Großer Erfolg in Innsbruck: „Les pêcheurs de perles“ von Georges Bizet (Vorstellung: 22. 6. 2013)
In der Innsbrucker Inszenierung kommt das Liebespaar Leila (Christine Buffle) und Nadir (Eric Laporte) in den Flammen um (Foto: Rupert Larl)
Das Tiroler Landestheater in Innsbruck, das bereits seit einigen Jahren mit exzellenten Opernproduktionen aufwartet, feierte mit der eher selten aufgeführten Bizet-Oper „Les pêcheurs de perles“ („Die Perlenfischer“) einen großen Erfolg. Das atmosphärisch dichte Werk, 1863 in Paris uraufgeführt, dessen Text von Eugène Cormon und Michel Carré stammt, wird in Innsbruck in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln gezeigt.
Die Handlung spielt auf der Insel Ceylon, wo Fischer die Dämonen des Meeres beschwören, um sie für die Zeit, in der nach Perlen getaucht wird, gnädig zu stimmen. Zu ihrer Unterstützung soll eine Priesterin Tag und Nacht im Tempel verschleiert beten und jeglicher Liebe zu einem Mann entsagen, andernfalls drohe ihr der Tod. Sowohl der Perlenfischer Nadir wie auch sein Freund Zurga, der Anführer der Perlenfischer, erkennen in der Priesterin ihre Jungendliebe Leila wieder. Um ihre Freundschaft nicht aufs Spiel zu setzen, leisteten damals die Männer den Schwur, ihrer Liebe zu entsagen. – Als Nadir Leila im Tempel überrascht, besingen sie ihre Liebe, werden aber von Nourabad, dem Oberpriester, und den Wachen gestellt. Man verurteilt beide zum Tode. – Leila bittet Zurga vergeblich um Gnade für Nadir. Erst als Zurga bei ihr die Halskette erkennt, die sie von einem Fremden geschenkt bekam, weil sie ihn vor Verfolgern im Haus ihres Vaters verbarg, weiß er, dass er in ihrer Schuld steht und plant ihre Rettung. Als die beiden zum Richtplatz geführt werden, legt Zurga ein Feuer. Die Fischer laufen davon, um ihr Hab und Gut zu retten – und Leila und Nadir gelingt die Flucht. Zurga bleibt allein zurück.
Urs Häberli änderte in seiner packenden Inszenierung allerdings den Schluss der Oper: Leila und Nadir gelingt die Flucht nicht, eng umschlungen kommen sie in den Flammen um. Der Regisseur vermied es auch, eine Südsee-Idylle auf die Bühne zu zaubern, vielmehr wies er das Publikum auf die mehr als problematischen Arbeitsbedingungen hin, die in vielen „Tourismus-Ländern“ herrschen.
Bühnenbildner Thomas Dörfler stellte ein dreistöckiges trapezförmiges Gebäude auf die Bühne, in dem unter denkbar schlechten Bedingungen Arbeiter Kleidungsstücke für den westlichen Markt herstellen. Unwillkürlich fällt einem der katastrophale Brand einer Fabrik in Bangladesch ein, der vor etwa zwei Monaten mehr als 900 Todesopfer gefordert haben soll. Am ehesten stellten die von Michael D. Zimmermann entworfenen Kostüme das Flair einer Südsee-Insel her, die sich an orientalischen Gewändern orientierten.
Für die musikalisch hohe Qualität der Aufführung sorgte neben dem hervorragenden Sängerensemble das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter der Leitung von Raoul Grüneis, das die stimmungsvolle, oft beschwingt anmutende Partitur des Komponisten exzellent wiedergab und vom Publikum sogar mit Szenenbeifall belohnt wurde.
Die in Exeter geborene Sopranistin Christine Buffle, die ihr Gesangsstudium in Genf absolvierte, bot als Priesterin Leila eine eindrucksvolle Leistung. Sie verstand es, alle ihre Gefühle – Liebe, Zorn, Angst – mit ihrer wandlungsfähigen Stimme wunderbar auszudrücken. Bravourös vorgetragen die Kavatine der Leila „Comme autre fois“. Auch sie wurde immer wieder mit starkem Szenenapplaus und vielen Bravorufen bedacht. Stimmlichen Glanz verbreitete auch der kanadische Tenor Eric Laporte als Perlenfischer Nadir mit kräftiger, lyrischer Stimme – und das nicht nur im berühmten Duett mit Zurga („Au fond du temple saint“). Auch seine gefühlvoll gesungene Romanze „Je crois entendre encore“ begeisterte das Publikum.
Ihm ebenbürtig der deutsche Bariton Bernd Valentin als Zurga, dessen kräftig und sicher geführte Stimme ideal zur Rolle des Anführers der Perlenfischer passte. Auch schauspielerisch hatte er starke Szenen. Der deutsche Bassbariton Marc Kugel konnte der „Nebenrolle“ des Oberpriesters Nourabad Profil verleihen.
Stimmgewaltig agierte der Chor und Extrachor des Tiroler Landestheaters (Einstudierung: Michel Roberge), der Ceylons Volk darzustellen hatte und dem gleich zu Beginn der Oper bei der Beschwörung der Dämonen eine wichtige Rolle zufiel.
Das begeisterte Publikum im fast ausverkauften Tiroler Landestheater sparte nicht mit Szenenbeifall und applaudierte am Schluss allen Mitwirkenden mit selten erlebter Ausdauer!
Udo Pacolt, Wien
PS: Ein Hinweis für alle Liebhaber der Musik von Georges Bizet: Die Produktion der „Perlenfischer“ wird in der nächsten Saison ab 11. Oktober 2013 wieder aufgenommen.