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MÜNCHEN/Prinzregententheater: ERNANI von Giuseppe Verdi. Konzertant

22.04.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Konzertante Aufführung im Münchner Prinzregententheater: „Ernani“ von Giuseppe Verdi (21. April 2013)

 Im 4. Sonntagskonzert der Saison 2012 / 2013 führte das Münchner Rundfunkorchester im Prinzregententheater die in Deutschland nur selten gespielte Oper „Ernani“ von Giuseppe Verdi konzertant (in italienischer Sprache) auf. Das Dramma lirico in vier Akten, dessen Libretto von Francesco Maria Piave nach dem Schauspiel „Hernani“ von Victor Hugo verfasst wurde, spielt in Aragon, Aachen und Saragossa im Jahr 1519.

 Die Oper handelt von dem in Verbannung lebenden Rebellen Ernani, dessen Vater hingerichtet worden war, als er sich gegen den König erhoben hatte. Durch die Entführung seiner Geliebten Elvira will Ernani deren Hochzeit mit dem spanischen Granden de Silva zuvorkommen. – Auf dem Schloss Silvas bittet der unbekannt eingedrungene Don Carlo Elvira, seine Frau zu werden. Ernani erscheint, um Rache für den Tod seines Vaters zu üben. Die beiden Rivalen werden von Silva gestellt, der Genugtuung verlangt. Als Don Carlo als König erkannt wird, gibt er vor, Silva lediglich wegen eines Rats zur bevorstehenden Kaiserwahl aufgesucht zu haben, worauf Silva ihm Quartier gewährt. Ernani reitet davon. – Auf einem Fest im Palast Silvas wird Ernani Gastrecht gewährt. Obwohl er mit Elvira in eindeutiger Situation überrascht wird, beharrt Silva selbst dem König gegenüber auf der Gastfreundschaft und liefert ihm Ernani nicht aus, worauf Don Carlo Elvira als Geisel nimmt. Ehe Ernani mit Silva den König verfolgt, verpfändet er Silva sein Leben. Er überreicht ihm ein Horn mit dem Versprechen, sich zu töten, sobald Silva dies wünsche und durch Blasen des Horns anzeige. – Im Dom zu Aachen haben sich vor der Wahl Don Carlos zum Kaiser die Verschwörer, unter ihnen Silva und Ernani, versammelt. Auf Ernani fällt das Los, Don Carlo zu ermorden. Zum Kaiser gewählt, lässt Don Carlo die Verschwörer verhaften. Als sich Ernani als Herzog von Aragon zu erkennen gibt, begnadigt ihn der Kaiser und führt ihn großmütig mit Elvira zusammen. Silva aber bleibt voller Rachelust. – In seinem Palast in Saragossa feiert Ernani die Hochzeit mit Elvira. Da ertönt das Hornsignal. Trotz Elviras Flehen verlangt Silva unerbittlich die Einlösung des Schwurs. Ernani erdolcht sich und Elvira bricht über seine Leiche zusammen.

 Die Oper wurde im März 1844 im Teatro La Fenice uraufgeführt und bereits zwei Monate danach von Gaetano Donizetti nach Wien gebracht, der auch die Proben überwachte, wofür ihm Verdi herzlich dankte. Interessant ein Zitat aus einem Brief Verdis an Leo Herz, den Oberregisseur am Wiener Kärntnertortheater, der im sehr informativ gestalteten Programmheft abgedruckt ist: „Die Tempi sind alle mit der möglichen Klarheit in der Partitur angegeben. Man braucht nur auf die dramatische Situation zu achten und auf das Wort, dann kann man schwerlich ein Tempo verfehlen. Ich weise lediglich darauf hin, dass ich keine breiten Tempi mag; es ist besser, mit Lebhaftigkeit zu sündigen als dahinzukriechen.“

 Dies beherzigte Friedrich Haider als Leiter des bestens disponierten Münchner Rundfunkorchesters bei der Aufführung im Prinzregententheater, der das Werk äußerst schwungvoll dirigierte, dabei aber auch alle zarten Teile der Partitur exzellent herausarbeitete. Da auch der Chor des Bayerischen Rundfunks, von Peter Dijkstra hervorragend einstudiert, sehr stimmgewaltig und klangvoll agierte, war die musikalische Wiedergabe vom Feinsten.

 Leider mussten die beiden Tenöre Zoran Todorovich und Mauro Peter aus gesundheitlichen Gründen die Mitwirkung an der konzertanten Aufführung, die auf BR-KLASSIK direkt übertragen wurde, absagen. Pech für die Veranstalter, aber auch fürs Publikum.

 Der kolumbianische Tenor Ernesto Grisales, der die Titelrolle übernahm, zeigte sich zwar als Energiebündel und agierte mit südamerikanischem Temperament, wie man es bis dato kaum bei einer konzertanten Vorstellung erleben konnte, musste aber stimmlich an seine Grenzen gehen, um die schwere Partie annähernd zu bewältigen. Dennoch ein Kompliment für seinen enormen Einsatz. Der slowakische Tenor Martin Gyimesi, der zweite „Einspringer“ an diesem Abend, der die kleine Rolle des Don Riccardo, des Waffenträgers des Königs, zu singen hatte, wartete mit einer klangschönen, aber ein wenig zu schlanken Stimme auf.

 Die international erfolgreiche russische Sopranistin Olga Romanko reüssierte als Elvira sowohl optisch wie auch stimmlich. Die blonde Sängerin in elegantem rotem Abendkleid entpuppte sich als attraktive Opern-Diva, die mit ihrem dramatischen Sopran mühelos über Orchester und Chor (!) kam, obwohl sie offensichtlich mit einer Erkältung zu kämpfen hatte. Stark ihre Kavatine „Ernani! Ernani involami“ („Ernani, Ernani, befreie mich“). Ein Kompliment zu ihrer Leistung! Stimmlich beeindruckend der ungarische Bassist István Kovács in der Rolle des Don Ruy Gomez de Silva. Schlank von Wuchs, überzeugte er mit angenehm tiefer, voll tönender Stimme.

 Als Don Carlo, König von Spanien, bot der polnische Bariton Mikolaj Zalasinski großen Einsatz. Im ersten Teil mit einem Vibrato kämpfend, konnte er später voll überzeugen und erhielt nach seiner Arie „Oh, de’ verd’anni miei“ („Oh, ihr Träume“) Bravo-Rufe! In zwei kleineren Rollen waren noch der italienische Bariton Gianluca Margheri als Jago, Waffenträger von Silva, und die italienische Mezzosopranistin Eleonora Vacchi als Elviras Vertraute Giovanna zu hören.

 Das Münchner Publikum zeigte sich vor allem von der musikalischen Qualität der Verdi-Oper begeistert – sie dürfte in Bayerns Hauptstadt schon ewig lang nicht aufgeführt worden sein – und zollte dem Orchester und seinem Dirigenten sowie dem großartigen Chor, aber auch dem Sängerensemble minutenlangen Beifall.

 Udo Pacolt, Wien – München

 

 

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