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STUTTGART: KRABAT – Ballett als magisches Theater

Stuttgarter Ballett: „KRABAT“ 23.1.2014Ballett als magisches Theater

Zuccarini, Crockard-Villa Krabat_2013_14_15
Effektiver Schlagabtausch zwischen Angelina Zuccarini (Zauberer Pumphutt) und Matteo Crockard-Villa (Meister). Copyright: Stuttgarter Ballett

 Stuttgarts Hauschoreograph Demis Volpi hat in der letzten Saison mit der Übertragung des Romanstoffes von Otfried Preußler, der tragischerweise einen Monat vor der Uraufführung verstorben war, eine Bereicherung für das Stuttgarter Repertoire geschaffen und damit auch der Tendenz entgegen gewirkt,  dass die jüngere Generation kein Interesse mehr an der Erzählung konkreter Geschichten durch den Tanz habe. Der Auftrag, etwas speziell auch für Jugendliche und Kinder zu schaffen, wurde zusätzlich damit erfüllt. Die Kartennachfrage war so groß, dass das für diese Spielzeit gar nicht vorgesehene Stück einen Programmwechsel zur sofortigen Wiederaufnahme nach sich zog. Wiederum in kürzester Zeit ausverkaufte 12 Vorstellungen, darunter wie die hier besprochene auch wieder eine reine Schülervorstellung, legen nahe, dass aus Krabat und seinen Mitgesellen ein Dauerbrenner werden könnte.

Auch wenn der Tanz im eigentlichen Sinne in dieser Choreographie nicht im Mittelpunkt steht, Volpis im Verbund mit der Bühne  und den Kostümen ( Katharina Schlipf ) phantasiereich durchdachte Arbeit ist groß(-artiges) Theater und lebt (ohnehin als Grundthema der Handlung) genau von jener Magie, die das Publikum gebannt auf die Bühne schauen lässt – beeinflusst und perfekt unterstützt von einer Musikauswahl (Peteris Vasks, Philipp Glass und Krzysztof Penderecki), die mit ihren Themen zugeordneten Charakteristika Liebe, Zauber und Tod wie dafür komponiert und angegossen wirkt, und vom Staatsorchester Stuttgart unter der wie immer animierenden Leitung von Wolfgang Heinz  in allem Farb- und Detailreichtum ausgeschöpft wurde.

Nicht zuletzt bietet dieser Abendfüller Gelegenheit, auch viele der nachwachsenden Tänzer solistisch einzusetzen und wie im Falle von Matteo Crockard-Villa  sogar eine Entwicklung vom einfachen Gesellen über den Ältesten bis zum Meister der Mühle durchzumachen. Und je mehr der Kanadier die Möglichkeit hat, wie hier körperlichen Ausdruck in spielerischer Suggestion einzusetzen als durch reinen Tanz zu glänzen, steigert sich auch sein Erfolg.

Was es heißt, durch reine Anwesenheit und ein reduziertes Maß an körperlichem Einsatz die Furcht des Todes zu verbreiten, zeigt die wieder einmal als Gast zurück gekehrte Sonia Santiago in der auf drei markante Auftritte konzentrierten Rolle des Herrn Gevatters in einer aus dem Dunkeln aufleuchtenden glänzenden Robe mit rot glühendem Untersatz und einer Hahnenfeder im Haar. Auch Petros Terteryan  gehört als sympathisch imaginativer Juro, der Krabat durch das Aufdecken der Zauberformel zum Glück verhilft, zum Kreis der bereits vierten Besetzungs-Alternative.

R.Robinson Krabat_2013_14_12
Plastisch genauer Tanz-Darsteller: Robert Robinson als Krabat. Copyright: Stuttgarter Ballett

Halbsolist Robert Robinson hat den Titelhelden inzwischen noch weiter analysiert, lässt uns mit teils mikroskopischer Feinheit an den Ängsten, dem Aufbegehren, der Hoffnung, der auferlegten Entscheidung über die Nachfolge des Meisters und dem finalen Durchbruch teilhaben. Wie keiner der allesamt überzeugenden Rollenkollegen fühlt er sich in dem von einer gewissen Nervosität gekennzeichneten Stil des Choreographen wie die selbstverständlichste Sache zuhause, und erzielt darin wie unter Strom stehend eine durchgehende Spannung.

Als Ideal-Verkörperungen haben sich aus der Premieren-Besetzung Elisa Badenes als zuletzt mit Krabat vereinte und der Freiheit entgegen gehende Kantorka durch die schwebende Leichtigkeit ihrer auf Spitze nach außen gekehrten Gefühle, Angelina Zuccarini als zackig und kraftvoll duellierender Zauberer Pumphutt  sowie Alicia Amatriain und Alexander Jones als tragisch endendes Paar Worschula-Tonda mit ausgereifter Technik und Charakterstärke bestätigt.

Schüler aller Altersklassen und ihre begleitenden Lehrer feierten das ganze Ensemble mit großer Begeisterung, Krabat und das Orchester samt Dirigenten gar so frenetisch, dass sie sich wie Popstars fühlen mussten.                                                                     
  Udo Klebes

 

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