
Slapstik um die Badewanne, Rossini geht baden
Opernhaus Graz
Gioachino Rossini “DER BARBIER VON SEVILLA”
Premiere 22. Oktober 2015
Achtung, humorlose Zone
Die lustigsten Szenen dieses Abends zuerst: Almaviva bumst während der Singprobe Rosina von hinten. Und dann wird es lustig, wenn er den Zipp vom Hosentürl nicht und nicht hochkriegt. Vorher war er, der verliebte Graf, schon tief unter ihren Röcken verschwunden, um ihr vermutlich die richtige Zungenstellung beim Singen zu zeigen.
Das ist aber noch nicht alles, die flexible Rosina setzt einen drauf oder besser sich selbst auf den Grafen und bumst drauflos, einen orgasmischen Jodler loslassend.
Ansonsten war man den ganzen Abend von der Gefahr, von einem heiteren oder originellen Einfallsblitz des Regisseurs getroffen zu werden, weit entfernt. Axel Köhler, Intendant in Halle, von dort offensichtlich so unabkömmlich, dass er auch an der Mur sein Wesen treiben darf, ist dafür verantwortlich, die alte Weisheit zu bestätigen, dass Humor auf der Opernbühne ein schwieriges Handwerk ist.
Dabei helfen ihm Okarina Peter und Timo Dentler mit skurillen Ideen beim Bühnenbild und bei den Kostümen, wobei sich auch hier bestätigt, dass solche Ideen nur im Rahmen einer originellen Regie ihren Zweck erfüllen können, in einer ideenlosen Inszene jedoch zu einem Selbstzweck verkommen.
Wie heißt es in einem Bonmot des tschechischen Künstlers Miroslav Tichy: “Wenn Du berühmt werden willst, mußt Du etwas so schlecht machen wie kein anderer” Die genannten Herrschaften sind also am besten Weg dorthin!

Rosina geht bumsen, das ist kurz davor, sie setzt sich schon noch ganz auf den armen Grafen
Natürlich hatte die Aufführung eine Menge herbeiapplaudierten Erfolg, immerhin sorgte der Name des Stücks und der Komponist für genügend Erwartungshaltung um zu suggerieren, dass eine der besten Komödien der Opernbühne so und nicht anders zu spielen wäre, als müsse es schon ein Erfolg sein, wenn das in grellbunten Bildern und ebensolchen Kostümen vorgeführte Stück mit dümmlichen Klamauk über die Bühne geht. Opera buffa war einmal, Opernstadl regiert.
Neben der immerhin bemühten, vom Rossinischen Feuer und Esprit aber noch sehr weit entfernten musikalischen Wiedergabe der Grazer Philharmoniker durch Robin Engelen ist immerhin der gute, im Laufe des Abends sich ausgezeichnet einsingende Spieltenor Tansel Akzeybeks hervorzuheben. Ein Hinweis in seiner Vita vermerkt, dass er sogar als der erste türkischstämmige Sänger in Bayreuth aufgetreten ist. Auch seine Rosina, das aus Barcelona gebürtige Ensemblemitglied der Grazer Oper Anna Brull setzt ihren, in der Tiefe noch etwas zu wenig hörbaren Mezzo mit Erfolg für Rossini ein.
Isaac Galán als Figaro, nach einem etwas nervösen Start mit Höhenschwächen und manchem Distonieren und wird noch zu seiner Form finden müssen, um dieses Stück auch zu dominieren. Das Ensemble ergänzen: Wilfried Zelinka als Bartolo, dem das zungenbrecherische im Parlandoteil seiner Arie fast schon gelang, Peter Kellner als Basilio, dem noch mehr vom Donner der Kanonen zuwachsen müßte und Sofia Mara aus Montevideo, die den anderen zeigte was man aus der winzigen Rolle der Berta machen kann. Und der polnische Bariton Dariusz Perczak zeigte als Offizier in seinem Miniauftrtt, was er stimmlich schon draufhat.
Allen sei bescheinigt und gedankt für den Einsatz und für ihren Versuch, ihren ansonsten dankbaren Rollen in dieser unsäglichen Regie Leben einzuhauchen.
Fazit: Die in der Wiener Staatsoper schon bald ein halbes Jahrhundert laufende Inszenierung dieser Oper von Günther Rennert habe ich nach diesem Premierenabend in Graz wieder lieben gelernt.
Peter Skorepa
MERKEROnlineFotos: Werner Kmetitsch/Oper Graz