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KARLSRUHE/ Händel-Festspiele: RICCARDO PRIMO von G.F.Händel. Premiere

22.02.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Händel-Festspiele 2014 in Karlsruhe: „Riccardo Primo “ (Premiere: 21. 2. 2014)

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Die Inszenierung bot durch ihre prächtige Ausstattung eindrucksvolle Bilder (Foto: Falk von Traubenberg)

Zu einem spektakulären Triumph für das Badische Staatstheater Karlsruhe gestaltete sich der Beginn der Internationalen Händel-Festspiele 2014 mit der Premiere der selten gespielten Oper „Riccardo Primo“. Das exzellente Sängerensemble, eine hervorragende Inszenierung mit eindrucksvollen Bühnenbildern und prachtvollen Kostümen ließen die Oper von Georg Friedrich Händel, die 1727 in London uraufgeführt wurde, zu einem barocken Gesamtkunstwerk werden, das vom begeisterten Publikum mit minutenlangem Applaus und Ovationen bedacht wurde, die in zahlreichen Bravorufen für alle Mitwirkenden mündeten.

 Der Inhalt der dreiaktigen, vierstündigen Oper, deren Libretto Paolo Antonio Rolli verfasste und die in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln gesungen wurde, kurz zusammengefasst: Richard Löwenherz will auf Zypern seine ihm unbekannte Verlobte Costanza von Navarro treffen. Nach einem Seesturm stranden beide getrennt auf der Insel, wo Isacio, der Tyrann von Zypern, Costanza gefangen nimmt und Riccardo mit seiner Tochter Pulcheria vermählen will.

 Benjamin Lazar, der als Spezialist für Barock-Opern gilt, gelang eine reizvolle Inszenierung im Kerzenschein. Dazu ein Zitat aus einem im Programmheft abgedruckten Interview über seine Regiearbeit: „Das Kerzenlicht ist ein Teil dieser Arbeit, denn Opernsänger haben normalerweise Scheinwerfer, die ihnen folgen. Bei Kerzenlicht müssen aber sie dem Licht folgen, wenn sie gesehen werden wollen, wenn sie ihre Arie singen. Ich mag auch sehr, wie beim Kerzenlicht Teile der Bühne beleuchtet sind und andere im Schatten liegen. Schatten bedeutet einen Freiraum – auch für das Publikum.“

 Kongeniale Partner für seine Inszenierung waren Adeline Caron, die eine eindrucksvolle burgähnliche Kulisse auf die Bühne stellte, die in verschiedenen Szenen auch ihr Innenleben preisgab, und Alain Blanchot, der prunkvolle Kostüme entwarf. Man hatte des Öfteren den Eindruck, als wären die Personen auf der Bühne eben einem farbenprächtigen Gemälde entstiegen. Für das kreative Lichtdesign zeichnete Christophe Naillet verantwortlich.  

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In der Titelrolle brillierte der Countertenor Franco Fagioli (Foto: Falk von Traubenberg)

 Star des Abends war der in Argentinien geborene Countertenor Franco Fagioli, der 2011 den Abbiata-Preis, die höchste musikalische Auszeichnung in Italien, erhielt und von der Zeitschrift „L’Opera“ zum besten Countertenor des Jahres gewählt wurde. Man bekam im Laufe der Vorstellung das Gefühl, dass die Titelrolle ihm auf den Leib geschrieben wurde, wie es Händel 1727 tatsächlich für den Altkastrat Senesino getan hatte.  Fagioli sang seine Arien mit einer Inbrunst und Leichtigkeit, die atemberaubend war. Für seine Arie „Agitato da fiere tempeste“ am Schluss des ersten Aktes erhielt er vom Publikum minutenlang Szenenapplaus, nach seiner Liebesarie „T’amo, si“ am Schluss des zweiten Aktes, die er mit selten gehörter Innigkeit zum Besten gab, brauste ein Jubelorkan los, wie ich ihn schon lange nicht in einem Opernhaus erlebte.

 Ihm ebenbürtig erwiesen sich die beiden Sopranistinnen Emily Hindrichs als Riccardos Verlobte Costanza (bei der Uraufführung von Francesca Cuzzoni gesungen) und Claire Lefilliâtre als Pulcheria (Uraufführungsbesetzung: Faustina Bordoni). Beide überzeugten sowohl stimmlich wie auch darstellerisch, wobei anzumerken ist, dass der Regisseur die Gestik des barocken Theaters einsetzte. Claire Lefilliâtre erhielt frenetischen Applaus für ihre Arie „L’aquila altera“, Emily Hindrichs nach beinahe jeder ihrer zehn Arien Szenenbeifall.

 Mit dem argentinischen Bass Lisandro Abadie war die Rolle des Isacio ebenfalls erstklassig besetzt. Er gab dem Herrscher von Zypern, der sogar seine Tochter opfern würde, um Costanza für sich zu gewinnen, stimmlich und darstellerisch Profil. Oronte, der Fürst von Syrien und Verlobte Pulcherias, wurde vom Countertenor Nicholas Tamagna gesungen, der mit seiner Arie „Dell’onor di giuste imprese“ das Publikum begeisterte. Der australische Bariton Andrew Finden füllte die Rolle von Costanzas Vetter Berardo gleichfalls stimmlich wie darstellerisch eloquent aus.

 Unter dem einfühlsamen Dirigat von Michael Hofstetter brillierten die „Deutschen Händel-Solisten“, ein Klangkörper von exzellenter Barockmusik-Erfahrung, mit facettenreicher Wiedergabe der Partitur, wobei die Bläser besonders herausstachen.  Zu erwähnen ist auch der Basso continuo (Cembalo: Thomas Leininger, der auch die Leitung der Rezitative innehatte).  

 Wie schon anfangs erwähnt, war der Premierenjubel des Publikums für alle Mitwirkenden berauschend. Viele Bravorufe gab es für den Darsteller der Titelrolle und für beide Sopranistinnen sowie für das Orchester und seinen Dirigenten – und schließlich verdientermaßen auch für das gesamte Regieteam, das diese nur wenig bekannte und selten aufgeführte Oper von Händel zu einem Gesamtkunstwerk gestaltete.

 Udo Pacolt

 PS: Für alle Fans von Barockopern ein Tipp: Wer die Händel-Festspiele in Karlsruhe heuer nicht besuchen kann, hat die Chance, „Riccardo Primo“ bei den nächstjährigen Händel-Festspielen zu sehen. Die Termine liegen bereits vor: 24., 26. und 28. Februar 2015.

 

 

 

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