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GERA: FRAU LUNA – Berliner Operette in Gera

30.06.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Berliner Operette in Gera: „Frau Luna“ von Paul Lincke (Vorstellung: 30. 6. 2012)


Als Frau Luna  schwebte Franziska Rauch durch die Lüfte (Foto: Stephan  Walzl)

Im Großen Haus der Bühnen der Stadt Gera wird seit Oktober 2011 mit großem Erfolg die klassische Berliner Operette „Frau Luna“ von Paul Lincke gespielt, deren Uraufführung am 1. Mai 1899 im Apollo-Theater von Berlin war. In den meisten Operettenführern wird dieser Tag auch als die Geburtsstunde der „Berliner Operette“ bezeichnet und Paul Lincke (1866 – 1946) als ihr Begründer.

Der Inhalt des Werks, dessen Libretto von Heinz Bolten-Baeckers stammt – die textliche Neufassung schuf Otto Schneidereit –, in Kurzfassung: Der junge Mechaniker Fritz Steppke träumt vom Fliegen, am liebsten im Luftschiff des Grafen Zeppelin. Niemand ist von seinen Phantasieträumen begeistert. Vor allem nicht seine Verlobte Marie, die ihn mit allen Mitteln zurückzuhalten versucht: „Schlösser, die im Mond liegen, bringen Kummer, lieber Schatz.“ Noch heftiger reagiert seine Zimmerwirtin Frau Pusebach, Maries Tante. Als er nach neuesten Erfolgsmeldungen des Grafen Zeppelin im Übermut seinen Meister provoziert und entlassen wird, kündigt sie ihm sein Zimmer. Nun ist Fritz arbeits- und obdachlos. Als er erschöpft einschläft, träumt er von einem Flug auf den Mond, zu dem ihn seine Freunde Pannecke und Lämmermeier begleiten, aber auch Frau Pusebach, die im Mondpolizisten Theophil ihr früheres Verhältnis aus dem Tiergarten erkennt. Von ihr zur Rede gestellt, lässt er die Berliner Gruppe verhaften. Die Berliner verlangen, sofort den Chef zu sprechen. Zu ihrer Überraschung entpuppt sich der Mann im Mond als Frau Luna. Sie ist die Herrscherin des Mondes und heißt sie als erste Menschen auf dem Mond willkommen. – Frau Luna präsentiert dem Firmament die irdischen Gäste und lädt sie ein, auf dem Mond zu bleiben, ist sie doch besonders an Fritz Steppke interessiert. Prinz Sternschnuppe, Lunas abgewiesener Verehrer, droht den Menschen den baldigen Weltuntergang an, wenn sie nicht sofort verschwinden. Als die Annäherungsverhältnisse Frau Lunas immer heftiger werden, wird aus Fritzens Traum ein Albtraum, aus dem er unsanft erwacht. Steppke berichtet Marie von seinen Erlebnissen auf dem Mond und fasst den Entschluss, sich bei seinem Meister zu entschuldigen. Marie jedoch hatte bereits vor längerer Zeit an den Grafen Zeppelin geschrieben und Fritz als Mitarbeiter empfohlen. Ein Brief von Graf Zeppelin wendet alles zum Guten: Fritz wird eingeladen, sich bei ihm vorzustellen. Einige Wochen später hat sich Steppkes Traum erfüllt: er ist Luftschiffer beim Grafen Zeppelin und heiratet seine Marie.


Schmissige Tanzszenen sorgten für eine typische Berliner Atmosphäre (Foto: Stephan Walzl)

Steffen Piontek inszenierte das Werk, das als Paradebeispiel für die „Berliner Operette“ gilt, sehr realistisch, wobei er es mit typischem Berliner Humor und schmissigen Tanzszenen (köstlich das Glühwürmchen-Ballett!), die von Winfried Schneider einfallsreich choreographiert wurden, würzte. Für die authentische Bühnen- und Kostümgestaltung zeichnete Mike Hahne verantwortlich. Ihm gelangen wunderbare „Mondbilder“ als Kontrast zu den Postkartenmotiven Berlins.

Als Mechaniker Steppke bot der sympathisch wirkende Bariton Michael Seeboth eine solide Leistung. Man nahm ihm seine Träume ab und gönnte ihm sein Glück mit Marie, die von der reizenden Sopranistin Paula Rummel gespielt wurde. In der Titelrolle konnte die hübsche Sopranistin Franziska Rauch als Herrscherin des Mondes optische Akzente setzen. Herrliche Berliner Typen zeichneten Rosemarie Dittmann-Bennert als Zimmerwirtin Mathilde Pusebach und Günter Matthes als Portier Wilhelm Pannecke, die beide in vielen Szenen für Lachsalven sorgten. Eine gleichfalls komödiantische Meisterleistung bot der großgewachsene Tenor Günter Markwarth als Theophil Finke, der sowohl als Schutzmann wie auch als Mondpolizist urkomisch agierte, ohne in Klamauk zu verfallen. Nicht minder komisch der Bass Teruhiko Komori als Schneider August Lämmermeier, der sehr wortdeutlich sang, und der Tenor Bernardo Kim als Prinz Sternschnuppe, der mit eigenwilligen Schrittkombination das Publikum zum Schmunzeln brachte.

Die teils sehr bekannten Melodien des Komponisten, die zu Berliner Gassenhauer wurden, wie beispielsweise „Das macht die Berliner Luft, Luft, Luft, so mit ihrem holden Duft, Duft, Duft“, „Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe, Liebe, sei doch nicht so schlecht zu mir! Fühlst du nicht die innig süßen Triebe, Triebe, wie mein Herz verlangt nach dir?“ oder „Lose munt’re Lieder singt man voller Lust! Bunte, duft’ge Blumen steckt man an die Brust! Gute, würz’ge Flaschen leert man bis zum Grund! Holde, ros’ge Frauen küsst man auf den Mund!“, wurden vom Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera unter der Leitung von Thomas Wicklein mitreißend flott wiedergegeben.

Das begeisterte Publikum im ausverkauften Haus, das schon während der Vorstellung nicht mit Szenenbeifall geizte, kam immer besser in Stimmung und feierte am Schluss alle Mitwirkenden minutenlang mit rhythmischem Applaus. Kein Wunder, dass diese erfolgreiche Produktion bereits am 28. September 2012 wieder in den Spielplan aufgenommen wird.

Udo Pacolt, Wien – München

 

 

 

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