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HEIDELBERG: LA TRAVIATA

19.10.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Heidelberg: LA TRAVIATA am  18.10. 2014

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Rinnat Moriah . (c) Annemone Taake

Als 1. Saison-Premiere bringt das Theater Heidelberg La traviata‘ von Verdi heraus. Die Inszenierung und die musikalische Ausführung vermögen es letzten Endes, einen nicht kalt zu lassen. Dirigent Lahav Shani garantiert mit den Heidelberger Philharmonikern eine immer eindringlich leidenschaftliche Lesart der Partitur und bei den Arien, Cavatinen und Cabaletten eine fein ausgehörte gefühlvolle Begleitung. Sehr rein und ätherisch ist das Violinspiel in der hohen Lage bei den Introduktionen 1. und 3.Akt. Eine runde Leistung, die sich der junge israelische Dirigent bei seinem Heidelberg-Debut zu einem großen Teil zuschreiben kann.

In der Inszenierung von Eva-Maria Höckmayr scheint sich die Szene bei der Pariser Gesellschaft zuerst zu einem intimen Kammerspiel zu reduzieren, wobei die Regisseurin auch mit markanten Ideen aufwartet. Auch bei der Konzentration auf das Liebespaar zeigt Höckmayr ein animiertes Spiel, etwa beim Ablegen der großen roten Robe seitens Violetta, die sie als ‚Befreiung‘ inszeniert. Überhaupt spielt Rinnat Moriah die Krankheit und Hinfälligkeit der Edelkurtisane in einer bis dato nie gesehenen Vehemenz aus,  Alfredo aber lässt sich in seinen draufgängerischen Liebesbeteuerungen gar nicht entkurraschieren. Beim Auftritt Germonts, der diesem eher steif gelingt, wird im Hintergrund die Familie des Vaters Germont mit den 2 Kindern an einem Tisch sichtbar, und auch Violetta sitzt plötzlich in ihrer roten Robe neben dem kleinen Alfredo. Die Regie spielt auch anderweitig mit Personenverdoppelung und setzt hier einmal nicht auf die Drehbühne, wenn ‚Träume‘ abfahren, sondern auf versetzte Hebebühnen (Bb.und Kostüme: Julia Rösler) mit verblüffenden Effekten, indem bestimmte Personenkonstellationen oder die beim Fest der Flora Bervoix zum Teil maskierte ‚verrucht‘ gekleidete Partygesellschaft auf- und abfährt.

In den Nebenrollen bei der Pariser Gesellschaft und der Freunde Violettas singen in Kurzrollen Michael Zahn, David Otto, Zachary Wilson, Sang-Hoon Lee und Irida Herri, die zu einer guten Ensembleleistung beitragen. Flora erscheint auf dem Ball in einer blauen Robe und wird von Amelie Saadia mit etwas herbem Mezzo gesungen. Der Giorgio des Ipca Ramanovic kann trotz weißer Haare seine Jugendlichkeit nicht verbergen und bringt die Emphase des das Familienglück beschwörenden Vaters nicht so ganz herüber. Stimmlich ist er rollendeckend, wenn auch seine Höhe noch nicht so fokussiert erscheint. Den Alfredo gibt mit einem ganz lyrisch- schmeichlerischem, höhensicheren Tenor Jesus Garcia, der fast im Stil eines Rolando Villazon als Latin Lover herüberkommt.

Seine Violetta ist die gefühlsintensive Rinnat Moriah, die sich mit  etwas begrenzten Sopranmitteln in der 1.Hälfte noch zurückhält, dann aber grandios aussingt und -spielt. Es gelingt ihr dabei, zusätzlich stimmliche Valleurs hervorzuzaubern, die man von dieser  Stimme gar nicht erwartet hätte. Am Schluss schreitet sie in entrückter Verklärung von der Bühne ab.                                                                                                          

Friedeon Rosén

 

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