Heidelberg: ECHNATON von Philip Glass – 6.6.2014
Tanzkompagnie, Echnaton, c: Florian Merdes
Das Theater Heidelberg wartet mit einer Dreispartenproduktion ‚Echnaton‘ von Philip Glass auf. Es wird die Herrschaft des neuen ägyptischen Königs Echnaton und seiner Frau Nofretee beleuchtet. Sie verkünden einen neuen radikalen Glauben an den Gott Aton, und die Herrschaft der Amun-Priester wird niedergeworfen. Ein Chronist hatte davor aus den aus ‚Pyramiden‘-Texten des Alten Reiches zitiert. Jetzt liest er ein wie ein Gebet erscheinendes Liebesgedicht, in dem sich Echnaton und Nofretete ewige Liebe schwören. Dominik Breuer ist ein Schauspieler und rezitiert in fast singendem Ton auf englisch. Im 17. Herrschaftsjahr Echnatons rebelliert das Volk, zu dem die Königsfamilie offenbar den Kontakt verloren hat. Die Rezitation aus den „Armanabriefen“ zeugen vom Unmut der Untertanen und und vom Zerfall des Reiches. Der Sprecher kommentiert endlich den Sturz des Echnaton und legt Zeugnis über die Restaurierung der Amuntempel ab, deren Ruinen ihre einstige Pracht belegen.
Diesen eher meditativen Episoden stehen die getanzten Teile des Volkes in der Chorographie der Regisseurin Nanine Linning gegenüber. Dazu gesellt sich noch der Chor, der 2 größere Parts zu bewältigen hat, die sich auch dramatisch in Beziehung zu den Tänzen entwickeln. Die Musik Glass‘ ist wie immer repetitiv aufgebaut und teils eher langsam und lamentierend, kann aber auch in bewegtere Passagen umschlagen, wobei im Harmonischen Dur-Moll-Tonalität nicht verlassen wird. Dirigent Dietger Holm hält die Kollektive (Orchester, Sänger, Tänzer) gut zusammen und trägt mit zu großer Bewegung und Spannung aus dem Graben bei. Die Chorpassagen sind von Anna Töller einstudiert.
Die Tanzbewegungen erreichen hohen körperbetonten Ausdruck, die sich z.T. aggressiv steigern kann. Es werden aber auch Situationen paar- oder gruppenweise individierter dargestellt. Die Kostüme sind bei den Solisten (Georg Meyer-Wiel) von der ägyptischen Pharaonenzeit inspiriert, während das Bühnenbild auch mit Schwerter- und vergrößerten Hände-Spiegelungen der Choristen/Tänzer arbeitet sowie mit von der Decke fallenden Häuser-„Gerippen“ aus Draht, die von Protagonisten zerstört bzw. zusammmengesetzt werden.
Der Echnaton wird von Artem Krutko sehr eindringlich mit äußerst farbig plaziertem Timbre eines Countertenors gesungen. Die Nofretete der Amelie Saadia wirft ihren exzentrisch stimmstarken Sopran in die Waagschale. Als (alte) Königin Teje russiert Irida Herri, den Amunpriester gibt der Tenor Winfrid Mikus. DieSolisten werden von Zachary Wilson und Michael Zahn komplettiert.
Friedeon Rosén