Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

STUTTGART: TANZ // TOENE – Rollendebüts mit viel Klang

TANZ // TOENE“ 9.02. und 16.02.2013 – Rollendebüts mit viel Klang

 
Bewegung, durch die Musik spricht: Friedemann Vogel in Maurice Béjarts „Bolero“. Foto: Stuttgarter Ballett

Musik begleitet (fast) immer den Tanz, mit „TANZ // TOENE“ zeigt das Stuttgarter Ballett nun jedoch drei Stücke, in denen die Musik im Vordergrund steht und es darum geht, diese in Bewegung sichtbar zu machen; somit waren die Musikkompositionen und nicht Handlungen die Inspirationsquellen der drei Choreographen. Man kann dennoch sagen, dass die Stücke die Geschichten dieser Kompositionen erzählen, die der Emotionen und Stimmungen, die sie erzeugen sowie auch deren Rhythmen und Präzision.

Melodie und Rhythmus sind die musikalischen Motive von Maurice Ravels weltbekanntem „BOLERO“, die durch MAURICE BÉJART in einem sich bis zur Ekstase steigernden tänzerisch-mystischen Feuerwerk, in Bewegung umgesetzt werden. Im krönenden Stück des Abends war es am 9.02 MARIJN RADEMAKER der zum zweiten Mal in dieser Spielzeit vom roten runden Tisch aus die Geister von Ravels Musik heraufbeschwor. Anfangs wirkt Rademaker ruhig und in sich gekehrt, fast nach dem Motto „in der Ruhe liegt die Kraft“. Für das Publikum, das von ihm auch viel leidenschaftlichere Interpretationen kennt, ist das vielleicht etwas überraschend, erwartet man von Béjarts „Bolero“ doch, dass sowohl die 40 Tänzer um ihn als auch das Publikum gleich von Anfang an in seinen Bann gezogen werden. Mit den sich steigernden Klängen und Choreographie werden jedoch auch Rademakers Bewegungen immer eindringlicher und auf einmal ist man überrascht, mit welcher Macht er doch das Ritual dominiert, bis er zum Schluß unter den Armen der in Ekstase entfesselten Tänzermenge begraben wird.

Während am 9.02 bis auf den Bolero-Solisten wieder fast die gesamte Premierenbesetzung auftrat, gab es am 16.02. nicht weniger als zwölf Rollendebüts in den Solisten- und weitere zwei in den Corps de Ballet- bzw. Elevenrollen.

Die Musik-Geschichte von „TANZ // TOENE“ sollte man jedoch von Anfang an erzählen: den Auftakt machte „SSSS…“, ein Stück des rumänischen Choreographen EDWARD CLUG, einer eher ungewöhnlichen, eleganten, jedoch auch durch vielen gebrochenen Bewegungen gefüllten, dennoch sehr stimmungsvollen Interpretation von vier der Nocturnes Frédéric Chopins. Das speziell für diese Spielzeit kreierte Solo am Anfang wurde von DANIEL CAMARGO getanzt, der hier eindrucksvoll sein Rollendebüt gab. Erstaunlich reif und mit der für die Choreographie so wichtigen technischen Präzision, führte Camargo das Publikum in das Stück ein und ließ es bis zum Schluß nicht mehr los, auch wenn er nicht immer im Vordergrund stand. Ebenbürtige Partnerin war ihm dabei MYRIAM SIMON, die zerbrechlich und stark zugleich in ihrer Rolle, mit ihm Kräfte messen und auch mit einfachem Gang auf Spitzen unheimlich Stimmung erzeugen konnte. MIRIAM KACEROVA – elegant-grazil, RACHELE BURIASSI – auffallend vor allem im Solo und im Pas de trois mit Camargo und BRENT PAROLIN sowie DAVID MOORE gaben weitere gelungene Rollendebüts, am Klavier gefühlvoll begleitet von DAVID DIAMOND.

Mit JORMA ELOS „SLICE TO SHARP“, auf Musik der Barockkomponisten Heinrich Ignaz von Biber und Antonio Vivaldi, folgte ein spritzig-heiteres Stück für vier Paare, sowohl technisch als auch durch abwechslungsreiches Tempo herausfordernd, das nun jedoch mit runderen und harmonischeren Bewegungen das Publikum einfing. ELISA BADENES zeigte bei ihrem Rollendebüt leichte Unsicherheiten und schien mit dem Tempo nicht immer ganz zurechtzukommen, in Erinnerung bleiben jedoch ihr freudvolles Auftreten und das breite Strahlen, bestens ergänzt durch ARMAN ZAZYANS espritvollen Darstellung. CONSTANTINE ALLEN (ebenfalls Rollendebüt) meisterte seine erste Solistenrolle beim Stuttgarter Ballett zwar gut, der junge Corps de Ballett-Tänzer dürfte in weiteren Vorstellungen jedoch mehr Sicherheit erlangen, um ganz in dieser Rolle hineinzuwachsen, dennoch war es ein gelungener Start. In weiteren Rollendebüts überzeugten MIRIAM KACEROVA und ALESSANDRA TOGNOLONI sowohl technisch als auch durch frech-heitere Interpretationen, des Weiteren konnte MARIA EICHWALD wieder einmal ihr Talent auch für moderne Rollen unter Beweis stellen. Vor allem im Pas de Deux mit dem ebenfalls sehr erfahrenen ersten Solisten JASON REILLY erzeugt beider reife Interpretation viel Intensität. Dazu beigetragen haben auch JEWGENI SCHUK und GUSTAVO SURGIK, die mit ihren Solo-Violinen die richtigen Akzente setzten.

Maurice Béjarts „Bolero“, der vom Publikum immer mit Spannung erwartete Abschluß des Abends, wurde von FRIEDEMANN VOGEL in seinem eigenen, besonderen Stil interpretiert: von der ersten Hand, die im Licht des Scheinwerfers aus der Dunkelheit auftaucht, bis zu seinem Untergang in der Tänzermenge, fesselt er das Publikum durch unglaublichem Einsatz: alle Bewegungsamplituden, das gesamte Spektrum der Choreographie werden vollständig ausgeschöpft, in jeder Bewegung wird die genau entsprechende Intensität gesetzt und jede Faser seines Körpers scheint im Dienste seiner Interpretationskunst zu stehen. Ein Paradestück für den ausdrucksstarken Vogel und es ist wohl nicht zuletzt auch ihm zu verdanken, dass die Publikumsnachfrage nach Béjarts „Bolero“ in Stuttgart so groß war, dass es nach 2010/11 erneut aufgenommen wurde.

Verdienter Applaus auch für WOLFGANZ HEINZ, der am Dirigentenpult harmonisch durch die abwechslungsreichen Stücke führte.

Dana Marta

 

 

Diese Seite drucken