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WIEN/Arnold Schönberg Center Solistenkonzert Denisova – Kornienko

Im Spannungsfeld von Brahms und Schönberg

WIEN / Arnold Schönberg Center
Solistenkonzert Elena Denisova und Alexei Kornienko

Mittwoch, 20. Februar 2019

 

Im Spannungsfeld von Brahms und Schönberg

 

Dass das Arnold Schönberg Center im Palais Fanto am Schwarzenbergplatz nicht nur der Dokumentation und Aufarbeitung des Schönberg-Nachlasses dient, sondern auch mit feinen Kammermusikprogrammen, Liederabenden und Gesprächskonzerten aufwartet, mag einer breiteren Öffentlichkeit noch nicht so vertraut sein. Dennoch war der jüngste Abend mit den aus Russland gebürtigen, lange aber schon in Österreich ansässigen Musikern Elena Denisova, Violine, und Alexei Kornienko, Klavier, außerordentlich gut besucht. Das liegt daran, dass sich die beiden Künstler als Gründer der des Gustav Mahler Ensembles sowie des Wörthersee Classics Festivals, dessen Intendantin Denisova ist, längst einen Namen gemacht haben. Internationales Renommee erarbeiteten sie sich zudem durch sorgfältig ausgewählte und meisterhaft ausgefeilte Einspielungen von Raritäten der klassisch-romantischen Kammermusik sowie des fin de siecle. Da das Ehepaar Denisova/Kornienko stets auch das zeitgenössische Musikschaffen in ihrem Repertoire berücksichtigt und dabei immer wieder Komponisten zu Auftragswerken animiert, passen beide hervorragend in die Konzertreihe des Schönberg Centers, in der Schönbergs Verankerung in der klassisch-romantischen Tradition entsprechend gewürdigt wird, die aber auch Werken noch lebender Komponisten Platz einräumt.

Elena DENISOVA  Foto: Wörthersee Classics Festival

Im Zentrum des Konzerts stand naturgemäß ein Schlüsselwerk Arnold Schönbergs: Seine Vertonung von 15 Gedichten aus „Das Buch der hängenden Gärten“ von Stefan George op 15, aus dem Jahr 1908/09, in einer Bearbeitung für Violine und Klavier von Elena Denisova. Ein Werk, das gemeinsam mit den Drei Klavierstücken op 11 Schönbergs Bruch mit der traditionellen Harmonielehre und den Beginn seiner „atonaler Phase“ markiert. Auffallend dabei die lakonische Kürze der einzelnen Lieder, die in bezwingender Form jeweils einen flüchtigen Moment, eine Stimmung oder einen Gedanken beschwören und auf die jeweilige Grundessenz reduzieren. Der Reiz der Bearbeitung durch Elena Denisova besteht darin, dass durch den Wegfall der Worte eine zusätzliche Reduktion auf den rein musikalischen Gehalt erreicht wird. Den Zuhörern wurde aber die Gelegenheit geboten, die auf die Wand projizierten Gedichtexte mitzuverfolgen. Man spürt von Lied zu Lied, dass hier eine musikalische Emanzipation ihren Anfang nimmt, die schließlich, zwölf Jahre später, in die Entwicklung der Zwölftonmethode münden wird.

Eingerahmt wurde das Programm durch Werke des russsichen Mozart-Zeitgenossen Iwan Chandoschkin und von Johannes Brahms. Am Beginn stand Chandoschkins Sonate für Violin solo D-Dur, ein virtuoses Stück, das in seiner technischen Finesse an Bachs Partiten erinnert, aber spielerischer angelegt ist. Elena Denisova bewältigte das eigenwillige, dreisätzige Werk mit Bravour und Grandezza. Den gloriosen, spannungsgeladenen Abschluss des Abends bildete die Sonate Nr. 3 d-Moll aus dem Jahr 1888 von Johannes Brahms. Die Wiedergabe der energischen, fordernden vier Sätze durch Denisova und Kornienko legte nahe, warum Schönberg in seinem berühmten Vortrag über Brahms (1933) behaupten konnte, „dass Brahms, der Klassizist, der Akademiker, ein großer Neuerer, ja, tatsächlich ein großer Fortschrittler im Bereich der musikalischen Sprache war“.

Eingebettet waren an diesem Abend – in bewährter, programmplanerischer „Sandwichtechnik“ – noch zwei Werke zeitgenössischer – und im Publikum anwesender – Komponisten. Paul Hertels „Moonlight“ für Violine solo hat nichts mit Beethovens Mondscheinsonate tun, dafür aber viel mit „Stille Nacht“ von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber. Eine liebenswürdige, augenzwinkernde, mit allerlei technischen Finessen ausgestattete und von Elena Denisova mit Witz und Brillanz vorgetragene Hommage an das Weihnachtslied, dessen 200. Geburtstag vor wenigen Wochen gefeiert worden war. Auch das Stück Freie Variationen über „Brunnquell aller Güter“ von Maximilian Kreuz ist eine Auseinandersetzung mit einer berühmten Vorlage, in diesem Fall mit dem gleichnamigen Choral von Johann Sebastian Bach. Immer mehr löst sich dabei der Komponist vom Original, das aber – im animierten Dialog zwischen Violine und Klavier – auch im beschwingten Walzertakt immer noch mahnend durchscheint.

Dass es bei diesem kräfteraubenden Programm noch zu zwei exquisiten Zugaben kam – ein feinsinniger Gluck und Piazzollas langsamer Tango „Oblivion“, rundete einen großen Konzertabend perfekt ab. Herzlicher, begeisterter  Applaus.

Zum Schluss ein Arnold Schönberg Center Programmtipp: 26. Februar 2019, 19.30 Uhr -Gesprächskonzert zu Werken von Alexander Zemlinsky, Alban Berg und Igor Stravinsky (L´Histoire du Soldat) mit Mitgliedern des RSO und Nadja Kayali (Moderation).

Manfred A. Schmid

 

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