WIEN/Staatsoper: I VESPRI SICILIANI am 12. 9.2012
Da es hier zur Wiederaufnahme dieser Oper einige ausführliche Rezensionen zu lesen gab, nur eine kurze Kritik der 2. Vorstellung. Es erweist sich, dass die Meinung, man solle bei einem Werk, das länger nicht auf dem Programm war, nicht in die erste Aufführung zu gehen, manchmal schon stimmt. Die Nervosität hat sich gelegt, die Künstler sind freier vom Druck und den Erwartungen, wie es gehen wird.
Die Produktion von Herbert Wernicke begnügt sich mit einer bühnenfüllenden Stiege, was die Aktivität der Darsteller ziemlich einengt. Daran hat sich nichts geändert.
Neu am Haus ist der Dirigent Gianandrea Noseda. Er hat klare Vorstellungen von der Interpretation und kann diese dem sehr motiviert wirkenden Staatsopernorchester deutlich vermitteln. Die Wiedergabe besitzt Drive und Schwung. Sehr lobenswert war die Leistung des viel beschäftigten Chores/Leitung Thomas Lang. Das ergab eine sehr günstige Basis für den Abend.
Gabriele Viviani gab den französischen Gouverneur Montfort. Er besitzt eine runde, farbige Stimme von deutlicher Schönheit. Zu Beginn des 3. Aktes hat er eine besonders schöne Arie zu singen als er im rebellischen Arrigo seinen Sohn erkennt. Burkhard Fritz singt diesen Sohn. Er besitzt eine helle Tenorstimme, die für französische Rollen sehr geeignet ist (diese Oper wurde ja auf Französisch komponiert und später erst ins Italienische übersetzt. Er singt Rollen bis zum Parsifal. Ein Missgeschick passierte ihm, als er in seinem großen Solo, in einer bereits sehr hoch notierten Passage, versuchte noch weiter in die Höhe zu singen. Das Publikum nahm ihm das, angesichts seiner sonstigen Leistung nicht übel. Von den wenigen Tenören, welche diese Rolle überhaupt singen, wagt wohl kaum kein einziger so einen Versuch.
Dieser Arrigo verliebt sich in Elena, Schwester des Herzogs Friedrich/Federico d’Austria, der zusammen mit dem letzten Staufer Konradin in Neapel enthauptet wurde. Sie will ihren Bruder an den Franzosen rächen. Der sizilianische Ritter Arrigo erfährt erst im Verlauf der Handlung, wer sein Vater ist und gerät damit in einen großen Zwiespalt. Angela Meade ist diese Elena. Sie ist neu am Haus und besitzt eine sehr gute Stimme und bester Technik. Lediglich unter Anspannung hört man ein schnelles Vibrato, aber sie machte durchaus starken Eindruck.
Die bekannteste Arie „Oh tu Palermo“ ist für den unsympathischen, sturen, hasserfüllten Procida geschrieben, der buchstäblich über Leichen geht. Ferruccio Furlanetto ist vom Singen her, dafür die beste Adresse. In dieser Inszenierung ermordet er zum Schluss die drei anderen Hauptpersonen Montfort, Elena und Arrigo.
Das Publikum genoss einen schönen Abend und spendete großen Beifall.
Martin Robert BOTZ