Haus für Mozart: DON GIOVANNI IM HOTEL TITANIC ( 27.7.2014)
Anette Fritsch. Foto: Michael Pöhn/ Salzburger Festspiele
Der Regisseur Sven Eric Bechtolf und seine Ausstatter Rolf und Marianne Glittenberg sehen die Welt offenbar als zwielichtiges Hotel – Promiskuität ist groß angeschrieben, jeder treibt‘s mit jedem, das Interieur erinnert am den Ballsaal auf der Titanic, und der Commendatore ist vermutlich ein Mafia-Boss Und Don Giovanni? Er ist in seiner Sexbesessenheit nur einer von vielen. Was das Ganze mit Mozart und da Ponte zu tun hat ? Ich verstehe die aktuelle „Neudeutung“ vermutlich nicht. Aber ich weiß, dass auch die musikalische Realisierung viel zu wünschen offen lässt. Der Dirigent Christoph Eschenbach hetzt oder schleppt, er „brutalisiert“ und wären da nicht die Wiener Philharmoniker und der Philharmonia-Chor Wien (Leitung Walter Zeh)– das Ganze käme einer Katastrophe gleich. Leider ist auch die Besetzung „durchwachsen“: Ildebrando d’Arcangelo ist nicht in Bestform. Er forciert und hat prompt Schwierigkeiten beim berühmten Duett oder beim Ständchen. Das Piano klingt angestrengt oder beiläufig. Auch die Champagner- Arie wird zur „tour de force“ Dennoch ist er mit seiner mächtigen Bass-Stimme die „Lichtgestalt“ der Aufführung und die beiden Final-Szenen leben von seiner Vitalität und seiner Qualitätsstimme – ein Macho mit viel Charme – immerhin! Unerwartet blass wirkt hingegen diesmal auch sein „alter ego“ Leporello. Luca Pisaroni kann weder optisch noch vokal mit seinem Landsmann mithalten. Nicht einmal die Register-Arie kommt gegen die derbe Interpretations- Langeweile dieser Vorstellung an. Ein Ärgernis ist auch der britische Don Ottavio von Andrew Staples. In den Rezitativen und Ensembles nervt er durch seine näselnde Penetranz, in den beiden Arien (man spielt die Wiener Fassung) singt er sich einigermaßen frei. Schwach auch die Donna Anna. Lenneke Rutten kommt aus den Niederlanden und ist in der ersten Arie in punkto Dramatik und in der großen 2.Arie in punkto Koloraturen-Geläufigkeit überfordert. Man muss erst gar nicht an den internationalen Durchbruch von Anna Netrebko in dieser Rolle in Salzburg vor 12 Jahren erinnern, um dieses Urteil zu erhärten. Am besten schlugen sich noch Anett Fritsch als intensive Donna Elvira und der Wiener „risung star“ Valentina Nafornita. Die attraktive Sopranistin aus Moldawien begeistert als Zerlina nicht nur mit erotischer Eleganz sondern auch mit einem wunderbaren Klangspektrum – hier wächst auch international ein Star heran. Solide übrigens auch Alessio Arduini – ebenfalls aus dem „Nachwuchs-Team“ von Dominique Meyer. Problematisch hingegen der Commendatore des polnischen Baritons Tomasz Konieczny – er passt einfach nicht zu dem Don Giovanni von Ildebrando d’Arcangelo. Sein Timbre ist einfach zu hell, zu baritonal. Zu wenig auch „auf Mozart- Linie“. Aber was Mozart wollte, interessierte vom „leading team“ wohl ohnedies niemand. Ein Don Giovanni zum Vergessen !
Peter Dusek