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WIEN / Staatsoper Giuseppe Verdi RIGOLETTO

23.01.2016 | Allgemein, KRITIKEN, Oper
Carlos Álvarez und Olga Peretyatko

Carlos Álvarez und Olga Peretyatko

Wiener Staatsoper
Giuseppe Verdi RIGOLETTO

22.Jänner 2016
15. Aufführung in der Inszenierung von Pierre Audi

 

„Jetzt eine Frage an alle, die sich immer wieder kritisch über unser „Haus am Ring“ äußern: Gibt es – zumindest „auf dem Papier“, derzeit eine bessere Besetzung für Verdis Werk?“ Diese Frage stellte der Chefredakteur des MerkerOnline Anton Cupak in seinem gestrigen Leitartikel, der Presseschau, seinen Lesern.

Es war unschwer aus den Pausengesprächen des Publikums herauszuhören, wie heftig die Besetzung diskutiert wurde, ob die gestellte Frage überhaupt zufrieden stellend beantwortet hätte werden können ohne nicht wieder in die selige Vergangenheit abzuschweifen, das sei dahingestellt.

Natürlich war unser Haus bei dieser Serie bemüht, eine gute Besetzung auf die Bühne zu bringen, doch muss die bunte Mischung aus weltweit durchaus Anerkanntem nicht zum richtigen Rezept führen, zumindest nicht zu einer positiven Beantwortung der Eingangs zitierten Frage. Und ich bin überzeugt, dass jeder passende Namen für Alternativen nennen konnte!

Seine Nobilität Juan Diego Flórez

Seine Nobilität Juan Diego Flórez

Die Staatsoper nahm für die Partie des Duca di Mantova jedenfalls einen international bejubelten Sänger seines Stimmfachs, welches dem dieser Partie jedoch zu sehr entgegensteht. Juan Diego Flórez singt wie von einem anderen, viel kälteren Stern kommend. Er, der bei Donizetti, Bellini aber vor allem bei Rossini brilliert und glänzt wie selten ein anderer, der tut sich schwer unter der Sonne Verdis und klingt in den Ensembleszenen zu angestrengt. Im ersten Bild gesanglich zu wenig vorhanden, kann er wenigstens im Liebesduett und beim betörenden „Bella figlia dell´amore“ zeigen, was er, in den für ihn richtigen Werken des Belcanto eingesetzt, alles könnte. Doch für den schäbigen Gangsterboss, den er zu mindestens dieser Inszenierung von Pierre Audi zu zeigen hat, bleibt der äußerlich so diffizile und elegante Sänger zu blass.

Die Überraschung dieser Vorstellung war Carlos Álvarez mit seinem gelungenen Rollendebüt in der Titelrolle, der sich in sehr guter Form zurückmeldete, gesanglich sehr diffizil auf seine Partner einging, seine große Szene im zweiten Akt berührend gestaltete und dafür verdientermaßen den herzlichsten Applaus des Abends einheimste. Auch in seiner Darstellung vermochte er an das Konzept des Regisseurs bzw. des unglücklichen Premierendarstellers Keenlyside anzuschließen. Natürlich ließ er sich nicht mehr so unvorsichtig über die lange Treppe fallen, aber für einige gekonnte Rollen am Boden reichte es aus.

Und Olga Peretyatko sang sich mit gut getöntem Sopran und schönen Spitzentönen in das Herz des Publikums, Unsicherheiten werden wohl abzuschleifen sein und beider Schlusston in der familiären Stretta am Ende des zweiten Aktes sollte im Einsatz besser funktionieren als diesmal, wo nach einem zu frühen Einsatz des Soprans Rigoletto hörbar irritiert auf einen wirksamen Abschluss dieser Nummer verzichtete.

Gedungene Mörder müssen offenbar fahl und gefährlich klingen, Ain Anger als Sparafucile tat es jedenfalls so. Seine willfährige Schwester wiederum, Nadia Krasteva, die auch äußerlich ihr Gewerbe nicht verleugnete, zeigte stolz ihr Bein und ihren Schenkel, mit denen Flórez das ganze Duett hindurch zu tun hatte und bewiesen bekam, wie anstrengend ein Vorspiel zum Sex sein kann.

Donna Ellen starb diesmal einspringend für Margaret Plummer, Sorin Coliban ebenso ein Opfer des Herrschers sorgte für lautstarke Verbreitung dieser Ungerechtigkeit bevor ihm im Hinterhof eine Hellebarde in den Leib gerammt wurde, einem Urteil, das wohltönend von Konrad Huber, dem Huissier vorher eigentlich nur als Kerkerhaft verkündet wurde.

Mihail Dogotari und Carlos Osuna agierten wenig auffällig als Marullo und Borsa und Andrea Caroll sammelt Rollen; diesmal den Pagen.

Und der Dirigent Evelino Pidò verschleppt seinen Verdi teilweise, er lässt „einiges liegen“, nämlich dort wo der dramatische Kern mit der stimmigen Wahl und der konsequent durchgezogenen Tempi bei Verdi zu liegen hätte. Auch Sänger wollen gefordert sein. Dazu kommt, dass man wie immer das bereits sattsam bekannte Generalprobengefühl  bei der ersten Vorstellung einer Serie nicht los wird, so wie gestern Abend auch.

Etwas abträglich der angeblich so ausgelassenen Stimmung des ersten Bildes ist die zu weit hinten vorgenommene Positionierung des Bühnenorchesters. Da müsste diese „verdische Banda“ viel aktiver für Drive sorgen können.

Eine Menge Applaus, die spanischen Fans der beiden männlichen Hauptdarsteller sorgten für Stimmung im bis auf den letzten Stehplatz ausverkauften Haus, ihrem herzlichen Anteil an Jubel wurde auch Peretyatko zuteil.

Auffallend: während vor allem Álvarez vom Orchester einen auffallend großen Applaus bekam, begann beim Solovorhang für Pidó und dessen Verweis auf den Graben bereits die Händeschüttlerei unter den Musikern.

 

Peter Skorepa
MerkerOnline

 

 

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