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Sarah Biasini: DIE SCHÖNHEIT DES HIMMELS

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Sarah Biasini
DIE SCHÖNHEIT DES HIMMELS
192 Seiten, Paul Zsolnay Verlag, 2021

Nicht alle Kinder berühmter Eltern sind stolz und glücklich über diese Tatsache. Für manche bedeutet sie auch schlechtweg eine Last. Wenn man Sarah Biasini fragte, „Sind Sie nicht…?“. hat sie oft geleugnet, die Tochter von Romy Schneider zu sein. Tatsächlich hat sie sich lange so gegen ihr Erbe gewehrt, dass selbst jetzt noch, in ihrem Buch „Die Schönheit des Himmels“, der Name „Romy“ vielleicht zwei-, dreimal vorkommt. Sie schreibt über „meine Mutter“.

Und doch ist es nicht wirklich ein Buch über Romy Schneider, bzw. wie man erwartet hätte, eine Auseinandersetzung von Tochter Sarah, die noch keine fünf Jahre alt war, als ihre Mutter starb, mit dieser Mutter, die sie kaum gekannt hat.

Man hätte auch gedacht, eine Frau, die denselben Beruf wählt wie ihre Mutter, fände sich in einer kreativen Auseinandersetzung mit der Künstlerin Romy Schneider. All das wird es nicht. Tatsächlich ist das Buch, das in seinem impressionistisch-schwärmerischen Ton einem Roman gleicht, eine Art Brief an ihre eigene Tochter Anna. Fakten wird man mühevoll aus dem Geschriebenen klauben, das wild zwischen den Zeitebenen hin und her springt, Gefühle bekommt man in Fülle.

Immerhin ist die „Schändung“ von Romys Grab im Mai 2017 Ausgangspunkt der Betrachtungen. Viel passiert ist nicht, die Täter konnten nicht mehr tun als den Grabdeckel verrücken. Immerhin für Sarah Biasani ein Anlass, zum Grab der Mutter zu gehen, was sie sonst vermied. Und dann verknüpft sie – man weiß ja nie, was in Menschen vorgeht – seltsamerweise dieses Ereignis damit, dass es ihr offenbar sehr bald danach nach vielen Jahren vergeblichen Hoffens endlich gelungen ist, schwanger zu werden. Sarah Biasini, geboren am 21. Juli 1977. bekam ihre Tochter Anna am  11. Februar 2018, also im Alter von 40 Jahren. Als Romy mit Sarah ihr zweites Kind bekam, war sie 38. Aber um dieses Analogien später Mutterschaft geht es nicht.

Die Gedanken der Mutter Sarah drehen sich um Anna. Von der Tochter Sarah erfährt man, wie gesagt, nicht allzu viel. Dass sie bei der Mutter ihres Vaters und mit ihrem ehemaligen Kindermädchen aufwuchs, also zwei Mütter hatte, die ihr eine liebevolle Kindheit gaben. Der Vater gewinnt gar kein Profil, nur einmal berührt, wie er Sarah den Tod der Mutter zu erklären suchte: Sie sei weggegangen, um mit David (ihrem verstorbenen Sohn) zu sein…

Ebenso wenig Profil gewinnt Sarahs Ehemann, der nur gelegentlich auftaucht, und ganz nebenbei erwähnt sie ihren Beruf, eine offenbar nur mittel erfolgreiche Karriere als Schauspielerin auf Pariser Bühnen, in Film und Fernsehen.  Und man fragt sich: Wo bleibt Romy?

Sie sah sich die Filme der Mutter wohl auf Video an, sagt aber wenig dazu. Nur einmal bricht die Empörung aus ihr heraus, über den Film „3 Tage in Quiberon“ 2018, wo Marie Bäumer die Romy von 1981, ein Jahr vor ihrem Tod, als seelisches Wrack präsentierte. Das hat die Tochter abgelehnt. Sie hat auch gar keine Beziehung zu Großmutter Magda Schneider aufgebaut, die sie selten in Begleitung ihres Onkel (Romys Bruder, auch Dolmetscher, denn Sarah spricht kein Deutsch), besuchte. Und gelegentlich mit Partnern ihrer Mutter zu sprechen, mit Philippe Noiret oder Michel Piccoli, gleicht auch nicht wirklich der „Spurensuche“, die man sich gewünscht hätte. Wahrscheinlich ist man mit falschen Erwartungen an dieses  Buch heran gegangen.

Sarah Biasini, die nicht Tochter ihrer Mutter sein durfte, weil das Schicksal es nicht so wollte, will nun ganz Mutter ihrer eigenen Tochter sein, und darüber schreibt sie vordringlich. Aber sie weiß wohl selbst, dass das Interesse an diesem Buch weit weniger ihr gilt als der unvergessenen Romy Schneider, die auch noch fast 40 Jahre nach ihrem Tod im Gedächtnis der Kinobesucher leuchtet.

Renate Wagner

 

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