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Salzburger Festspiele 2018 L´ITALIANA IN ALGERI G.Rossini

Kurze Ansichten eines Altgierigen.

20.08.2018 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Lustige Szene mit Ildar Abdrazakov (Foto:C Ruth Walz)

Salzburger Festspiele 2018

Gioachino Rossini  L´ITALIANA IN ALGERI
Haus für Mozart / Wiederaufnahme / Derniere

Sonntag 19.August 2018      Von P.Skorepa

 

Kurze Ansichten eines Altgierigen

Die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Frau Dr.Helga Rabl Stadler hat die köstliche Unterscheidung geboren – wenn ich richtig gelesen habe – Opernfreunde in Altgierige und Neugierige einzuteilen, damit also durchaus einen Anlass zu einem Nachdenken gegeben, in welchem der Kästchen man sich wiederfinden könnte oder will, je nach eigenem Standort oder jenem des Betrachters. Da ich grundsätzlich nicht in einer starren Ausgangsposition zu verharre gedenke, zähle ich mich daher zu den passionierten Neugierigen, um oft erst nach gründlicher Überlegung und Betrachtung in die Haltung eines – meist ja vom Neuen enttäuschten – Altgierigen zurück zu fallen. Und als Neugieriger ging ich ins Haus für Mozart an diesem Abend und als Altgieriger kam ich wieder heraus.

Kann man Humor in der Musik ausdrücken? Eine alte Streitfrage, aber soweit könnten wir Opernfreunde uns einig sein: Rossini zählte zu den wenigen, die Humor in ihrer Musik zum Ausdruck bringen konnten, die Situationskomik in Noten umsetzten, aber auch die Noten, die einem Drama, die dem Schmerz und der Verzweiflung hinter der Komik musikalischen Raum geben.

Warum hörte man da gestern Abend so wenig davon? Eine gesanglich so hervorragende Cecilia Bartoli als Isabella macht leider noch keinen festlichen Sommer alleine, sie lässt Läufe und Koloraturen nur so aus ihrer Kehle perlen, so als sänge sie mit nur einem Stimmband, sie beherrscht Dank ihrer Überlegenheit die Szene. Ein Ildar Abdrazakov ist als überzeichneter Mustafá  stimmlich oft zu grob, aber für den verliebten Lackel allemal auch gesanglich wenigstens eine potente Erscheinung.

Was kam also da dazwischen, zwischen Rossini, dem Humor, dem passenden Gesangsensemble und dem Publikum? Erraten: Moshe Leiser und Patrice Caurier, das Regieteam. Die Handlung zu verlagern in ein Algier des 20. Jahrhunderts wäre ja an sich noch kein Fehler, denn welcher der Opernregisseure lässt heute noch eine Handlung dort, wo sie hingehört. Aber die Handlung mit vermeintlicher Gaudi und Schenkelklopfern vom ersten Ton der Ouvertüre an anzureichern, nichts auszulassen von kopulierenden Kamelen, ehelichen Bettszenen von der Qualität alter Herrenwitze, Büstenhalterwürfe um die badende Hauptdarstellerin herum, Herumgealbere mit einer Kalaschnikov (huch, wie originell und aktuell wir sein können) das alles gab der an sich spärlich enthaltenen Komik des Stücks den Todesstoss. Manchmal schien man von den Augenreizen dieser Inszene so genervt, dass Rossinis Musik kaum wahrgenommen und daher akustisch verkümmern musste, wie etwa das musikalisch so feine Finale des ersten Aktes, das Kabinettstück in dieser Oper Rossinis, welches in dem allgemeinem Chaos unterging.

Auftritt Cecilia Bartoli (Foto Monika Rittershaus)

Dabei begann das ganze originell mit einem famosen Auftritt der Bartoli auf einem schier lebensgroßen Stoffkamel, auch die Szenen in Algiers Straßen zeugten von Geschmack der Beteiligten: Christian Fenouillat, Bühne und Agostino Cavalca, Kostüme.

In diesem regielich niedergewalzten und humorbefreiten Umfeld versuchten sich auch noch durchzusetzen: Edgardo Rocha mit einem schönen und flexiblen Tenor als Lindoro, José Coca Loza als stimmstarker Haly, Rebeca Olvera, die bedauernswerte Gattin Mustafás, die sich mit starkem Sopran Gehör verschaffte und nicht zuletzt Rose Bove als Zulma. Alessandro Corbelli wirkte darstellerisch und gesanglich leider zu eingeschränkt.

Der Philharmonia Chor Wien unter der bewährten Leitung von Walter Zeh war auf der Höhe seiner Aufgaben, und mit dem Ensemble Matheus erarbeitete Jean-Christphe Spinosi wenigstens orchestralen Rossini-Taumel einschließlich Zugabe im achtminütigen Schlussapplaus. Und das sich der Großteil der Besucher sich bei den Witzen der Regisseure gut unterhalten haben, sei hier vermerkt.

Tip: Wenn Sie diese Rossini-Oper mit all ihrem Zauber erleben wollen, dann studieren Sie den Spielplan der Wiener Staatsoper, die Ponelle-Inszenierung war erst vergangene Saison wieder auf dem Spielplan und schafft es immer wieder ins Repertoire! Das als Rat eines Altgierigen! (siehe Einleitung)

Peter Skorepa
OnlineMERKER

 

 

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