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WIEN/Staatsoper: Giacomo Puccini MADAMA BUTTERFLY

Anfangs zu laut – dann aber doch noch recht stimmig  

07.11.2018 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Das älteste Bühnenbild, seit 1957 in der Staatsoper, von Tsugouharu FOUJITA  Bild: Wr.Staatsoper

WIEN / Staatsoper

MADAMA BUTTERFLY von Giacomo Puccini

6. November 2018  Von Manfred A.Schmid
383. Aufführung in dieser Inszenierung

  
Anfangs zu laut – dann aber doch noch recht stimmig

 

„Meine Butterfly bleibt, was sie ist. Die empfindungsreichste Oper, die ich je geschrieben habe!“ So selbstbewusst äußerte sich Giacomo Puccini zu seiner „Japanische Tragödie in zwei Akten“ über den Zusammenprall westlicher mit japanischer Kultur am Beispiel einer fatal endenden Liebesbeziehung, nachdem sie bei der Uraufführung an der Mailänder Scala erst einmal durchgefallen war. Und er sollte, wie man weiß, Recht behalten. Auch die 383. Aufführung der Oper in der Inszenierung von Josef Gielen und im exotisierenden Bühnenbild von Tsugouharu Foujita – sie ist damit die älteste Produktion auf dem Spielplan der Wiener Staatsoper noch vor Margareta Wallmanns legendärer Tosca – und sie ist restlos ausverkauft.

Gar nicht empfindungsreich hingegen erweist sich an diesem Abend die musikalische Gestaltung des Ersten Akts. Ruppig und ungewohnt aufgeraut erklingt die einleitende Fuge, und auch im weiteren Verlauf findet der Dirigent Jonathan Darlington keine rechte Balance zwischen den zarten Tönen einer sich entspinnenden Liebesbeziehung und den immer wieder darin verwobenen harten Einwürfen, die darauf hinweisen, dass diesem Verhältnis kein gutes Ende beschieden sein wird. Es bleibt eine ungestüme Angelegenheit, ist fast durchwegs immer zu laut und deckt so die Akteure auf der Bühne unbarmherzig zu. Der schon ziemlich gebrechlich singende Herwig Pecoraro als schmieriger Heiratsvermittler Goro wird eigentlich nur noch in einigen höheren Tönen vernehmbar – und klingt auch dann leider nicht gerade angenehm, sondern eher grotesk, und der parlierende Austausch zwischen dem leichtfertig agierenden Leutnant der US-Marine Pinkerton und dem zur Vorsicht und Gewissenhaftigkeit mahnenden amerikanischen Konsul zieht so ziemlich unbemerkt am Ohr des Publikums vorbei. Das ist zunächst beileibe keine Sternstunde im Repertoire, vor allem wenn man bedenkt, dass der Sänger des Pinkerton – von einer vom Komponisten erst später eingefügten Arie am Ende der Oper abgesehen – eigentlich nur im Ersten Akt zeigen kann, was er stimmlich und darstellerisch so draufhat. Teodor Ilincai hat es zunächst sichtlich schwer, sich dem Orchester gegenüber durchzusetzen, aber im Duett mit Cio-Cio San gewinnt er Statur und weiß mit seinem strahlenden Tenor schließlich doch noch zu berühren. Ähnlich ergeht es dem Bariton Gabriel Bermudez. Auch er kann sich als um Vermittlung bemühter Konsul Sharpless gegenüber den hin und her wogenden Klangfluten erst nach und nach einigermaßen behaupten.

Rollendebütantin Elena Maximova ist eine einfühlsame Suzuki, deren weicher, satt klingender Mezzospran besonders im Schlussakt beruhigend auf ihre Herrin einwirkt. Der erst jüngst dem Staatsopernensemble angehörende junge slowakische Bariton Peter Kellner, der schon in einigen Einsätzen – zuletzt als Antonio in La nozze sowie in Les Troyens – sein Talent beweisen konnte, kommt diesmal als Onkel Bonze zum Zug. Die Rolle des gestrengen Verteidigers der Familienehre, der Cio-Cio San wegen ihres Übertritts zur Religion ihres Bräutigams verflucht, kommt für ihn wohl etwas zu früh. Er besitzt – vor allem in Anbetracht der diesmal allzu mächtig donnernden Klänge aus dem Orchestergraben – offenbar noch nicht die nötige Durchsetzungskraft. Hans Peter Kammerer verleiht in seinem kurzen Auftritt der Partie des vergeblich um die Gunst der verlassenen Butterfly werbenden Jamadori ein markantes Profil.

Die Armenierin Lianna HAROUTOUNIAN als Madama Buterfly   (Foto M.Pöhn)

Zum Glück glätten sich die Wogen der Aufruhr im Orchester nach der Pause einigermaßen. Davon profitiert vor allem die Rollendebütantin Lianna Haroutounian in der Titelpartie. Die armenische Sopranistin, die im Ersten Akt stimmliche Unsicherheiten erkennen ließ und der daher nicht jeder Ton rein über die Lippen kam, findet im Zweiten Akt hörbar zu einer besseren Form. Bestechend in der Höhe, von herrlicher Strahlkraft vor allem auch in den Spitzentönen. Offenbar liegt ihr die hier zunehmend dramatischer werdende Partie weitaus besser als die eher lyrisch angelegten Duette in der Einleitung. Da versteht man dann, dass sie auch als Desdemona und Aida schon gefeiert wurde. Ob sie tatsächlich auch als Mimi reüssieren kann – eine Partie, die sie auch aufzuweisen hat – muss nach ihrem Auftritt als Cio-Cio San allerdings offenbleiben. Ihre Gestaltung der bis zum Schluss hoffenden Butterfly, die ihrem Kind zuliebe schließlich in eine Trennung einwilligt, ihrem Exmann und seiner Ehefrau Glück wünscht und sich dann aus Verzweiflung das Leben nimmt, weiß zu berühren. Eine gute Leistung gewiss, aber keine allzu herausragende.

Der Schlussbeifall ist herzlich und dauert die üblichen fünf Minuten. Während der Vorstellung gab es einen Autrittsapplaus – natürlich galt er der Titelheldin.

Manfred A.Schmid
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