränkt zur Schau stellen können.

 Andererseits bleibt problematisch, dass es in Wien an geistig inspirierter Kreativkraft nach wie vor mangelt. Welche europäischen Kompanien sind in die Ballettgeschichte der letzten 50 Jahre eingegangen? Diese, in denen von potenten wie erfinderischen Choreographen neue Werke geschaffen worden sind: Brüssel – Béjart, Stuttgart – Cranko, Hamburg – Neumeier, Amsterdam – Kylián. Schnell von diesem kurzen, doch nicht unwesentlichen Exkurs wieder zurück zu unseren ausgezeichneten Tänzern. Auch im Anschluss an diese Gala wurden Avancements ausgesprochen: Alice Firenze und Davide Dato dürfen sich nun Solotänzer nennen, Eszter Ledán Halbsolistin. Zarte Tränen sind dabei doch geflossen. Bei diesen Ballerinen, welche ähnliche Qualitäten haben, dafür aber nicht belohnt werden (sagen wir lieber: zumindest in dieser Stunde noch nicht).

 Moll-Tönungen auch im ersten Teil der Gala. Ein klassisches „La Sylphide„-Exzerpt unter schummrigem Nachthimmel, eine düster dräuende Szene aus Kenneth MacMillans „Mayerling“ (Franz Liszt) mit Todesahnung und knallendem Revolver, getanzt von Irina Tsymbal und Kirill Kourlaev. Weiters: Chef Manuel Legris ist höchstpersönlich angetreten, um mit seiner früheren Pariser Partnerin Aurélie Dupont einen von John Neumeier kreierten modisch schicken Schreittanz zu romantischen Léo Delibes-Klängen vorzuführen. Virtuose Pas de deux aus „Diana und Aktäon“ (Riccardo Drigo) mit Kiyoka Hashimoto und Mihail Sosnovschi und aus Tschaikowskis „Dornröschen“ mit Maria Yakovleva und Robert Gabdullin fanden den besondern Zuspruch des Publikums.


NinaPolakova, Ketevan Papava, Olga Esina und Roman Lazik. Foto: Barbara Zeininger

 Fein getanzt: Eno Peci als „Schwanensee„-Prinz, Denis Cherevycko in „Vaslaw“ sowie Roman Lazik als Apollo, assistiert von seinen Musen Nina Poláková und Ketevan Papava. Ja, und Olga Esina als ätherische Terpsichore. Sie sticht immer wieder aus dem Ensemble hervor. Wie auch im brillant präsentierten Schlussakt-Divertissement von Alexander Glasunows „Raymonda“ in Nurejews schwungvoller choreographischer Version mit Partner Vladimir Shishov.

Dirigent Kevin Rhodes ließ dazu das Orchester rumoren, hatte es jedoch immer gut im Griff. Nochmals: ein Kompliment an alle Tänzer. Ein schwerer Job. Mit Glücksmomenten ab und zu – wie an diesem Abend.

Meinhard Rüdenauer

 

 

Diese Seite drucken