Jacques Offenbach: La Grande-Duchesse de Gérolstein, Oper Köln, Vorstellung: 20.06.2019
(Vorstellung am 200. Geburtstag des Komponisten, 3. Vorstellung seit der Premiere am 09.06.2019)
«Save the frogs!» oder die Kalkulierte Liebe der Konzerne zur Umwelt
Offenbachs Operetten stellen die Regisseure mit ihrer Zeitgebundenheit vor das Problem, dass sie, da viele ihrer Themen heute nicht mehr nachvollziehbar sind, nicht eins zu eins auf die Bühne zu bringen sind. Die Geschlechterthematik aus «L’ile de Tulipatan» (https://onlinemerker.com/koeln-volksbuehne-am-rudolsplatz-die-insel-tulipatan-her-blumenkohl-gibt-sich-die-ehre-von-jaques-offenbach/) ist heute Alltag geworden und der Nationalismus und die Begeisterung für alles Militärische aus «La Grande-Duchesse de Gérolstein», uraufgeführt am Vorabend des Deutsch-Französischen Kriegs, sind heute unbekannt.
Es gilt also für das Satirische Element, das gesellschaftskritische Moment, die Charakteristika von Offenbachs Werken eine Entsprechung im Heute zu finden. Offenbach wollte ganz klar immer brandaktuell sein und das brachte seinen Werken auch ihren Erfolg.
So haben sich Regisseur Renaud Doucet und Bühnenbildner André Barbe gefragt: «Was ist der alles entscheidende «Kampf» unserer Tage?» Ihre Antwort ist: «Der Kampf um die Umwelt». So zeigt die liebevoll gestaltete Szenerie des ersten Akts das Lager der Besetzer des Hambacher Forsts.
Miljenko Turk, Jennifer Larmore, Vincent Le Texier. © Bernd Uhlig
In dieser Mischung aus Öko-Camp, Pfadfinderlager und Woodstock tauchen auch die sattsam bekannten Parolen Gretas und ihrer Bewegung auf. Die Grossherzogin, Spross einer Mineralwasser-Dynastie, besucht nun dieses Lager und ihr Beraterstab, General Boum, Baron Puck und Prinz Paul, hat alle Hände voll zu tun, zu verhindern, dass die Grossherzogin allzu grosse Sympathien für die Bewegung entwickelt. Schliesslich soll sie, zwecks Konsolidierung des eigenen Unternehmens, Prinz Paul, den Erben einer Backwaren-Dynastie, heiraten. Das würde die Einkünfte der Berater sichern und mit dem Engagement zum Schutz des goldenen Frosches konnte man der ganzen Unternehmung noch ein grünes Mäntelchen umhängen. Aber es kommt, wie es kommen muss: die Grossherzogin zeigt sich widerspenstig. Der Kampf Hochzeit versus Naturschutz ist entbrannt.
Der zweite und dritte Akt spielen in den Gemächern und oh Wunder, alles ist in Grün gehalten. Das Bühnenbild des zweiten Aktes prägte die riesige Figur eines goldenen Frosches, die ohne weiteres von einem bekannten Künstler unserer Tage stammen könnte.
© Bernd Uhlig
Der dritte Akt spielt im rechten Flügel der Gemächer. Hier war länger nichts mehr los, denn nach dem Tanz der Geister, der in diesen Räumlichkeiten gemeuchelten Ahnen, muss das Putzpersonal das dort befindliche Bett von dicken Spinnweben befreien.
© Bernd Uhlig
Mit einem abendlichen Gartenfest findet die Geschichte dann ihren glücklichen Ausgang.
Ist der Zuschauer bereit sich auf diese Gedankengänge einzulassen, erlebt er bestes Handwerk. Die Kritik der Firmen und Parteien, die sich rasch aus diesseitigen Beweggründen ein grünes Mäntelchen umhängen, ist gelungen. Führt man diese Gedanken weiter, wäre zu fragen, ob der Inszenierung wirklich an dem Thema liegt oder ob es nicht auch hier nur ein grünes Mäntelchen ist.
Das Gürzenich-Orchester Köln unter GMD François-Xavier Roth spielt höchst engagiert auf. Klingt es im ersten Akt noch recht rustikal, findet es in der Folge, trotz der schwierigen Akustik des Staatenhaus, zur gebotenen Leichtigkeit und Rafinesse.
Jennifer Larmore meistert die Partien der Grossherzogin technisch makellos und trotzdem ist der Stimme anzuhören, dass der Zenit der Karriere längst überschritten ist. Die darstellerische Intensität macht, wie bei der Edita Gruberova der letzten Jahre, vieles wett. Miljenko Turk, John Heuzenroeder und Vincent Le Texier leihen den Beratern Baron Puck, Prinz Paul und General Boum ihren sonoren Stimmen und überzeugen auch mit der komödiantischen Darstellung der Figuren. Mit wunderbarer Tenorstimme, nicht allzu gross, aber sehr fein, überzeugt der junge Schweizer Dino Lüthy als Fritz. Emily Hindrichs gibt seine Geliebte und die von General Boum begehrte Wanda. Auch die weiteren Mitglieder des Ensembles, stellvertretend sei hier Nicolas Legoux als Baron Grog genannt, überzeugen voll und ganz.
Einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Gelingen des Abends haben die Kollektive: der von Rustam Samedov vorbereitete und mit grosser Spielfreude auftretende Chor der Oper Köln, die Statisterie der Oper Köln und die Tänzer (Choreographie: Cécile Chaduteau).
- Mitschnitt der Produktion: Sonntag, 23.06.2019, WDR 3 Oper, 20.04 Uhr.
Weitere Aufführungen: 23.06.2019, 26.06.2019, 04.07.2019, 07.07.2019, 10.07.2019 und 12.07.2019.
21.06.2019, Jan Krobot/Zürich