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SCHWERIN/ Mecklenburgisches Staatstheater: DIE CSARDASFÜRSTIN

28.04.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Schwerin / Mecklenburgisches Staatstheater „DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN“ – 27.4.2013


Maria Kosztolanyi als Sylva Varescu. Foto: Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin

 Seit ihrer gefeierten Premiere am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin (18.1.2013) – im Neuen Merker II/2013 wurde darüber berichtet – hat Emmerich Kálmáns unverwüstliche Operette „Die Csáradásfürstin“ auch hier nichts an ihrer Publikumswirksamkeit verloren, auch nicht in der neuen Deutung von Hendrik Müller (Inszenierung) und Kriss Rudolf (Schweriner Textfassung). Die bekannteste und beliebteste Operette Kálmáns entstand um den 1. Weltkrieg und enthält viel gesellschaftskritischen Zündstoff, der noch immer und immer wieder aktuell ist. Müller hat die Handlung mit Hinblick auf die Krise der Jetztzeit in eine nicht eindeutig festgelegte kapitalistische Finanzkrise übertragen – daher der Maskenball beim Verlobungsfest, der alles und jede Epoche zulässt. Rudolf setzte das ursprüngliche Libretto von Leo Stein und Bela Jenbach in einen amüsanten Wortwechsel mit vielen Gags und Redewendungen um. Kálmáns Melodien zünden noch immer, und das Publikum amüsiert sich immer wieder über die neuen, „flapsigen“ Texte. Es entstand eine kurzweilige Mischung aus glanzvoller Musik, Schauspiel und Ballett (Choreografie: Andrea Danae Kingston).

 Mag mancher Operettenliebhaber die ursprüngliche Operette auch kaum wiedererkennen, spricht sie doch auch in dieser Form an. Der erste Teil wurde auf ziemlich nüchterner Bühne zu den hektischen Medien-Machern verlegt, der zweite vergeht wie in einem farbenfreudigen Wirbel voller gesellschaftskritischer Brisanz und ironischer Wortspiele in der Scheinwelt des Palastes von Lippert-Weylersheims.

 Wenn Márta Kostolányi alias Sylva Varescu mit perfektem Operettengesang und dem Charme, der Operette nun einmal ausmacht, in großer Robe auf einer bewusst übertrieben glamourösen Operettenkugel im wahrsten Sinne des Wortes herein schwebt und sich der Vorhang hebt, beginnt ein turbulenter Abend, mit viel Wortwechsel, der fast den Gesang in den Hintergrund drängt, aber ihr und der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin, die auf ihr 450jähriges Bestehen zurückblicken kann, verdankt die Aufführung unter dem schwungvollen Dirigat von Manfred Mayrhofer viel Pep und musikalischen Glanz. Mayrhofer, der nicht nur für Opern, sondern auch für Operetten prädestiniert ist und u. a. bei den Operettenfestspielen in Mörbisch am Neusiedlersee (Österreich) und an der Dresdner Semperoper auf diesem Gebiet schon viel Beifall entgegennehmen konnte, hat das Werk hier einstudiert und macht jede Aufführung zu einem besonderen Erlebnis. Der ursprüngliche Operettenglanz kam hier aus dem Orchestergraben, denn auch die Operette liegt ihm „im Blut“.

 Gottfried Richter vertritt seine Rolle als Leopold von Lippert-Weylersheim und Bankier glaubhaft zwischen Autorität und heimlichem Genießer amouröser Abenteuer. Seine „Gattin“, Brigitte Peters als Frau von Lippert-Weylersheim kontert seine hochtrabenden Worte mit ihren trockenen, scheinbar überlegenen, aber abfälligen Bemerkungen und erheitert damit das Publikum. Die ursprüngliche doppelbödige Moral, die darin besteht, dass sie einst selbst vom Theater kam und nun keine Schwiegertochter aus diesem Milieu haben möchte, geht daraus allerdings nicht hervor.

 Als beider Sohn Edwin schaffte Kerem Kurk sogar die hohen Töne mit Vehemenz. Katrin Hübner als Edwins (hier schon schwangere Verlobte) Anastasia von Rohnsdorff war zwar als indisponiert angekündigt, ließ davon aber kaum etwas merken. Bernhard Meindl als Ihr Bruder Eugen verlegte sich aufs agile Schauspielerische, ebenso wie Lars G. Neumann als Boni Káncsiánu, Sylvias charmanter, ewig geschäftiger Manager.

 Schließlich geht die Bank pleite. Die Glanzwelt aus verspiegelten Säulen fällt in sich zusammen, alle erschießen sich reihum, nur das endlich glückliche Paar Sylva und Edwin bleibt freiwillig am Leben und erweckt auch alle anderen wieder zu selbigem, um sich zu erheben und den Beifall des Publikums entgegenzunehmen.

 Ingrid Gerk

 

 

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