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KREFELD: MAZEPPA von P.I.Tschaikowsky. Premiere

23.09.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

MAZEPPA – gelungener Saisonstart an den vereinigten Bühnen Krefeld/Mönchengladbach. Premiere Krefeld am 22.9.2012

 
Matthias Stutte

 Leider fristen durchaus gelungene und schöne Opern von Peter Tschaikowsky, wie „Die Jungfrau von Orlean“,“Die Zauberin“, „Jolanthe“, „Wakula der Schmied“ oder „Der Wojedwode“ immer noch ein tristes Dasein im Schatten der Ignoranz unserer allmächtigen Theaterintendanten; dafür werden wir mit Onegins und Pique Damen überschüttet.

 MAZEPPA – ebenfalls selten zu finden auf den Opernspielplänen der Welt – wird in dieser Saison überraschenderweise gleich an mehreren Häusern gespielt – so auch an den Vereinigten Bühnen in Krefeld/Mönchengladbach. Dass man mit Helen Malkowsky – ihr PARSIFAL aus Kassel ist uns noch in bester Erinnerung – gleich eines der größten Regietalente unserer Zeit für die die Produktion verpflichtet hatte, versprach viel. Und, um es gleich vorwegzunehmen, es wurde ein ganz großer Opernabend – Musiktheater at its Best!

 Und es war in der Tat die herausragende Regie, welche das (nicht ohne Grund) so selten gespielte Werk dramaturgisch zu einer grandiosen Dichte führte und das mutige und dem Neuem sehr aufgeschlossene Krefelder Premieren-Publikum drei Stunden unter großer Spannung zusammen hielt.

 Die famos gestaltete Einheits-Bühne von Kathrin-Susann Brose bot nicht nur eine zeitlose Spielfläche, welche sich vielfältig gestalten und verändern ließ, sondern beeindruckte durch stark assoziative Bilder, von der Hinterhofsiedlung, über sterile Verwaltungszimmer bis hin zum Gefängnis und dem finalen Trümmerfeld, und imaginierte auch eine enorme szenische Geschlossenheit. Quasi als szenisches Leitmotiv der ersten Akte gab es eine im Eisernen Vorhang fixierte simple Gefängnis-Folterzelle. Gott sei Dank wurde dies Szenario dann nicht allzu plakativ blutig ausgestaltet, dennoch ging die fürchterliche, eher „zeitgemäß“ realistische CIA-Stromfolter doch stark unter die Haut.


Foto: Matthias Stutte

 Kommen wir gleich zu den vorzüglichen Leistungen der Protagonisten, die sich voll auf das kühne Regiekonzept einließen; allen voran Gast Johannes Schwärsky, der als Mazeppa nicht nur stimmlich, sondern auch darstellerisch an die Grenzen des Leistbaren ging. Selten sah man in Krefeld eine so eindrucksvolle Leistung in den letzten Jahren.

 Ihm stand gestern das hauseigene Potenzial in nichts nach – allen voran die neu verpflichtete Isabella Matula, eine Option für die Zukunft (!) und der langjährige Publikumsliebling und famos Bass Hayk Dèinyan; eine Stimme, wie geschaffen für die großen russischen Partien mit seiner ans Herz gehenden Wärme und tiefen Emotionalität.

 Carsten Süß (Andrej) bot den nötigen tenoralen Schmelz und Matthias Wippich (Orlik) war ein Bösewicht mit durchaus differenzierter Charakterisierung – fabelhaft. Auch die Comprimarii, Satik Tymyan (Ehefrau) Kairschan Scholdybajew (Iskra) und Jerzy Gurzynski), überzeugten. Insgesamt ein tolles Ensemble welches von einem zupackenden Dirigenten, Mihkel Kütson, stets sicher, sangesfreundlich und mit Empathie durch die russischen Klangwelten geleitet wurde.

 Der neue GMD erwies sich als stimmungs-sicherer Tschaikowsky-Dirigent, der nicht nur das kolossale Schlachtgemälde (eine leicht umgewandelte 1812 Ouvertüre) des Zwischenspiels 2./3. Akt con fuoco und fulminant mit den Niederrheinischen Sinfonikern abfeuerte, sondern auch die leisen, stillen (so ungemein beeindruckenden) lyrischen Passagen, vor allem im dritten Akt, ergreifend erblühen ließ.

 Die nicht unwichtige und schwierige Rolle des Chores wurde von den Krefelder Damen und Herren (immerhin in der Originalsprache) vorbildlich bewältigt (Chor: Maria Benyumova).

 Besser, vielversprechender, spannender und interessanter kann eine Opernsaison kaum beginnen. Weiter so! Hoffentlich folgt das Publikum. Ein großer Opernabend am Niederrhein.

 Peter Bilsing / 23.9.2012

 Dank für die aussagekräftigen Produktions-Bilder an Matthias Stutte (Copyright)

 

 

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