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KAISERORTE DER OTTONEN IN DEUTSCHLANDS MITTE

KAISERORTE DER OTTONEN IN DEUTSCHLANDS MITTE – 26.8.2012

von Ursula Wiegand

Teil I – Magdeburg

Hoch ragen die Die Türme des Doms über die Elbe. Er ist das Wahrzeichen Magdeburgs, das sich neuerdings Otto-Stadt nennt. Aus gutem Grund, schenkte doch Otto I (912-973) diesen Ort als Morgengabe seiner ersten Frau, der englischen Prinzessin Edgith (Editha), die er 929 ehelichte.


Magdeburger Dom und Elbe. Foto: Ursula Wiegand

Das jetzige grandiose Gotteshaus ist ein Nachfolgebau und gleichzeitig Deutschlands erster gotischer Dom, errichtet nach dem Vorbild französischer Kathedralen. Den Hohen Chor stützen jedoch nach wie vor die Marmorsäulen, die Otto I, später Otto der Große genannt, für das erste Gotteshaus aus Italien importieren ließ. Auch die Fundamente des Doms, der sog. Südkirche, stammen weitgehend aus Ottonischer Zeit. Die Reste einer 90 Meter langen Nordkirche wurden vor wenigen Jahren unter dem Domplatz entdeckt.


Magdeburg, Dom, Sarkophag von Otto I. Foto: Ursula Wiegand

Otto bestimmte schon frühzeitig Magdeburgs Dom zu seiner Grablege. Der massiv-schlichte Sarkophag mit seinen Gebeinen steht vorne im Mittelschiff. Dass ein anderer, wenig beachteter Steinsarg die sterblichen Überreste Edithas birgt, wurde erst 2008 entdeckt und zur Sensation.


Magdeburg, Dom, Otto I und Editha. Foto: Ursula Wiegand

Noch mehr Interesse findet jedoch der Pavillon mitten im Dom, der zwei Skulpturen hütet. Für die meisten sind es Otto und Editha, für einige Forscher womöglich Christus und Ecclesia.


Magdeburger Reiter, Detail des Originals im Kunsthistorischen Museum. Foto: Ursula Wiegand

Auch in dem Magdeburger Reiter, einer Skulptur aus dem 13. Jahrhundert, wollen viele Otto den Großen erkennen. Der im Jahr 2000 vergoldete auf dem Alten Markt ist jedoch eine Replik. Das Original steht im Kunsthistorischen Museum Magdeburg, das nun die dritte Otto-Ausstellung seit 2001 präsentiert. Die diesjährige Landesausstellung geschieht jedoch aus besonderem Anlass, gilt es doch, Ottos 1.100 Geburtstag gebührend zu begehen. Auch seine Kaiserkrönung in Rom vor 1.050 Jahren wird thematisiert.

Bereits im Jahr 936 hatte sich Otto in Aachen zum König salben lassen. Der erste Sachse auf dem deutschen Thron sah sich wie Karl der Große in der Tradition der römischen Kaiser und legte so das Fundament für das Heilige Römische Reich deutscher Nation, das erst 1806 endete. „Otto der Große und das Römische Reich – Kaisertum von der Antike zum Mittelalter“ heißt daher die umfängliche Schau vom 27.08. – 09.12.2012.


Magdeburg, Kaiser Trajan am Eingang zur Ausstellung. Foto: Ursula Wiegand

Gezeigt werden rund 350 Exponate aus internationalen Museen und Bibliotheken, darunter hochkarätige Leihgaben aus dem Vatikan sowie aus Paris, Moskau, Wien und deutschen Städten. Gleich in der Eingangshalle begrüßt ein marmorner Kaiser Trajan aus dem Berliner Pergamonmuseum die Besucher, gefolgt von einigen Augustus-Büsten und zahlreichen weiteren antiken Schätzen. Die einstige römische Weltreich, das Vorbild Ottos des Großen, nun zu Gast in Magdeburg, das das dritte Rom werden sollte.


Magdeburg, Ausstellung, Kampfschwert Ottos d. Großen. Foto: Ursula Wiegand

Nachdenklich macht Ottos Kampfschwert, das er 955 bei der Schlacht auf dem Lechfeld gegen die hoch zu Ross heranstürmenden Ungarn schwang. Otto und die Seinen kämpften zu Fuß mit Lanzen und Schwertern. In seiner Not gelobte er, im Falle des Sieges ein Bistum in Merseburg zu gründen, was er 968 verwirklichte.

Ottos Sieg war von europaweiter Bedeutung, zumal sich sein Reich durch Besitztümer seiner zweiten Gattin Adelheid über die Schweiz bis nach Italien ausdehnte. Stets war er voller Tatendrang.


Magdeburg,  3. Kaisersiegel Ottos von 965-973 + Unterschrift. Foto: Ursula Wiegand

Zahlreiche Original-Schriftstücke mit seinem Siegel geben davon Kunde. Gezeichnet hat er mit einem Querstrich durch seine Namensinitialen. Erst mit rd. 30 Jahren lernte er lesen und schreiben.


Magdeburg, Ausstellung, Codex St. Gereon, 9. Jh. Köln. Foto: Ursula Wiegand

Exponate von unschätzbarem Wert sind auch das Gebetbuch Karls des Kahlen (846-869) und der Codex St. Gereon aus Köln (10. Jahrhundert) mit vier Medaillons, die den jugendlichen Otto III., seine Großmutter Adelheid – zweite Gemahlin von Otto I – sowie seine Mutter Theophanu (Gattin von Otto II) darstellen. Diese beiden Frauen lenkten nach 984 das Reich für den noch minderjährigen König.


Magdeburg, Otto-Adelheid-Evangeliar, um 1000. Foto: Ursula Wiegand

Ein ähnlicher Glanzpunkt ist das Otto-Adelheid-Evangeliar, geschrieben ums Jahr 1000 in Quedlinburg. Gemeint ist erneut Otto III, diesmal aber mit seiner Schwester Adelheid, Äbtissin im machtvollen Stift Quedlinburg, wo Heinrich I, Ottos des Großen Vater und Deutschlands erster Kaiser, seine letzte Ruhe fand.

Kaiserorte der Ottonen in Deutschlands Mitte, 26.08.2012

Teil II – Otto-Ausstellungen in den Korrespondenzstandorten

Von Ursula Wiegand

So bedeutsam Magdeburg für Otto den Großen war – seine Hauptstadt wurde es nicht. Er und seine Nachfolger waren „Reisekaiser“, die mit ihrem Gefolge von Pfalz zu Pfalz ritten und vor Ort regierten. Nun beteiligen sich die wichtigsten der früheren Kaiserpfalzen als Korrespondenzstandorte an Ottos Geburtstagsgala.


Quedlinburg, Stiftskirche, 1129 geweiht. Foto: Ursula Wiegand

So Quedlinburg, wo die Ottonen gerne das Osterfest feierten. Der Hoftag Ottos des Großen im Jahr 973 kurz vor seinem Tod wurde ein internationales Ereignis. Seit der Ernennung zum Weltkulturerbe in 1994 ist Quedlinburg mit der Servatiuskirche und mit rund 1.300 Fachwerkhäusern erneut ein Besuchermagnet und bietet bis zum 02.02.2013 sogar zwei Sonderausstellungen: „Der König kommt! – Hoch-Zeit in Quedlinburg“ sowie „Otto und die Liebe – kaiserliche Hoch-Zeiten in Quedlinburg“.

Im Mittelpunkt steht der Domschatz, der erst seit 1993 wieder zu sehen ist. 1945 hatte ihn ein US-Soldat per Feldpost in seine Heimat geschickt. Die ersten Stücke tauchten nach seinem Tod im Kunsthandel auf und wurden zurückgekauft. Weitere gab die Familie zurück.

Ein kostbarer Wandteppich zeigt tatsächlich ein Liebespaar, allerdings Merkur und die Philologie.


Quedlinburg, Kana-Krug, Alabaster, aus Jesu Zeiten. Foto: Ursula Wiegand

Noch besser zum Thema Liebe passt der kostbare Kana-Krug. „Den könnte Jesus benutzt haben, als er bei der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelte,“ sagt lächelnd Kustos Thomas Labusiak.

Wasser in den Wein von Ottos Vorhaben goss jedenfalls Bischof Bernhard von Halberstadt. Als mächtiger Oberhirte des schon von Karl dem Großen im Jahre 804 gegründeten Bistums stemmte er sich 11 Jahre lang gegen des Kaisers Pläne zur Schaffung des Erzbistums Magdeburg.


Halberstadts Dom von ferne. Foto: Ursula Wiegand

Erbost setzte ihn Otto 966 gefangen, doch Bernhard exkommunizierte ihn. Als Büßer kam der Kaiser nach Halberstadt und versprach, zu Bernhards Lebzeiten das Projekt ruhen zu lassen. Erst zwei Jahre später, nach Bernhard Tod, gründete er das Erzbistum Magdeburg.

Diesen Streit greift die Sonderausstellung auf. „In der Hoffnung auf ewigen Lohn. Otto der Große und das Bistum Halberstadt“ lautet ihr Titel. Sie endet am 09. Dezember, und nur bis dahin ist die Tumba zu sehen, die Bernhards Gebeine enthält.

Stets steht jedoch – außer Montag – der ungewöhnlich reichhaltige Domschatz offen.


Halberstadt, Domschatz, Armreliquiare von St. Nikolaus u. St. Stephanus. Foto: Ursula Wiegand

Von 650 Stücken werden rd. 350 gezeigt, darunter kostbarste Armreliquiare und Wandteppiche aus dem 12. Jahrhundert in noch immer leuchtenden Farben. Auf dem Abraham-Isaak-Teppich hält Abraham den Issak am Schopf, um den Knaben nach Gottes Geheiß zu opfern, was ein Engel verhindert.


Halberstadt, Domschatz, Jesus als Weltenrichter mit Engeln und Aposteln. Foto: Ursula Wiegand

Auf einem anderen Wandbehang thront Jesus als Weltenrichter, flankiert von den Erzengeln Gabriel und Michael sowie den Aposteln Petrus und Paulus. Mit großen Augen schaut er allen ins Herz.

Der Dom zu Halberstadt bietet noch eine weitere Besonderheit: Nach der Reformation blieben die Katholiken weiterhin Mitglieder im Domkapitel, auch feierten die Christen ab 1580 jedes Jahr gemeinsam ein Friedensfest. Halberstadt als Vorreiter der Ökumene!

In Gernrode verhält man sich ähnlich. „Nach der Reformation waren wir bei den Katholiken zu Gast, nun sind es die Katholiken bei uns,“ sagt Pfarrer Andreas Müller.


Gernrode, Stiftskirche St. Cyriakus, geweiht 963. Foto: Ursula Wiegand

Die 963 geweihte Stiftskirche St.Cyriakus stammt noch aus der Zeit Ottos des Großen, und das sieht man ihr dank der Rekonstruktion durch Ferdinand von Quast Mitte des 19. Jahrhunderts auch an. Mit Gernrode belohnte Otto seinen Mitstreiter Markgraf Gero, der 965 dort beigesetzt wurde. Überdies enthält St. Cyriakus die deutschlandweit älteste Nachbildung des Heiligen Grabes in Jerusalem.


Memleben, Klosterruinen. Foto: Ursula Wiegand

Auch Gero rief ein Frauenstift ins Leben, und genau so geschah es in der Kaiserpfalz Memleben, dem Sterbeort Ottos I und seines Vaters Heinrich I. Einige Bögen und Mauerreste des Klosters erinnern hier trotz blühender Blumen an die Vergänglichkeit, nur die Krypta blieb erhalten. Memleben ist somit der passende Ort für die einprägsame Ausstellung: „Wenn der Kaiser stirbt – Der Herrschertod im Mittelalter“ (bis 09. Dezember).

Damals betrachteten die Gläubigen das Sterben als Übergangsstadium. Künftiges Seelenheil war das Anliegen, auch das der Herrscher. Die gründeten Bistümer und Klöster. Nicht nur, um ihre Macht zu festigen. Dort sollte auch für sie gebetet werden.


Merseburg, der Dom über der Saale. Foto: Ursula Wiegand

Anders in Merseburg, wo Otto I mit der Bistumsgründung in 968 sein bereits erwähntes Gelübde einlöste. „Kaiser Otto der Große – Gründer des Bistums Merseburg“, nennt sich die bis 09.12. laufende Schau in Dom und Schloss. Hauptaufgabe war die Missionierung der Slawen östlich der Saale. Urkunden belegen die Schenkungen Ottos und seiner Nachfolger. Heutzutage ist die riesige Ladegast-Orgel, auf der schon Franz Liszt spielte, eine Attraktion.

Allerdings wurde das Bistum Merseburg schon 981 aufgelöst und 1004 durch Kaiser Heinrich II erneut gegründet. (Er und seine Gattin Kunigunde legten in 1012 auch den Grundstein des Doms zu Bamberg und pendelten zwischen beiden Orten.)

Im Klosterhof grübelt ein bronzener Thietmar von Merseburg (975-1018), ab 1009 Bischof der Domstadt, über einem Buch. Vielleicht eines seiner achtbändigen Chronik, die die Jahre 908-1018 umfasst. Neben der Sachsengeschichte des Widukind von Corvey ist Thietmars Chronik die wichtigste historische Quelle aus jener Zeit. Den Geburtsort Ottos, der am 23. November 912 das Licht der Welt erblickte, nennt jedoch keiner von beiden.


Wallhausen, das sanierte Renaissanceschloss. Foto: Ursula Wiegand

Vermutlich war es Wallhausen. Dort hatten Ottos Eltern – Heinrich I. und Mathilde – 909 geheiratet. Wallhausen war auch Mathildes Morgengabe und besaß bei den Ottonen einen hohen Stellenwert. Otto I stellte hier 12 Urkunden aus und hielt sich oft dort auf. Seine Pfalz befand sich wahrscheinlich an der Stelle des jetzigen Renaissanceschlosses.

Den völlig maroden Bau hat 2005 der Schweizer Galerist Dr. Helmut Meier „Hals über Kopf“ ersteigert und ihn mit „Geld, Enthusiasmus, Kraft und Fantasie“ in ein feines Schloss-Hotel und ein Zentrum für bildende Kunst verwandelt. (Tel. 0049-34656-20239 und www.schlosswallhausen.de

Meier ist überzeugt davon, dass Otto hier geboren ist und kommt fast ins Schwärmen. „Otto war nicht nur ein großer Krieger, sondern auch ein geschickter Diplomat und hat das damalige Europa geeint,“ betont er. Für den Schweizer ist Otto der erste Europäer.

Die Ausstellung „Wallhausen – Geburtsort Ottos des Großen“ (bis 09.12.) widmet sich dem Aufstieg der Ottonen, ihrem Herrschaftsalltag und der damaligen Festkultur. Die wichtige Rolle der Klöster für Otto zeigen zwei aus Originalurkunden aus der Schweiz zugunsten des Klosters Einsiedeln.

Weitere Infos zu allen Ausstellungen und Veranstaltungen unter www.otto2012.de

 

 

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