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Damon Nestor PLOUMIS/ Weimar/Lyric Opera Studio. Interview nach der „Zauberflöte“-Produktion im „mon ami“


Damon Nestor Ploumis im Gespräch mit einer Besucherin. Foto: Thomas Janda

Weimar, Jugendzentrum „mon ami“, 23.-29.8.18/ Die Zauberflöte, von Wolfgang Amadeus Mozart

Das Lyric Opera Studio Weimar präsentiert: „Die Zauberflöte“
als Meisterwerk über Verrat, Mitgefühl und Liebe

• Herr Ploumis, das Lyric Opera Studio wurde vor 11 Jahren gegründet, jetzt liegen wieder 4 Vorstellungen der Zauberflöte hinter ihnen und den Teilnehmern am Sommerkurs. Welches Fazit ziehen Sie?

Ich bin sehr erfreut, denn die Vorstellungen waren gut besucht. Das ist gar nicht so selbstverständlich, denn Weimar bietet viel an und wir sind nur ein Teil des „Weimarer Sommers“. Es gibt viele Kulturangebote und man kann auch im lauschigen Biergarten sitzen. Aber die Besucher kommen offenbar gern zu uns, um die vielen jungen Talente zu erleben, die inzwischen wirklich fast aus der ganzen Welt kommen.

• Was macht den Reiz des Lyric Opera Studio Weimar aus?

Mir sagen viele Besucher, dass sie die Atmosphäre so schön finden. Die jungen Sänger mit viel Gesangs- und Spielfreude beeindrucken offenbar viele Zuschauer. Es gibt ja auch immer Szenenapplaus, wenn eine Sängerin oder ein Sänger etwas gut gemacht hat. Offenbar gehen die Zuschauer mit und lassen sich begeistern. Ich denke, es ist auch die persönliche Atmosphäre bei den Aufführungen. Darum bemühe ich mich natürlich auch. Ich rede mit vielen Besuchern. Wir wollen ja kein abgehobenes Programm machen.

• Ich hatte jetzt bei der Premiere den Eindruck, es ist auch wie ein Familientreff mit etwas Partystimmung. Sind das die Dauerfans?

Na ja, die gibt es inzwischen auch und wir bemühen uns auch um jeden Besucher. Es kommen auch mal Familienangehörige z. B. aus den USA. Da kam eine Mutter, um ihre Tochter zu erleben. Ich finde es schön, dass sich die anderen Zuschauer mitfreuen, wenn man ihnen das nach der Vorstellung sagt. Die Weimarer sind so empathisch, weil sie bestimmt nachvollziehen können, wie eine Mutter stolz auf ihre Tochter ist.


Foto: Thomas Janda

• Ihre Inszenierung wirkt sehr humorvoll, ohne auf „Schenkelklopf-Niveau“ abzusinken. Was ist ihnen wichtig?

Entscheidend ist für mich, dass sich das Publikum unterhalten fühlt. Ich will einerseits mit den Nachwuchs-Sängern das Mozart-Werk ausloten und für die Zuschauer verstehbar machen und andererseits für wirklich gute Unterhaltung sorgen. Die besteht darin, dass wirklich gut gesungen, aber auch gut gespielt wird. Wenn ich sehe, wie das Publikum mitgeht, glaube ich, dass uns das auch gut gelingt. Ich baue natürlich einige kleine Gags in die Dialoge ein.

• Sie hatten nur vier Wochen Zeit für die Vorbereitung der Inszenierung und keiner der Teilnehmer konnte vorher auch nur ein Wort der deutschen Sprache. Trotzdem war gerade die Textverständlichkeit ausgezeichnet. Wie schaffen sie das in so kurzer Zeit?

Ich habe natürlich sehr gute Mitarbeiter und wir haben auch ein inzwischen bewährtes System des Einzel- und Gruppenunterrichts entwickelt, damit kommen wir auf jeden Fall immer zu einem guten Ergebnis. Es wird auch sehr viel an der Aussprache gearbeitet. Jeder Fehler wird bei den Proben notiert und dann wird nachgearbeitet. Die jungen Sänger schätzen das sehr, weil sie damit auch eine Konzeption für ihr späteres Berufsleben gewinnen.

• Wollen sie mit ihrem Lyric Opera Studio Weimar eine Talentschmiede sein?

Ich glaube, dass dieses Ziel jedes Opernstudio hat, aber ich lade viele Agenten ein, damit sie unsere Sänger erleben können. Das war auch in den elf Jahren sehr erfolgreich. Da haben einige Sänger ihren Weg gefunden, z. B. ans DNT-Weimar.

• Haben Sie mit dem DNT-Weimar eine gute Zusammenarbeit?

Ja, ich leihe dort die Kostüme aus und auch manche Requisiten. Da geht alles sehr kollegial zu.

• Eine Musikkritikerin hat kürzlich, in einem ziemlich diskutierten Artikel, zu einer anderen Veranstaltungsreihe angemerkt, dass der dort organisierende Amerikaner sich in Weimar nur niedergelassen hat, weil hier in Thüringen und Deutschland im Unterschied zu den USA das Fördergeld „so locker“ sitzt. Wie haben sie über diesen Artikel gedacht?

Ich konnte das nicht nachvollziehen, habe mich aber auch nicht direkt geärgert. Also, wir bekommen überhaupt kein Geld vom Land Thüringen. Die Teilnehmer am Kurs zahlen einen Beitrag und wir haben Einnahmen aus den Eintritten. Es gibt auch einige Theater in Thüringen, die kein festes Ensemble haben z. B. Arnstadt oder Bad Liebenstein. Sie laden uns in ihr Haus ein. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht und das Publikum dort auch. Im deutschsprachigen Raum gibt es immer noch die Stadttheater und ich finde das sehr gut, weil es eine Stadt belebt. In den USA haben wir das leider so nicht. Man kann das beklagen, aber schwer ändern. Darum haben mich ja vor elf Jahren viele Studenten und Kollegen aufgefordert, so etwas zu machen und ich habe neben meiner eigenen Arbeit als Sänger damit begonnen. Heute bin ich froh, dass ich so vielen jungen Sängern helfen konnte und weiterhin kann, ihren eigenen Weg zu finden.

• Wie sehen sie die Chancen für junge Sängerinnen und Sänger für eine Laufbahn an deutschsprachigen Opernhäusern?

Leicht ist es natürlich nicht, darum kommen auch so viele zu unseren Kursen. Das basiert ja auf „Mund-zu-Mund-Info“. Viele wollen mal auftreten und ihr Können beweisen. Wir geben ihnen die Möglichkeit und dieses gemeinschaftliche Erarbeiten ist dabei sehr förderlich. Ich bin zwar der Regisseur, aber wir reden auch viel über jede Szene, um ein gutes Verständnis dafür zu entwickeln.

• Worauf legen sie besonderen Wert?

Walter Felsenstein hat mal gesagt, ich gebe das sinngemäß wieder: „Wenn man glaubt, dass Theater die Welt verbessern kann, dann muss man das Theater auch immer wieder verbessern. Ich kann mir jedenfalls nur eine verbesserte Welt mit einem unterhaltsamen Theater vorstellen.“
Dem schließe ich mich sofort an. Die Möglichkeiten sind ja begrenzt. Es gibt wenig technische Effekte oder Pyrotechnik bei meinen Inszenierungen. Zur Gestaltung haben wir „nur“ Gesang und Spiel, damit müssen wir unser Publikum überzeugen. Das klappt auch ganz gut. Es sind die kleinen präzisen Gesten und natürlich der möglichst gelungene Gesang, die den Fluss des Stückes ausmachen.


Foto: Thomas Janda

• Sie bespielen den ganzen Saal im „mon ami“, was ist die Idee dahinter?

Der Zuschauer soll mittendrin im Geschehen sein, darum habe ich den Chor auf die Empore gestellt. Der korrespondiert mit den Sängern auf der Bühne. Viele Zuschauer blicken erstaunt nach oben zur Empore. Das zeigt, dass sie das spannend finden und ich freue mich darüber, dass es so gut funktioniert.

• Wie haben sie die Rollen verteilt?

Insgesamt gibt es vier Besetzungen. Jeder Teilnehmer hat einmal eine Solorolle oder singt dann eben im Chor mit. Das sind junge Opernsänger aus den USA, Kanada, Südamerika, Europa und Asien, die sich hier in einer szenischen Aufführung in deutscher Sprache stellen. Das war für viele nicht ganz einfach, aber wir haben gemeinsam hart gearbeitet. Wichtig ist natürlich auch unser Musikalischer Leiter Olaf Storbeck, er dirigiert alle Teilnehmer zum Erfolg, weil er so viele Erfahrungen gesammelt hat. Er ist jetzt auch schon sehr lange in Zürich am dortigen Opernstudio tätig und seine Kompetenz spüren alle.

• Wollen sie Star-Allüren verhindern?

Die kommen eigentlich selten auf. Mir geht es vor allem um den Erfahrungsgewinn. Die Sängerinnen und Sänger sollen etwas mitnehmen, das macht unser Opernstudio für viele auch so interessant.

• Wie sehen die Zukunftspläne des Lyric Opera Studio Weimar aus?

Im kommenden Winter machen wir noch einmal „Die Fledermaus“, die war schon sehr erfolgreich und wird es bestimmt wieder sein.
Momentan bereite ich gemeinsam mit dem Theater Rudolstadt, unserem wichtigsten Partner in Thüringen, eine Mozart-Oper vor, mehr will ich noch nicht verraten.

• Sie haben dort ja schon „Cosi fan tute“ und „Cenerentola“ gemacht, wie kam das an?

Wir hatten immer ausverkauftes Haus. Das war übrigens auch bei der „Cenerentola“ von Rossini so, das Publikum hat uns sehr gut aufgenommen. Wir hatten eine sehr gute Zusammenarbeit vor allem mit dem Chefdirigenten Oliver Weder. Er ist sehr erfahren und kann mit unseren jungen Sänger bestens umgehen. Wenn wir in Rudolstadt spielen dürfen, dann ist das für uns immer ein fantastisches Erlebnis. Oliver Weder ist auch sehr viel herumgekommen und kennt die Musikwelt. Er war auch schon in den USA und spricht natürlich gut Englisch. Für unsere Sänger, die alle Englisch sprechen, ist das wichtig. Oliver Weder ist aber auch so ein Mensch, der immer zu allen Sängern einen guten Kontakt aufbaut. Das macht die Arbeit mit ihm so wertvoll und für unsere jungen Sänger wird es immer wieder zu einem prägenden Erlebnis.

• Wie finden sie das Publikum in Weimar und Rudolstadt?

Die Zuschauer sind immer sehr aufgeschlossen und so kompetent. Sie kennen die Opernstoffe und ich habe in den Pausen oder auch nach der Vorstellung schon viele anregende und schöne Gespräche mit Besuchern geführt. Darum bin ich so gern in Thüringen, ich erlebe die Menschen hier als sehr kunstinteressiert und aufgeschlossen, das gibt mir immer wieder Mut weiterzumachen. Sänger und Publikum erlebe ich oft als eine Gemeinschaft von Akteuren und aktiven Zuhörern, das macht mir viel Freude in Rudolstadt, aber auch an anderen Orten in Thüringen.

• Herr Ploumis, wir wünschen Ihnen viel Erfolg und auch weiterhin gute Ideen, vielen Dank für das Gespräch.

Larissa Gawritschenko und Thomas Janda

 

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