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WIEN/ Ronacher: DER BESUCH DER ALTEN DAME oder „Auf Dürrenmats Erfolgsspur“. Premiere

19.02.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Wien/ Ronacher: AUF FRIEDRICH DÜRRENMATTS ERFOLGSSPUR

 Erstaufführung von „DER BESUCH DER ALTEN DAME – DAS MUSICAL“ im Wiener Ronacher. Premiere am 19.Februar 2014

Der Besuch der alten Dame - Jan 2014_MG-0492 small by ahaunold@gmx.at
Foto-Copyright: DI. Dr. Andreas Haunold

 Die Aufführungserfolge von Friedrich Dürrenmatts tragischer Komödie „Der Besuch der alten Dame“ haben seit der Uraufführung 1956 durch die Jahrzehnte nicht wenigen Theaterleuten gutes Geld gebracht. Auch für Komponist Gottfried von Einem war Dürrenmatts rachesüchtige Milliardärin Claire Zachanassian eine Glücksbringerin. Seine Opernvertonung dieser raffinierten Moralgeschichte, 1971 für die Wiener Staatsoper komponiert, ist zwar kein inspiriertes Wunderwerk geworden, hat aber recht viel Zustimmung bekommen und ist auch mehrmals nachgespielt worden.

Nun geht es mit dieser Geld und Tod bringenden Story musikalisch munter weiter, dem Zeitgeist entsprechend. Also: Mit gängigem Musical-Zuschnitt. An Claire Zachanassian angehängt hat sich jetzt ein sehr umfangreiches Autoren- und Produktionsteam aus Deutschland, England, der Schweiz oder sonst wo noch, doch fast ganz ohne heimischen Eigenbau. Und auch der derzeitige städtische Wiener Musicalintendant Christian Struppeck (Buch) kassiert mit. Sie alle haben nun ihre Version von „Der Besuch der alten Dame“ im Ronacher-Theater der Vereinigten Bühnen Wien bis vorläufig Ende Juni eingenistet.

Friedrich Dürrenmatt gibt das Niveau vor. Und da dieses schon weit gehobener ist als etwa zuvor das des „Natürlich blond“–US-Blondchens im Haus, sind dieser Produktion auch ihre gewissen dramatischen Qualitäten anzuerkennen. Regisseur Andreas Gergen hat alles fest in den Griff bekommen, um ohne Ruhepausen zwischen Reminiszenzen an verratene Jugendliebe, dräuenden seelischen Qualen und kleinkarierter Kleinstädter-Mentalität zu pendeln. Dem überlauten rumorenden Sound nach (Musik: Moritz Schneider, Musical Superversion: Michael Reed) geschieht dies mal zu bestens vertrauten Tanzrhythmen, mal mit drohendem Geschrei, mal als Rucki-Zucki-Aufputscher und mal mit dem üblichen Musical-Pathos wie sentimentalem Gewinsel. Guter musikalischer Standard, wie gewohnt. Alles zusammen ist lebendig und handfest geformt. Vielleicht der Schluss und die ganze Moral? Dürrenmatt durfte sich geistreicher zeigen als dies hier möglich ist, wo ein herbei kutschiertes Publikum mit einer gängigen Showbiz-Masche breit getreten werden muss.

Somit ist eine durchaus stimmige Show zu sehen. Pia Douwes kommt hochelegant als weißhaarige Rachegöttin Clair Zachanassian in dieses biedere Städtchen Güllen hereingeschneit, um sich an ihrer Jugendliebe zu rächen und den Tod zu bringen. Echten Witz gibt es da wohl nicht, doch es wird schwungvoll und einigermaßen grotesk herumgewirbelt. Uwe Kröger als Alfred Ill, das Opfer mit sorgenvollem Blick, scheint in seinen Ausdrucksmöglichkeiten überfordert, doch sympathisch ist der hilflos Ausgelieferte jedenfalls. Rund um die beiden agiert ein leicht austauschbares, doch akkurat die Pointen setzendes Ensemble.

Koen Schoots sorgt als Dirigent für den nötigen Druck. Dieser hält den ganzen Abend durch. Und auch die nachtfarbene Ausstattung kann Atmosphäre vermitteln. Somit hat Dürrenmatt auch hier seinen Nachläufern ein gewisses Glück gebracht. Und die bestens, bestens subventionierten Vereinigten Bühnen Wien dürfen sich zwar nicht über ihre finanziellen Verluste, doch über zuletzt eine erneute städtische Millionensubvention und einen Premierenerfolg erfreuen. Ja, es dreht sich halt auch im Showgeschäft doch in erster Linie um das gute Geld.   

Meinhard Rüdenauer

 

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