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WIEN / KHM. RENAISSANCE IM NORDEN

Augsburg, Geld und viel Kunst

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WIEN / Kunsthistorisches Museum:
HOLBEIN. BURGKMAIR. DÜRER.
RENAISSANCE IM NORDEN
Vom 19. März  2024 bis zum 30. Juni 2024

 

 

 

 

 

Augsburg, Geld und viel Kunst

Umbruchszeiten sind immer von besonderem Reiz. Wie die deutsche Kunst um das Jahr 1500 die neue Kunst- und Geisteswelt der Renaissance rezipierte, die von Italien herüber wehte, das zeigt das Kunsthistorische Museum in einer Großausstellung, die sich um die Persönlichkeiten der Holbeins, von Dürer, vor allem aber um den in seinem Ruhm vernachlässigten Hans Burgkmair d.Ä. rankt. Dass die Räume ziemlich dunkel gehalten sind, muss man verstehen – Kunstwerke, die ein halbes Jahrtausend alt sind, brauchen Schonung. Tritt man näher, leuchten sie einem entgegen.

Von Renate Wagner

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Renaissance    „Renaissance“ bedeutete Wiedergeburt, bedeutete nach einem dunklen Mittelalter den helleren Blick zurück, in die Antike. In der Stadt Augsburg ziert der „Augustusbrunnen“ den Rathausplatz mit einer zweieinhalb Meter hohen Statue des Kaisers. Denn es war Augustus, der die Stadt „Augusta Vindelicorum“ im Jahr 15 v.Chr, gründete, was dem Ort eine mehr als zweitausendjährige Geschichte verschafft. Als „Antike“ das Codewort der Neudeutung der Welt um 1500 wurde, konnte man sich in Augsburg der römischen Vergangenheit rühmen, und die Humanisten waren mit Feuereifer dabei, alte Texte und Weltanschauungen hervorzuholen.

Gerade Augsburg   Im übrigen profitierte Augsburg auch noch eineinhalb Jahrtausende nach seiner Römergründung von den Verkehrswegen, den Römerstraßen, und von dem mehr oder direkten Weg (durch die Brennerpässe) in den Süden. Das sicherte Handel, Wohlstand und schuf auch eine finanziell hoch potente Bürgerschicht. Und da allein im 16. Jahrhundert 13 Reichstage in Augsburg stattfanden, wo jeder, der auf sich hielt, dabei sein musste, wenn der Kaiser erschien, kann man die Reichs-und Handelsstadt Augsburg  gut und gern als „Hotspot“ bezeichnen, wie man es auch im Kunsthistorischen Museum tut.

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Jacob Fugger   Einer seiner Biographen bezeichnete ihn als den „reichsten Mann, den es je gab“. Jakob Fugger (1459–1525) wurde, obwohl er sechs ältere Brüder hatte, zu Kopf und Seele des Handelshauses, in das er hinein geboren war, und weitete es zu einem internationalen Konzern mit Geschäften aller Art auf allen Kontinenten aus. Er setzte in dem politisch so schwierigen, instabilen Heiligen Römischen Reich (wo auch Luxemburger, Wittelsbacher und andere nach der Macht und Kaiserwürde strebten) unerschütterlich auf die Habsburger und fuhr gut damit. Er finanzierte Kaiser Maximilian I. in allen dessen Unternehmungen und wurde durch Tiroler Schürfrechte (was auch auf nahezu ein Kupfer-Monopol hinaus lief), sagenhaft reich. Er  machte vor seinem eigenen Tod sechs Jahre später noch Maximilians Enkel Karl durch Bestechungsgelder für die Wahl zum Kaiser – Karl V. hat es ihm gedankt. Jakob Fuger finanzierte auch die Doppelhochzeit von Maximilians anderen Enkeln, die den Habsburgern Böhmen und Ungarn per Heirat einbrachten. Nicht nur kapitalistisch, sondern auch sozial denkend (die „Fuggerei“ bot Wohnungen für die Armen), liefen auch Kunst und Kultur bei den Fuggern zusammen, deren Grablege (die Fugger-Kapelle , die an die St. Anna Kirche angebaut wurde) gilt  als erster Renaissancebau in Deutschland. Die Wiener Ausstellung bietet eine anregende Video-Schau zum Thema Augsburg zur Zeit der Fugger.

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Die Ausstellung     Das Kunsthistorische Museum hat, auch in Hinblick auf seine eigenen Schätze an deutscher Malerei um 1500, diese Ausstellung konzipiert (Kurator: Guido Messling) und gemeinsam mit dem Städel Museum in Frankfurt gestaltet, wo sie bereits gelaufen ist. Dort fand sich nur Holbein im Titel neben der „Renaissance im Norden“, Wien hat die Namen um Hans Burgkmair d.Ä. und Albrecht Dürer erweitert.  Rund 160 Ausstellungsobjekte umfassen Gemälde, Druckgraphik, Zeichnungen, Kunstkammerstücke, Skulpturen, Kleinplastik, Bücher und Rüstungen und entwerfen atmosphärisch ein breites Bild der Zeit des Umbruchs, wo die Druckgraphik „lebendiger“ wurde, die Malerei bewegter, das Denken offener.

Die Familie Holbein und Dürer     Wenn der Titel der Ausstellung „Holbein“ postuliert, handelt es sich allerdings nicht in erster Linie um Hans, den Jüngeren, der durch seine Gemälde von Heinrich VIII. und dem englischen Hof berühmt wurde. Vielmehr geht es vor allem um  Hans Holbein den Älteren, der längere Zeit in Augsburg arbeitete. Er stand einer der berühmten Malerfamilien (mit seinem Bruder und den Söhnen Hans und Ambrosius) vor, wobei er selbst noch von den Niederländern beeinflußt schien. Die Porträtmeisterschaft von Sohn Hans, dem später berühmten „Jüngeren“,  ist in früheren Werken bereits ersichtlich. Albrecht Dürer, der vermutlich öfter in Augsburg war, als man bisher annahm, figuriert hier als der Großmeister der Umbruchszeit, unerreicht in Malerei und Graphik und auch an der Grablege der Fugger beteiligt.

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Hans Burgkmair – der geheime  Star      Kurator Guido Messling nennt ihn den „geheimen Star“ der Ausstellung, und es ist ein Werk von Burgkmair („Bildnis eines jungen Mannes“ von 1506), das mit fesselnder, rätselhafter Schönheit zum Signet der Ausstellung auf Plakaten und Katalog geworden ist, Auch wird jeder Kunstfreund Hans Burgkmair schon begegnet sein, ohne es zu wissen, nämlich als tragischer Held eines Bildes, das ihn und seine Frau Anna zeigt, gemalt von Lukas Furtenagel im Jahr 1529. Es gilt als eines der berühmtesten „Memento mori“-Werke der Kunstgeschichte – beide Protagonisten wirken alt und moribund, und in dem Spiegel, den die Frau hält, starren ihnen zwei Totenköpfe entgegen… ein Bild, das bei jeder neuen Betrachtung erneut schaudern macht. Burgkmair ist zwei Jahre danach gestorben.

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Er hat einen Großteil seines Lebens hoch geschätzt in Augsburg verbracht, von ihm stammt das Hochzeitsbild von Jakob Fugger und Sibylla Artzt aus dem Jahr 1498. Beim Reichstag von 1500 dürfte er Kaiser Maximilian kennen gelernt haben, für den er vielfach tätig war – als hervorragender Fachmann des Holzschnitts für dessen Buchprojekte, als Maler mit geradezu „italienischen Farben“ für die (posthumen) Gemälde von Maximilians Eltern, es gibt den Entwurf für ein Reiterdenkmal des Kaisers. Aber er malte auch reiche Augsburger Bürger, schuf bemerkenswerte Altäre und Bibelmotive. Warum Hans Burgkmair d.Ä., obwohl auf der vollen Höhe der Kunst seiner Zeit, nie den Ruhm der Kollegen geerntet hat – vielleicht wurde er, wie im Titel der Ausstellung, von den Holbeins und Dürer schlicht „erdrückt“…

Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien‘
Holbein. Burgkmair. Dürer.
Renaissance im Norden
Vom, 19. März bis zum 30. Juni 2024
Geöffnet Dienstag bis  Sonntag, ‚10 bis 18 Uhr
Donnerstag, 10 bis 21 Uhr
Montag geschlossen

 

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