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WIEN/ Museumsquartier: OREST von Manfred Trojahn. Österr. Erstaufführung

31.10.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Österreichische Erstaufführung: „Orest“ von Manfred Trojahn (Vorstellung: 30. 10. 2014)

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Orest (Klemens Sander) stranguliert Helena (Jennifer Davison){Foto: Armin Bardel}

 Die Neue Oper Wien, die in den letzten Jahren vor allem Uraufführungen oder Österreichische Erstaufführungen brachte, zeigt nun im MuseumsQuartier (Halle E) die Oper „Orest“ von Manfred Trojahn. Sie war ein Auftragswerk der De Nederlandse Opera in Amsterdam, wo sie im Dezember 2011 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde.

 Manfred Trojahn, 1949 geboren, studierte ab 1966 Orchestermusik an der Niedersächsischen Musikschule Braunschweig und setzte 1970 seine Ausbildung an der Musikhochschule Hamburg fort. Seit 1991 unterrichtet er als Professor für Komposition an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf. Von 2004 bis 2006 war er Präsident des Deutschen Komponistenverbandes, seit 2008 ist er stellvertretender Direktor der Sektion Musik an der Akademie der Künste in Berlin.

 In seiner Oper „Orest“, deren Libretto Trojahn selbst verfasste, setzt sich der Komponist mit dem Mythos des Muttermörders auseinander, wobei er Orest als Leidenden zeigt, der sich von der Göttermacht – Apollo und Dionysos werden als eine Figur dargestellt – zu emanzipieren versucht. Dazu ein im Programmheft abgedrucktes Zitat des Komponisten: „Es ist mir bei meinen Opern immer darum gegangen, Geschichten mit den Mitteln des Komponisten zu erzählen, also letztlich das zu tun, was Opernkomponisten seit je getan haben. Geschichten über uns, heute!“

 Regisseur Philipp M. Krenn gelang eine packende Inszenierung, die in der heutigen Zeit in einer tristen, heruntergekommenen Bahnhofshalle spielt. Die Ausstattung dazu schuf Nikolaus Webern. Dass sich so manche Szene dem Publikum kaum erschloss, lag zum Teil an der Regie (die Personenführung des Chors bzw. der Statisten, die als Reisende mit Koffer agierten, war mehr als eigenartig!), aber auch daran, dass man keine Übertitel hatte. Dass auch deutsch gesungene Texte oftmals unverständlich bleiben, hat schon Luc Bondy erkannt, der bei den Wiener Festwochen stets für Übertitel sorgte.     

 Die Rolle des Orest, der zu Beginn wie ein Sandler auf dem Bahnhof auftrat, spielte der Bariton Klemens Sander recht eindrucksvoll, wobei er seine seelische Verfassung als Muttermörder fast beängstigend nach außen kehrte. Getrieben von seiner rachedurstigen Schwester Elektra, die ihn zu weiteren Morden anstiftet, erdrosselt er seine Tante Helena, die als Mitschuldige am Trojanischen Krieg eben auch den Tod verdient. Nur seine Cousine Hermione verschont er schließlich. Als Elektra überzeugte die südafrikanische Mezzosopranistin Jolene McCleland schauspielerisch mehr als stimmlich, während die Koloratursopranistin Avelyn Francis als Hermione auch die höchsten Töne bewältigte.

 Die amerikanische Sopranistin Jennifer Davison – als einzige Dame auch elegant gekleidet – verlieh ihrer Rolle als Helena einen Hauch von Erotik. In der Wiener Inszenierung blieb ihr wenigstens die brutal sadistische Ermordung mit einer Bohrmaschine wie in Amsterdam erspart. Ihren betrogenen und ewig zaudernden Ehemann Menelaos stellte der kanadische Tenor Dan Chamandy eher konturlos auf die Bühne. Die Doppelrolle der Göttermacht, der Zyniker Apollon und der Verführer Dionysos, wurde vom österreichischen Tenor Gernot Heinrich dargestellt. Warum er mit einer Bauchrednerpuppe auftreten musste, blieb ein Geheimnis. Der Wiener Kammerchor (Leitung: Michael Grohotolsky) hatte bloß eine Nebenrolle, agierte aber recht spielfreudig.

 Das mehr als 50köpfige Orchester „amadeus ensemble-wien“ unter der routinierten Leitung von Walter Kobéra brachte die expressive Partitur des Komponisten, die aber auch lyrische Töne aufwies, voll zum Erklingen, woran die Bläser und Schlagwerker besonderen Anteil hatten.

 Am Schluss starker minutenlanger Applaus des Publikums für alle Mitwirkenden sowie einige Bravorufe für das Orchester und seinen Dirigenten.

 Udo Pacolt

 PS: Weitere Vorstellungen im MuseumsQuartier finden am 1., 3. und 4. November 2014 (jeweils um 20 Uhr) statt.

 

 

 

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