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MARIBOR: DIE ZAUBERFLÖTE. Premiere

04.10.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

MARIBOR/MARBURG: Die Zauberflöte.Premiere am 3.10. 2014 (Helmut Christian Mayer)

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Schauplatz Bibliothek. Foto: Theater Maribor

 Tamino träumt. Er sitzt auf einem Tisch, vorn übergebeugt über ein Buch, das ihm Sarastro zuvor gegeben hat. Er durfte schon während der Ouvertüre die riesige Bibliothek der Eingeweihten, ihren Weisheitstempel betreten, während den anderen Frauen, wie auch Pamina der Eintritt verwehrt wurde. Er hat sie nur kurz gesehen und sich sofort in sie verliebt.

Tamino träumt aber nicht nur von seiner Pamina sondern erlebt in seinen Träumen die gesamte Zauberflöte: So zeigt Bruno Berger-Gorski Wolfgang Amadeus Mozarts letztes Opernmeisterwerk im slowenischen Maribor (Marburg) zur heurigen Saisoneröffnung unweit der südsteirischen Grenze. Eine nicht unbedingt innovative Konzeption, aber durchaus schlüssig, nachvollziehbar und reizvoll. Und der Wahlwiener schmückt diese mit großem Detail-, Fantasiereichtum, vielen Symbolen und auch Gags aus. So turnt der Vögel zeichnende Papageno immer wieder im Publikum herum und verteilt bei seiner Paradearie „Ein Mädchen oder Weibchen“ im Publikum an Damen Vogelfedern oder schleppt etwa zum Schluss vier Babys herum, während Papagena locker mit ihren Einkaufssackerln vor ihm herumstöckelt und ihn ständig antreibt. So scheinen etwa die Unmengen von Büchern das Wissen der Eingeweihten zu symbolisieren.

Dafür ließ er sich von Daniel Dvorák  eine beeindruckende Kulisse von großer Bildmacht bauen. Denn die Bibliothek ist zwei Stockwerke hoch und bis oben hin vollgestopft mit Büchern. Zusätzlich liegen noch Bücher am Bühnenrand und etliche Bücherstapel stehen noch bis an die Decke reichend herum. Die hintere Wand lässt sich teilweise öffnen und gibt so einen Blick in die mit Spiegeln verstärkte Tiefe frei. Hier schwebt die Königin der Nacht imposant in einer Mondgondel herab. Hier erscheint auch Sarastro auf einem Podest.

Atemberaubend schön, fantasie- und geschmackvoll sind wieder einmal die in Weiß-Schwarz-Gold gehaltenen Kostüme von Alan Hranitelj, der in Slowenien bei anderen Opernproduktionen schon öfters damit positiv aufgefallen ist, besonders toll ist jenes der Königin der Nacht.

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Papageno (Jaki Jurgec) und die drei als Punks ausstaffierten Knaben. Foto: Theater Maribor)

Es ist erstaunlich, in welch exzellentem Deutsch das Ensemble sowohl bei den Dialogen, nur der volkstümliche Papageno spricht hin und wieder Slowenisch, wie auch bei den Gesängen auftritt, mit wirklich nur kleinen Ausnahmen. Und das Sängerensemble singt auch teils sehr gut: Bei Martin Susnik  als Tamino begegnen wir einen feinem,  helltimbrierten, kräftigen Tenor mit toller Legatokultur. Andreja Zakonjsek  Krt weiß als seine Pamina mit großer Innigkeit zu singen. Nina Dominko ist als Königin der Nacht imponierend, ganz sauber sind ihre Koloraturen jedoch nicht.  Jaki Jurgec als Papageno punktet naturgemäß mit seinen Späßchen beim Publikum. Er spielt jedoch besser als er singt, denn er nimmt sich bei der Intonation allzu viele Freiheiten. Mit dunkler Bassestiefe aber zu wenig Präsenz erlebt man Marcos Fink als Sarastro. Tadellos singen auch die drei Damen (Katja Konvalinka, Valentina Cuden, Dada Kladenik) und die drei Knaben, teilweise als Punks ausstaffiert, die mit jungen Damen (Eva Cerne, Petra Crnjak, Inez Osina) besetzt wurden. Die kleineren Partien mit Mojca  Bitenc (Papagena), Dusan  Topolovec (Monostatos) und der Chor des Opernhauses (Einstudierung: Zsuzsa Bundvari Novak), der auch teilweise von den Seitenlogen singt, zeigen alle achtbares Handwerk.

Sehr exakt, austariert und mit idealen Tempi aber etwas zu routiniert zu wenig frisch und zu wenig leicht lässt der Ire Robert Houlihan das Symphonische Orchester des slowenischen Nationaltheaters Maribor Marburg musizieren.

Und wenn Tamino zum Finale aus seinen Träumen erwacht, dürfen Frauen jetzt doch gleichberechtigt wie die Männer an die Tröge der Wissenschaft in die Bibliothek, auch seine geliebte Pamina, mit der er gleich händchenhaltend und glücklich das Buch weiter betrachtet.

Großer Jubel!

 Helmut Christian Mayer

 

 

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