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WIEN/ Festwochen/Odeon: MACBETH von Brett Bailey /Fabrizio Cassol nach Verdi. Derniere

29.05.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Odeon: Brett Bailey MACBETH – 28.5. 2014 (deutschsprachige Erstaufführung im Rahmen der Wiener Festwochen am 24.5.2014):

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Owen Metsileng, Nobulumko Mngxekeza. Foto: Ricky Newman

Der 1967 geborene südafrikanische Regisseur Brett Bailey beschäftigte sich seit bereits zehn Jahren mit Verdis Macbeth und hat diese Oper bereits zweimal in einem afrikanischen Kontext inszeniert. Die nunmehr dritte Fassung, die auch in Wien gezeigt wurde, hatte ihre Premiere am 23. April 2014 in Artscape, Kapstadt.

Bailey kürzte die Oper auf eine Gesamtlänge von rund 90 Minuten Spieldauer und ließ dazu von dem 1964 geborenen belgischen Komponisten Fabrizio Cassol eine auf der Grundlage von Verdis Musik basierende Fassung für kleines Orchester erstellen. Das Personal der Oper wurde radikal auf die drei Hauptpersonen Macbeth, Lady, Banque und einen siebenköpfigen Chor reduziert.

Gesungen wird in italienischer Sprache. Gezeigt werden jedoch Übertitel, die die bekannte Handlung vor dem Hintergrund der Massaker in der Demokratischen Republik Kongo (DRK), dem ehemaligen belgisch Kongo, in einer modernen deutschen Deutung ausbreitet. Nach dem Genozid in Ruanda 1994 floh eine Million Hutu in dieses Land. Durch einfallende Armeen und Milizen aus den Nachbarländern Ruanda und Uganda sind im Osten der DRK bereits 5,4 Millionen Tote zu verzeichnen. Darüber hinaus gilt diese Region als die mineralstoffreichste der Erde, die von multinationalen Konzernen, einer korrupten Soldateska und vagierenden Banden schonungslos ausgebeutet wird.

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Die Hexen. Foto: Ricky Newman

Bei Bailey ist Macbeth ein afrikanischer Warlord, den er gemeinsam mit seiner Lady auf eine kleine von ihm entworfene schachbrettförmige Bühne stellt. Zur Linken dieses Schauplatzes sitzt der Chor, zur Rechten das von Premil Petrović geleitete 12-köpfige No Borders Orchestra, bestehend aus zwei Violinen, je einer Viola, Violoncello, Kontrabass, Querflöte, Klarinette, Fagott, Trompete, Posaune und zwei Schlagzeugern.

Die Hexen fungieren als Vertreterinnen eines multinationalen Konzerns. Im Hintergrund befindet sich eine Leinwand, die den von der übrigen Welt kaum beachteten Bürgerkrieg in der DRK und dessen Ausbeutung durch die Multis und korrupte Politiker aufrollt.

Die Choreographie ersann Natalie Fisher, die spannende Lichtregie Felice Ross.

Owen Metsileng, in dessen Repertoire sich auch Rollen wie Marcello (La Bohème), Principe Yamadori, Don Fernando (Fidelio) und Jake in Porgy and Bess befinden, sowie Nobulumko Mngxekeza, deren Repertoire Rollen wie die Königin der Nacht, Rusalka, Mimi und Micaela aufweist,  waren als Macbeth und Lady besonders eindringlich, auch wenn nicht jeder Ton exakt saß. Sie erhielten auch Standing Ovations bei dieser Dernière. 

Bassbariton Otto Maidi verlieh dem Banquo gesangliche Noblesse und  darstellerische Finesse. Zu seinen Rollen zählen noch (neben anderen) der Sacristan, Zio Bonzo, Colline, Ramfis, Dulcamara und Crown in Porgy and Bess.

Der siebenköpfige Chor rekrutierte sich aus Sandile Kamle, Jacqueline Manciya, Monde Masimini, Siphesihle Mdena, Bulelani Madondile, Philisa Sibeko und Thomakazi Holland.

Bailey ist mit dieser Adaptierung des im Schottland des 11. Jhd. angesiedelten Stoffes eine brandaktuelle, erschütternde Deutung gelungen. Das Publikum war von den Leistungen des Sängerensembles sowie der, starke musikalische Akzente setzenden Fassung durch die engagiert spielenden Musiker des No Borders Orchester unter seinem verdienten Dirigenten begeistert und spendete verdienten und reichlichen Beifall.                                                                         

Harald Lacina 

     Photos: Nicky Newmann

 

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