Nationaltheater Mannheim: DAS LEBEN EIN TRAUM von Calderon de la Barca – ein kluger Theaterabend- am 13.12.2013
Der von Ernst Alisch durchaus virtuos dargestellte König Basilius von Polen beschloss, seinen Sohn Sigismund (facettenreich: Martin Aselmann) doch lieber nicht zum König ausrufen zu lassen – man brachte ihn deswegen als neugeborenes Kind an einen geheimen Ort und sperrte ihn in einen Turm. Als die Thronfolge anstand, begann Basilius an seiner Einstellung zu zweifeln. Dies arbeitete der spanische Regisseur Calixto Bieito in seiner Inszeneriung glaubwürdig heraus. Auch Elemente der Commedia dell’arte wurden immer wieder berücksichtigt. Die Schauspieler schäkerten zuweilen mit Clownsnasen mit dem Publikum. Um seinen Sohn zu prüfen, wurde der erwachsene Sigismund zum Hof gebracht und für 24 Sunden wie ein König behandelt. Doch leider scheiterte das Experiment, mit dem der Vater die Regierungstauglichkeit seines Sohnes beweisen wollte. Sigismund gebärdete sich unberechenbar und aggressiv, wurde zurück in den Turm gesperrt. Man sagte ihm, seine Freiheit sei nur ein Traum gewesen. Dieses vermeintliche Traumspiel kam im Forum grell zur Geltung. Das philosophische Menschenexperiment im Stil von Kaspar Hauser ging unter die Haut. Die Darstellerinnen und Darsteller agierten höchst emotional. Die aktuelle Frage nach dem freien Menschenwillen wurde direkt ans Publikum gestellt. Doch auch die entscheidende Wende wurde von Bieito auf offener Bühne und mit einem überdimensionalen Spiegel dargestellt: Soldaten drangen in Sigismunds Einsamkeit und riefen ihn zum wahren Herrscher aus. Er überwand sich, auf Rache an seinem Vater zu verzichten. Er führte Rosaura (nuancenreich: Michaela Klamminger), zu der er sich hingezogen fühlte, Astolfo zu, dem von Michael Fuchs ausdrucksvoll gemimten Herzog von Moskau. Und er selbst reichte der wandlungsfähigen Sabine Fürst als Estrella die Hand zu Ehe. Wie sehr der berühmte spanische Dramatiker Calderon de la Barca hier die Eitelkeit alles Irdischen und die Flausen des Adels persiflierte, brachte diese gelungene Aufführung des Nationaltheaters Mannheim sehr schön zur Geltung. Man fühlte, dass Sigismund ein misstrauischer und einsamer König wird, der gleichzeitig Angst hat Böses zu tun. Das war bei dieser Inszenierung psychologisch geschickt gemacht. Der Zusammenhang von Haupt- und Nebenhandlung wurde dabei ausgesprochen geschickt vollzogen. Dies zeigte sich auch angesichts des wechselnden Bühnbildes. Wie sehr Sigismund den Menschen misstraute, stellte Calixto Bieito plastisch dar: Sigismund wusste nicht, ob er in einem Traum lebte oder ob die Menschen real waren. Für den Regisseur Calixto Bieito steht die gewählte Flamenco-Musik für den Schmerz des Menschen. Das soll wie eine Passion sein – und wirkte im Forum am Schlosspark auch so.
Das Bühnenbild spiegelt für Bieito die Brutalität des Escorial wider, der Residenz des spanischen Königs. Er will damit auch die sozialen Zustände in seinem Heimatland kritisieren. Dies wirkte im Forum ganz unmittelbar und spannungsvoll auf das Publikum. In weiteren Rollen überzeugten Jacques Malan als Clotaldo, Thorsten Danner als lustige Person Clarin, Sascha Tuxhorn als Soldat, Peter Brownbill als Diener sowie Juan Granados und Jose M. Llorach als Musiker.
Alexander Walther