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WIEN / Albertina Modern: ANDY WARHOL BIS DAMIEN HIRST

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WIEN / Albertina Modern:
ANDY WARHOL BIS DAMIEN HIRST
THE REVOLUTION IN PRINTMAKING
Vom 24. Februar 2023 bis zum 23. Juli 2023

Als die Moderne ihr Publikum fand

Die Albertina lädt in ihrer eleganten Dependance am Karlsplatz, der im Künstlerhaus untergebrachten Albertina Modern, zum zweiten Teil ihres Großprojekts der „Druckgraphik“. Gibt es im Haupthaus die Anfänge und die „Klassiker“ zu sehen, so ist man nun bei der Moderne des 20. Jahrhunderts angelangt, die „Druckgraphik“ ab den sechziger Jahren vor allem im Rahmen der Pop Art nahezu neu erfunden hat – durch die Möglichkeit, mit riesigen Papierflächen zu arbeiten, durch die Qualität von Papier, Druck und einer neuen Art, die Farben aufzutragen und schier unglaubliche Leuchtkraft zu erzielen, und durch den neuen Blick auf die Welt durch die Kunst, wobei das von Warhol kreierte „Serielle“ nicht nur Mode, sondern auch Stil und Aussage wurde.

Von Renate Wagner

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Singalfigur Andy Warhol     Die Ausstellung wirbt mit dem Namen von Andy Warhol, den man tatsächlich wohl als den wichtigsten und prominentesten amerikanischen Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrachten kann. Mao blickt vom Plakat, Mao ziert den Katalog, die Serie von Maos Gesicht begrüßt den Besucher der Ausstellung im ersten Gang – zehnmal das berühmte Foto, nie im „Original“, stets in farblicher Variation in Gesicht und Lippen, in Hintergrund und Mao-Anzug. Besser hätte man das Spielerische, aber auch das absolut Hintergründige des „Seriellen“, wie Warhol es erfand, nicht vermitteln können. Vis à vis sein Elektrischer Stuhl, so hintergründig in Pastellfarben getaucht, dass man genau hinsehen muss, um ihn zu erkennen.

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Wie parodistisch wirken im Hauptsaal die Riesenvariationen der Daimler Motorkutsche oder des Mercedes Rennwagens, wobei die extreme Draufsicht ihn beim ersten Blick eher wie ein Insekt als wie einen Rennwagen wirken lässt… Dass Warhol die Campbell Soup Büchsen scheinbar variationslos nebeneinander stellt, bis man die Unterschiede des Inhalts (von Tomato bis Beans) erkennt, ist längst als gültiger Kommentar zum amerikanischen Konsumverhalten anerkannt.

Neben diesem Überhang an Warhol, der sich vermutlich wieder als Publikumsmagnet erweisen wird, wirkt das Angebot an Damien Hirst mager: Es ist verständlich, dass man für den Titel der Ausstellung nach einem zweiten großen Namen der Moderne gesucht hat, dass für jene Kenner, denen Warhol schon zu abgegriffen ist, ein spektakulärer Zeitgenosse (Hirst ist Jahrgang 1965) wichtig war. Aber tatsächlich sieht man von Hirst relativ wenig,  und wenn die Kreation mit „bunten Punkten“ auch typisch für einen Teil seines Schaffen ist, und wenn sein „Letztes Abendmahl“ sich aus quasi Verpackungen für Essen und Medikamente zusammen setzt, so sind doch viele andere Künstler hier mit viel stärkeren Werken vertreten.

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So groß, so bunt     Die Monumentalität ist ein entscheidendes Kennzeichen der Druckgraphik nach dem Zweiten Weltkrieg. Dafür stehen in der Ausstellung sowohl Werke von Robert Rauschenberg ((1925 -2008) mit riesigen Collagen oder Roy Lichtenstein (1923-1997) mit seinen immer spektakulären, der Comic-Kunst nachempfundenen Blicken ins amerikanische Leben. Ähnlich seriell wie Warhol hat der Fotorealist Chuck Close (1940-2021) gearbeitet, dessen Variationen eines Gesichts eine ganze Riesenwand füllt.

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Typisch für die Motivwahl der amerikanischen Kunst ist ein Werk wie „Zwielicht“ von Jack Person (*1960), der Filmstars, darunter die Monroe, collageartig in Frage stellt. Donald Judd (1928-1994) wiederum setzt mit seinen flächigen Abstraktionen der Pop Art eine andere künstlerische Bewegung entgegen.

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Die hauseigenen Götter – Katz und Dine    Zwei amerikanische Künstler sind der Albertina besonders verbunden, da Klaus Albrecht Schröder eine besondere Beziehung zu ihnen aufbauen konnte, die sich in zahlreichen Schenkungen niederschlug.

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So kann man mit den druckgraphischen Werken von Jim Dine (*1935) einen eigenen Raum mit widersprüchlichsten Werken bestücken, wo ein grellbunter Bademantel (wie es scheint – der Holzschnitt nennt sich „The Summer“) düsteren schwarzweißen Werken wie einem Totenkopf oder einen Raben gegenüber steht. (Einen Raben findet man übrigens auch bei Markus Lüpertz).  Von Alex Katz (*1927), dem die Albertina noch im März eine eigene Ausstellung zu seinem 95. Geburtstag widmen wird, gibt es seine bekannten mystischen Frauenköpfe.

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Die Deutschen   Der zentrale große Saal der Ausstellung gehört vor allem den deutschen Künstlern, für die Farbe in ihrem druckgraphischen Werk nur eine periphere Rolle spielt, hingegen expressiver Ausdruck vorrangig ist. Da erlebt man Anselm Kiefer (*1945) mit der Last der Vergangenheit  oder Georg Baselitz (*1938) mit riesen-formatiger deutscher Düsternis, da stehen die aggressiven, titellosen Männerfiguren des Markus Lüpertz  (*1941), da erschreckt Jörg Immendorff (1945-2007) mit seinen kleinteiligen, Revolutionäres vorstellenden Werken.

Die Österreicher     Bei den in der Ausstellung vielfach vertretenen Österreichern fehlt es nicht an großen Namen – Hermann Nitsch  (1938-2022) mit formal absolut untypischen Werken, wenn auch religiöser  Thematik, Arnulf Rainer (*1919) variiert  nicht nur Kreuze.

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Einen eigenen Eckraum erhält der Salzburger Markus Schinwald  (*1973), der historische Fotos irritierend mit Gesichts-Dekorationen versieht. Der Grazer Herbert Brandl (*1959) beeindruckt durch seine (titellosen) Berg-Gestaltungen. Der Tiroler Medienkünstler Peter Kogler (*1959) verschlingt Insekte in Ornamenten. Florentina Pakosta (*1933)  beeindruckt wie immer mit ihrem gnadenlosen Blick auf Gesichter, Michaela Konrad (* 1972 in Graz), die auf nachgestalteten Zeitungsseiten im grellen Stil billiger Illustrierter Fragen an die Gegenwart und Zukunft stellt. Auguste Kronheim (1927-2021) gestaltet Abgründe der Kindheit in einer geradezu erschreckenden, „Frau und Mutter“ genannten Serie, wo die Welt voll von Monstern und Bedrohungen zu sein scheint. Man findet weitere Künstlerinnen – die Deutsche Christiane Baumgartner (*1967) schafft mit digitaler Technik eine Verfremdung von Grau in Grau mit zarter Streifenwirkung, die tatsächlich die Zeit stillstehen lässt. Paula Rego (1935-2022), die übrigens auch im anderen Teil der Ausstellung (in der Albertina selbst) vertreten ist, bietet grotesk-märchenhaftes Figurales, Kiki Smith (*1954) stellt weibliche Gesichter in den Kontext. Es ist ein künstlerisch reich und vielfältig gedeckter Tisch, den die Kuratoren Klaus Albrecht Schröder und Constanze Malissa da bieten, und Schröder als Direktor konnte seine Genugtuung darüber ausdrücken, dass alle gezeigten Werke dem Haus selbst gehören…

Der Katalog     Der Katalog ist besonders schön und für den Benützer  übersichtlich, da er die Künstler nach dem schnellstmöglichen Prinzip des Findens, nämlich dem Alphabet, reiht, von Baselitz bis Wesselmann. Neben einer Schilderung des jeweiligen graphischen Werks gibt es im Großformat ganzseitig die wichtigsten (wenn auch nicht alle) ausgestellten Kunstwerke zu sehen. Allerdings fehlen ein komplettes Verzeichnis der ausgestellten Werke wie auch Kurzbiographien – das wäre nicht für Warhol und die Berühmten wichtig, wohl aber für jene Künstler, die man noch nicht kennt.

Albertina Modern im Künstlerhaus am Karlsplatz.
ANDY WARHOL BIS DAMIEN HIRST
THE REVOLUTION IN PRINTMAKING
14. Februar 2023 bis 23. Juli 2023, täglich von 10 bis 18 Uhr

 

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