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SALZBURG/ Landestheater: DIE PILGER VON MEKKA von Chr. W. Gluck

02.12.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Großer Erfolg für das Salzburger Landestheater:

„Die Pilger von Mekka“ von Christoph Willibald Gluck (Vorstellung: 1. 12. 13)

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Auf der Flucht – Ensembleszene aus der Gluck-Oper „Die Pilger von Mekka“ (Foto: Christina Canaval)

 Mit der Aufführung der sehr selten gespielten Oper „Die Pilger von Mekka“ („La renconrte imprévue“) von Christoph Willibald Gluck feierte das Salzburger Landestheater einen großen Publikumserfolg. Das dreiaktige Werk, dessen Libretto Louis Hurtaut Dancourt verfasste, wurde 1764 am Wiener Burgtheater uraufgeführt und in Salzburg in der Opéra-comique-Fassung in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln gespielt, wobei die Dialoge deutsch gesprochen wurden (in einer neuen Übersetzung von Jakob Nolte).

 Das Werk von Gluck gehörte zu den ersten sogenannten „Türkenopern“, die im 18. Jahrhundert ein beliebtes Sujet waren. Wollte man damit die fortwährende Bedrohung Europas durch das osmanische Reich, die in den beiden Belagerungen von Wien 1529 und 1683 offen zutage getreten war, mit den Mitteln der Musik verarbeiten? Auf jeden Fall zählte diese Oper zu Lebzeiten Glucks zu den populärsten Werken des Komponisten und wurde in ganz Europa nachgespielt – von  Amsterdam bis Brüssel, von München bis Kopenhagen, von Berlin bis Paris, verschwand aber im 19. Jahrhundert von den Spielplänen. Im Jahr 2008 wurde sie im Münchner Prinzregententheater in einer total verunglückten Inszenierung gezeigt, wofür die Regisseurin Snejinka Avramova mit einem gewaltigen Buh-Orkan vom Publikum bedacht wurde.

 Die Salzburger Handlung in Kurzfassung: Prinz Ali und sein Sklave Osmin sind auf der Suche nach der von Seeräubern entführten persischen Prinzessin Rezia, Alis Geliebten. In Kairo werden sie von einem Bettelderwisch eingeladen, als Mitglied seiner Bruderschaft Geld zu „verdienen“. Ali wird von Balkis gebeten, ihr auf das Schiff des Sultans zu folgen, da die schönste der Haremsdamen ihn kennenlernen wolle. – Auf dem Schiff werden Ali und Osmin fürstlich  empfangen und von Dardané und Amine umgarnt, doch hält Ali Rezia die Treue. Rezia gesteht Ali, seine Liebe mit Hilfe der beiden Damen aus ihrem Gefolge auf die Probe gestellt zu haben. Das freudige Wiedersehen wird jäh unterbrochen, als man von der Rückkehr des Sultans erfährt.  Sogleich wird eine Flucht vorbereitet, indem sie sich als Pilger verkleiden, um sich einer Karawane nach Mekka anzuschließen.  – Balkis und Osmin treffen dabei auf den leicht überdrehten Maler Vertigo, wodurch sich die Flucht immer wieder verzögert. Durch den Verrat eines Helfers erfährt schließlich auch der Sultan vom Plan der Liebenden und stellt sie zur Rede. Zuerst will der Sultan alle zum Tode verurteilen, doch ist er von der unerschütterlichen Treue der beiden Liebenden so gerührt, dass er ihnen Leben und Freiheit schenkt und zu guter Letzt die Hochzeit von Rezia und Ali mit großer Pracht ausrichtet. Der verräterische Bettelmönch wird außer Landes verbannt.

 Dem italienischen Regisseur Jacopo Spirei gelang eine atmosphärisch dichte und humorvolle Inszenierung, wobei er die Handlung statt im Palast auf einem Schiff spielen lässt (Bühnengestaltung: Nikolaus Webern). Die prächtigen orientalischen Kostüme, die eine Augenweide waren, schuf Bettina Richter. Auffallend gut die Personenführung!

 Das große Sängerensemble zeigte sich nicht nur stimmlich von der besten Seite, sondern agierte durchwegs mit einer selten erlebten Spiellaune, die so manches komödiantische Talent

zutage förderte, wobei meist die Damen den Vogel abschossen. Die persische Prinzessin Rezia, die Favoritin des Sultans, wurde von der rumänischen Sopranistin Laura Nicolescu mit höhensicherer Stimme dargestellt und mit Augenzwinkern gespielt. Köstlich ihre Mimik, reizvoll ihre Erscheinung und eindrucksvoll ihre Bühnenwirksamkeit. In diesem Punkt stellte sie ihren Geliebten, Prinz Ali, in den Schatten, der vom russischen Tenor Sergey Romanovsky gespielt wurde. Zwar konnte er mit seiner lyrischen Stimme das Publikum begeistern, wirkte aber in der Gestaltung der Rolle zu statisch.

 Komödiantisch in der Darstellung und gut bei Stimme der schwedische Tenor Leif Aruhn-Solén als Osmin, der in vielen Szenen fast die Hauptrolle innehatte. Ebenso der deutsche Bariton Simon Schnorr als parodistisch auftretender Maler Vertigo. Ihre Szene im dritten Akt mit der amerikanischen Mezzosopranistin Tamara Gura in der Rolle der Balkis zählte zu den witzigsten der gesamten Aufführung. Köstlich in ihren Annäherungsversuchen bei Ali auch die amerikanische Mezzosopranistin Emily Righter als Dardané und die deutsche Sopranistin Ines Reinhardt als Amine, die beide sowohl schauspielerisch wie stimmlich glänzten. 

 Für das Gelingen der exzellenten Aufführung trugen in kleineren Rollen auch der österreichische Tenor Franz Supper als Sultan und der weißrussische Bariton Alexey Birkus als Bettelmönch Calender bei, die ihre Partien mit Komik und Augenzwinkern gestalteten.

 Das bewährte Mozarteumorchester Salzburg sorgte unter der Leitung des britischen Dirigenten Adrian Kelly für eine schmissige Wiedergabe der musikalisch reizvollen Partitur, die oft volksliedhaft, oft zukunftsweisend wirkte. Das begeisterte Publikum im fast ausverkauften Salzburger Landestheater feierte am Schluss alle Mitwirkenden mit nicht enden wollendem Beifall und vielen Bravo-Rufen.

 Udo Pacolt

 

 

 

 

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