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HILDESHEIM/ Theater für Niedersachsen: GEORGE von Elena Kats-Chernin (UA)

07.10.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Hildesheim/ Theater für Niedersachsen (Gastspiel in Wolfenbüttel) Uraufführung: Kats-Chernin GEORGE  am 5.10.14

 Peinlicher kann eine als Jubiläums-Auftrags-Komposition gedachte Uraufführung nicht werden.

Der hannoveranische englische König Geoge II. ist Jubilar und ihm zu Ehren kam man auf die an sich geschickte Idee am Theater für Niedersachsen Hildesheim, eine Uraufführung zu planen. Wie man im Programmheft ernüchternd erfahren muss, war die Suche nach dem Librettisten wohl eine rein zufällige. Axel Ranisch heißt der, und war zum Zeitpunkt seiner Erwählung Bademeister, wie er selbstironisch schreibt. Seine billigen, verkrampft an veraltetem Jugendslang sich beißenden Reime taugen allenfalls zu einer Weihnachtsveranstaltung, aber nicht zu einem Libretto einer Jubiläumsproduktion. Zudem fehlt es gänzlich an Dramaturgie und Erzählkraft.

Ähnlich aleatorisch kam man dann auch wohl zu Elena Kats-Chernin als Komponistin, die wie ihre Vita verrät, bei Helmut Lachenmann vielleicht mal zugehört haben mag, aber ein Verständnis für zeitgenössischeMusik, oder aber auch eine Begabung für eine eigene Klangsprache fehlt ihr gänzlich. Ihre Musik hangelt sich vom schlechten Musicalsound zu trögem Pseudobarock, weil die Geschichte GEORGE auch und vor allem aus dem Leben Georg Friedrich Händels erzählen soll. Platt, unvermittelt, beim Komponieren anscheinend nicht der deutschen Sprachmelodie mächtig, und zusammenhangslos klingt ihr Werk, sodass man glaubt,  Zeuge einer selbstgezimmerten Schulaufführung zu sein, wobei eine solche allerdings einen weit größeren Charme hat, weil das Niveau des Angestrebtem mit dem Erreichtem eher übereinstimmt.

 So tun einem wahrlich die Mitwirkenden leid.

Weniger GMD Werner Seitzer, der diesen künstlerischen Faux Pas mitzuverantworten hat. Seine schmalköpfige Festivalorchestergruppe, die sich Hofkapelle nennt und souverän spielt,  führt er dabei sicher durch die scheinbarocken Endloskurven.

 Eine tolle Entdeckung gibt es immerhin zu machen: Eleanor Lyons, eine Koloratursopranistin mit einem phänomenalen raumfassenden Klang und mit einer ausserordentlichen Stimmschönheit. Die Australierin wurde in Russland ausgebildet. Sicher wird es nicht lange dauern, bis sie in großen Repertoirerollen an großen Bühnen zu erleben ist. In diese Aufführung ist sie wie im falschen Film.

 Traurig mitzuerleben, wie der einst grandiose Jochen Kowalski als King George mit den Resten seiner Stimme hausieren gehen muss. Ein großer Künstler, hier verdammt, Stroh zu Gold zu spinnen, was ihm leider nicht gelingt.

Schauspieler Heiko Pinkowski gibt Händel handfest pragmatisch, ohne dem Text eine Vielschichtigkeit zu entlocken. Denis Lakey als zweiter Countertenor versucht intensiv, warme Gefühle des in der Stimm-Krise sich befindlichen Kastraten Sino auszudrücken. Die Ensemblekräfte Levente György (Bass) und Uwe Tobias Hieronimi (Bariton) mühen sich solide, ihre schwachen Rollen nicht untergehen zu lassen. Auch der Auftritt der Sängerinnen Jasmin Hörner (Alt) und Christina Baader (Sopran) ist sinn- und humorlos, aber sie singen professionell.

 Der Jugendchor des TfN wird mit größeren Solorollen bedacht, die die Betreffenden achtbar meistern.

Szenisch jedoch kippt die Regie von Axel Ranisch unfreiwillig ins Amateurtheater und stellt so auch gerade die jungen Akteure bloß.

 Eine wirklich rabenschwarze Produktion ohne Tiefgang und Niveau. Die Angehörigen feiern sie trotzdem. Der Rezensent erinnert sich kaum an ähnlich eklatante Ausfälle.

 Damian Kern

 

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