Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Festsaal Gatterburggasse/ „Merker-Kunstsalon: MEYERBEER-ABEND MIT „DINORAH“ UND „ROBERT LE DIABLE“

Meyerbeer-Abend im „Merker“-Kunstsalon: „Dinorah“ und „Robert le diable“ (27. 10. 2014)

 Am 27. Oktober widmete sich der „Merker“-Kunstsalon in Wien-Döbling (im Festsaal der Bezirksvorstehung) Giacomo Meyerbeer (1791-1864), der am 2. Mai seinen 150. Todestag hatte. Der Komponist, der einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie entstammte, hieß eigentlich Jakob Liebmann Meyer Beer und trat schon mit elf Jahren öffentlich als Pianist auf.

Ab 1805 studierte er in Berlin Komposition und als Mitschüler Carl Maria von Webers von 1810 bis 1812 beim Abbé Vogler in Darmstadt. Erste Opern wurden ab 1812 in München, Stuttgart und Wien (1814 Die beiden Kalifen) aufgeführt. Ab 1816 lebte er neun Jahre in Italien, ehe er nach Paris ging, wo er in Zusammenarbeit mit Eugène Scribe vier Opern schuf und nach Spontini und Auber zum führenden Vertreter der Grand opéra wurde. Er wirkte musikalisch und szenisch auf die französischen Opern von Donizetti und Verdi, doch auch Wagner, Boito und Goldmark gerieten unter den Einfluss der von Meyerbeer geschaffenen Großen Oper mit historischen Sujets. Seine Werke waren bis in die 1920er Jahre auf den internationalen Bühnen erfolgreich, wurden jedoch danach kaum mehr gespielt.

 Erst nach 2005 trat eine Wende ein (Beispiele hiefür: Les Huguenots in Brüssel und Straßburg sowie in Nürnberg, L’Africaine in Gelsenkirchen, Würzburg und deren Urfassung als Vasco da Gama in Chemnitz, Le prophète nach 1998 in Wien auch in Münster, Robert le Diable in Erfurt und Monte Carlo, Il crociato in Egito in Venedig, Margherita d’Anjou konzertant in Leipzig, Emma di Resburgo konzertant im Wiener Konzerthaus). Es ist zu hoffen, dass nun eine echte Renaissance für die großartigen Opern von Giacomo Meyerbeer eintritt.

 Die Oper „Dinorah“ (Originaltitel Dinorah ou Le pardon de Ploërmel), deren Libretto Jules Barbier und Michel Carré verfassten, wurde 1859 in Paris uraufgeführt (dt. noch im selben Jahr in Coburg). Ihr Inhalt in Kurzfassung: Dinorah wurde verrückt, als sie von Hoël am Tag ihrer Hochzeit verlassen wurde. Als sie sich beim Hirten Corentin ausruht, kommt auch Hoël, den sie nicht erkennt, und erzählt, dass ihm ein Sturm am Hochzeitstag alles geraubt habe. Bei der gemeinsamen Suche nach einem Schatz rettet Hoël Dinorah, die ins Wasser gestürzt war. Durch den Sturz hat sie ihren Verstand wiedergewonnen. Voller Freude schließen sie sich  den Pilgern auf ihrer Wallfahrt an, um sich in Ploërmel trauen zu lassen.  

Maria_Nazarova_1
Maria Nazarova. Foto: Privat

 Nach einer kurzen Einführung durch Elena Habermann im gut besuchten „Merker“-Kunstsalon boten die junge russische Sopranistin Maria Nazarova, die erst kürzlich Finalistin im Belvedere-Gesangswettbewerb war, und der spanische Tenor Sergio Tallo Torres als Einstimmung in den Abend das Duett von Dinorah und dem Hirten Corentin dar, ehe Maria Nazarova die berühmte Schattenarie „Ombre légère“ zum Besten gab und damit für den ersten Begeisterungssturm beim Publikum sorgte. Sie sang die schwierige Koloraturarie nicht vom Blatt, sondern auswendig, was bei konzertanten Aufführungen nicht selbstverständlich ist, und spielte die Szene auch auf entzückende Art und Weise. Ein mehr als gelungenes Debüt im „Merker“-Kunstsalon!

Unbenannt
Anna Ryan. Foto: Privat

Danach wurden Arien und Duette aus der Oper „Robert le diable“, deren Libretto Eugène Scribe und Germain Delavigne verfassten, in gleichfalls französischer Sprache gesungen. Die krause Handlung kurz zusammengefasst: Robert, der Sohn der Herzogin der Normandie und des Satans, wurde nach Sizilien verbannt, wo er um die Prinzessin Isabelle wirbt. Sein ihm unbekannter Vater gibt sich als sein Freund Bertram aus und will ihn mit in die Hölle nehmen. Robert will an einem Ritterturnier teilnehmen, dessen Sieger die Hand Isabelles versprochen ist, doch wird er von Bertram in den Wald gelockt, sodass er zu spät zum Turnier kommt und mit ansehen muss, wie Isabelle vom Prinzen von Granada weggeführt wird. Bertram rät Robert, vom Grab der heiligen Rosalie einen Zypressenzweig zu brechen, damit Isabelle zu ihm zurückkehre. Umgarnt von einem schauerlichen Reigen unseliger Nonnen, die sich in junge Mädchen verwandelt haben, bricht Robert den magischen Zweig und dringt in Isabelles Zimmer ein, um sie zu entführen. Doch sie bittet ihn, von dem Zauber zu lassen. Robert verzichtet auf den Zweig, weigert sich aber, seinem Vater in die Hölle zu folgen. Als es Mitternacht schlägt, fährt Bertram allein zur Hölle – Isabelle und Robert werden ein Paar.

 


Nicolas Legoux

Sergio Tallo Torres. Foto: „Ohpera“

Neben dem Vater-Sohn-Duett von Bertram mit Robert – mit starker  Empathie vom französischen Bassbariton Nicolas Legoux und vom spanischen Tenor Sergio Tallo Torres, der auch die schwierigsten Passagen der Rolle zu meistern verstand, vorgetragen, zählte Isabelles große Arie Robert, toi que j’aime zu den Höhepunkten des Meyerbeer-Abends. Die armenische Sopranistin Anna Ryan, langjähriger Gast im „Merker“-Kunstsalon, sang diese Arie mit Innigkeit und Leidenschaft gleichermaßen, wobei ihr Antlitz in lieblichem Glanz erstrahlte. Eine eindrucksvolle Darbietung, die jeden Besucher – ob männlich oder weiblich – in Begeisterung versetzen musste.

 Großartig auch das Schlussterzett mit Anna Ryan, Sergio Tallo Torres und Nicolas Legoux, das der slowenisch-kanadische Pianist Janko Kastelic am Flügel – wie schon den ganzen Abend – einfühlsam begleitete.  Der Applaus des begeisterten Publikums, in den sich auch viele Brava-, Bravo- und Bravi-Rufe mengten, wollte am Schluss des gelungenen Meyerbeer-Abends kein Ende nehmen.

 Udo Pacolt

 __________________________________________________________________________________

 

Diese Seite drucken