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WIEN/Staatsoper: DON PASQUALE von Gaetano Donizetti

Don Pasquale als komödiantischer Kraftlackel

03.10.2018 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Ambrogio Maestri und Gabriel Bermudez im alkoholreichen Ambiente                              Foto(c) M.Pöhn

Don Pasquale als komödiantischer Kraftlackel
Ambrogio Maestri in der Wiener Staatsoper: Ein lyrischer Rollendebütant und ein erprobter komödiantischer Kraftlackel im Doppelpack 

Von Manfred A. Schmid        2. Oktober 2018 

 

In der vergangenen Saison feierte der in Berlin lebende amerikanische Tenor René Barbera im Teatro alla Scala – an der Seite von Ambrogio Maestri in der Titelrolle – sein bejubeltes Rollen-Debüt als Ernesto in Donizettis Buffo-Oper Don Pasquale. Nun kam dieses Gespann erstmals auch im Haus am Ring zum Einsatz: Der Erfolg war – vorhersehbarer Weise – schlichtweg grandios. Maestri, der zum Saisonausklang eben erst als umwerfend komödiantischer und stimmgewaltiger Falstaff zu erleben war, ist auch als Don Pasquale derzeit kaum zu toppen – und war in dieser Partie hierzulande ja auch schon früher zu bewundern. „Italiens Antwort auf Bryn Terfel“ wurde der mächtige, wandlungsfähige Bariton bald nach seinem Debüt 2001 genannt. Und in der Tat: Kraftvoller, robuster und spielfreudiger kann man an diese Partie nicht herangehen. Erfrischend kontrastierend dazu die klare, mühelos und leichtfüßig daherkommende lyrische Tenorstimme René Barberas: In ihrem kontrollierten Schmelz geradezu ideal für Rossini und Donizetti, in Zukunft wohl auch für Verdi und Puccini (z.B. als Rodolfo).

Die Partie der Norina, die sich zunächst als Unschuld vom Lande präsentiert und dann zur verschwendungssüchtigen Domina mutiert (um ihren übertölpelten Schein-Ehemann möglichst rasch wieder loszuwerden und ihren geliebten Ernesto heiraten zu können), ist in der zweiten Vorstellung der laufenden Aufführungsserie, über die hier berichtet wird,  erneut mit Andrea Carroll besetzt. Ein gefällig singender Wirbelwind, der die ganze Bühne in Bewegung hält, wann immer sich dieses ebenso zierliche wie bezaubernde Wesen ins Geschehen einmischt.

Hoch und schön: René Barbera als Ernesto und Andrea Carroll als Norina        Foto (c) M.Pöhn


Eine Hausbesetzung wie Carroll ist auch der stimmlich nicht immer ganz  präsente, dafür aber darstellerisch punktende Gabriel Bermudez. Als Malatesta ist er weniger ein Nachfahre der geschickt die Fäden ziehenden Figaros oder Barbiere, sondern er kehrt in seiner Deutung eher den gerissenen und leicht schmierigen Strizzi hervor, dem man Kontakte zur Mafia ohne weiteres zutrauen möchte. Kein Wunder also, dass einen dann das elegische Trompetensolo zum Beginn des zweiten Aktes (auf der Bühne ausgeführt!) unwillkürlich an das Hauptthema von Nino Rotas Filmmusik zu Francis Ford Coppolas „Der Pate“ erinnert. Das meistbeklatschte Gustostück an diesem Abend blieb aber dennoch das a la Rossini ungemein rasant daherkommende, zungenbrecherische Duett Malatesta – Don Pasquale („Chieti, chieti, mantinente“), das im Schlussakt in dieser Produktion vor dem Vorhang gesungen wird.

Wolfram Ingo Derntl gibt den schusselig einher tölpelnden Notar vom Dienst, der Staatsopernchor ist nur kurz, dafür aber umso effektvoller eingesetzt. Als gut gelaunte Putztruppe kommentiert er den Wirrwarr rund um den übel mitgespielten, schlussendlich sich dem Schicksal aber einsichtsvoll und geradezu dankbar ergebenden Don Pasquale. Mitreißend – und für die durchwegs beachtlichen gesanglichen Leistungen überaus förderlich – agiert Evelino Pido, dem die musikalische Leitung anvertraut ist: Italianitá pur.

Dieser Don Pasquale gehört – zusammen mit L´elisir d´amore, ebenfalls von Donizetti, und Rossinis L´italiana in Algeri – auf dem Gebiet der Opera Buffa derzeit zu den zugkräftigsten Stücken im Repertoire der Staatsoper. Wobei die Inszenierung des Don Pasquale von Irina Brook – im fröhlich-bunten Bühnenbild Noelle Ginefri Corbelis – die bei weitem wagemutigste ist, während die beiden anderen eher brav und traditionsgemäß umgesetzt sind. Der Applaus hielt nicht lange an, klang aber kräftig und durchaus zufrieden. Es gab auch einige begeisterte Bravo-Rufer. Immerhin wurde ja auch schon zuvor, während der Aufführung, des Öfteren eifrig geklatscht.

Manfred A. Schmid
OnlineMERKER

 

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