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KÖLN/Volksbühne am Rudolsplatz: DIE INSEL TULIPATAN & HER BLUMENKOHL GIBT SICH DIE EHRE von Jaques Offenbach

20.06.2019 | Operette/Musical

Jacques Offenbach: Die Insel Tulipatan & Herr Blumenkohl gibt sich die Ehre, Volksbühne am Rudolfplatz, Köln,

Vorstellung: 19.06.2019

(3. Vorstellung seit der Premiere am 17.06.2019)

Von Architekten und Schnauzbärten

Im Rahmen des Kölner Jacques Offenbach Festival (09.-27.06.; https://www.yeswecancan.koeln/offenbach-festival) zeigt Alexander von Glenck auf der Volksbühne am Rudolfplatz in Köln Offenbachs Einakter «Die Insel Tulipatan» und «Herr Blumenkohl gibt sich die Ehre» (Salon Pitzelberger).

Roland Fister, 2. Kapellmeister und Studienleiter am Landestheater Coburg, hat die beiden Werke für ein achtköpfiges Salon-Orchester (2 Violinen, Flöte, Klarinette, Cello, Kontrabass und Klavier; Mitglieder des Philharmonischen Orchesters des Landestheaters Coburg) arrangiert und leitet den Abend musikalisch vom Klavier aus.

Jasmin Solfaghari hat die Einakter szenisch umgesetzt und die Dialoge mit plakativen Anspielungen angenehm zurückhaltend und gekonnt bearbeitet. Die Insel Tulipatan spielt am Pool einer Luxus-Villa und Herr Blumenkohl in den Räumlichkeiten einer herrschaftlichen Altbauwohnung. Das Bühnenbild wie die Kostüme stammen von Kristina Böttcher. Die Geschichte der Insel Tulipatan nimmt trotz Offenbachs Musik nur langsam Fahrtauf. In einer Zeit, die die gleichgeschlechtliche Ehe kennt, hat das Thema natürlich viel von seiner «Unerhörtheit» verloren. Der Pool der Luxus-Villa ist nur mässig exotisch, Theodorines Werben für ein Wunderheilmittel neigt zum Langweilen.In dieses Bild passt dann die Entschuldigung, der Architekt (und nicht der Briefträger) sei an allem Schuld…

Wenn sich dann Herr Blumenkohl die Ehre gibt, läuft das Ensemble zu Höchstform auf. Die eingeladenen Sänger haben ja abgesagt und so müssen Ernestine, Casimir und Blumenkohl nun improvisieren. Die einzigen Gäste, die Blumenkohls Einladung gefolgt sind, das Ehepaar Krauthofer, nehmen dazu in der ersten Reihe des Zuschauerraums Platz. Mit allen Klischees des Billig-Pauschaltouristen als Kulturbanausen gekennzeichnet, widmet sich Herr Krauthofer, mit Herren-Tasche, Woody-Allen-Hut und mindestens einer Nummer zu kleinen Kleidern, einem Riesenteller Spaghetti, während sich Frau Krauthofer, ganz in der Art jener, die im Programm einen Namen lesen und dann in der Elbphilharmonie die falschen Plätze buchen,in allen Varianten versucht, dem Tenor in Erinnerung zu bleiben. Aber selbst mit Carmens Habanera hat sie keinen Erfolg… Auf der Bühne toben sich derweil die anderen Sänger aus: Ernestine in schwarzer Robe mit roter Perücke, Casimir mit schwarzem Schnauzbart und Perücke, Strumpfhosen und Plüschwams und Blumenkohl als Barocker Ritter. Im Verlaufe der Vorstellung geht der schwarze Schnauzbart auf Wanderschaft und klebt zum Schlussauf Blumenkohls Stirn… Loriot lässt grüssen. Mit «O mio babbino caro» erhält Ernestine dann Blumenkohls Zustimmung zu ihrer Heirat mit Casimir.«Herr Blumenkohl» rettet den Abend und das Publikum feiert Sänger und Musiker mit Standing Ovations.

James Berkeley Wilson (T: Hermosa/B: Casimir) und Jason Nandor Tomory (Hermosa/Blumenkohl) überzeugen auf ganzer Linie, die Stimme von Taryn Knerr (Alexis/Ernestine) bleibt trotz hervorragender Technik nur als schneidend scharf in Erinnerung. Ilona Nymoen (Theodorine/Frau Krauthofer) und Karsten Münster (Romboidal/Herr Krauthofer) beeindrucken mit Stimme und Schauspiel.Produzent Alexander von Glenck tritt als Ursula/Urs auf.

Eine charmante Begegnungmit Offenbach, die Lust auf mehrmacht.

Weitere Aufführung: 20.06.2019.20.06.2019,

Jan Krobot/Zürich

 

 

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