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FRANKFURT: TIEFLAND. Wiederaufnahme

31.05.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Frankfurt: „TIEFLAND“ WA-31.05.2014

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Brigitte Pinter, Simon Neal. Foto: Wolfgang Runkel

Auf die scheinbar unwiderruflich letzte WA „Tiefland“ (Eugen D´Albert) in der Oper Frankfurt durfte man sich längst freuen, denn diese sehenswerte Inszenierung lässt den Protagonisten viel individuellen Spielraum zur Rollengestaltung.  Anselm Weber vermied Überzeichnungen der Personenführung und produzierte ein modernes, spannendes Psychodrama. Dazu wählte Hermann Feuchter eine stimmige, authentische Bühnenatmosphäre und Bettina Walter rundete mit  kleidsamen Kostümen die schöne Optik bestens ab.

 Schlagen dem naiven Naturburschen Pedro im Tiefland regelrecht Wellen von Bosheit, Spott, Neid entgegen, wandelt sich der Gekränkte  zum Rächer, Duellmörder und letztlich zum verständnisvollen Liebenden. Alle diese Facetten der menschlichen Tragödie setzte Johan Botha darstellerisch hervorragend um und vermittelte zudem noch eine vokale, glanzvolle Sternstunde. Botha hüllt den Pedro in betörend warmherzigen Schönklang, führt seine exzellent geführte Stimme ausdrucksstark,  farbenreich in die hohen Regionen seines in allen Lagen ansprechenden Tenormaterials. Zudem rundete der gefeierte Sänger das vokale Gesamtbild mit enormer Klangfülle der Mittellage sowie einer beeindruckenden Diktion ab. Trefflich nuanciert, leidenschaftlich, spannungsvoll  in höchster Musikalität erklang die Wolfserzählung. Eine derart kultivierte Tenorstimme erlebt man hier am Hause höchst selten, entsprechend war auch die finale überschwängliche Begeisterung des Publikums.

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Brigitte Pinter, Johan Botha. Foto: Wolfgang Runkel

Ihm zur Seite  eine Marta von großem Format Brigitte Pinter, diese relativ junge Sängerin formulierte in ausgezeichneter Darstellung und berührender Charakterisierung die vom Schicksal hart getroffenen Frau. Ihre Mezzo-Dispostion hört man der Sopranistin nach wie vor an, in schöner Färbung der Mitteltöne gelangen ihr ebenso die oberen Bereiche in bester Manier. Mit kraftvollen zuweilen leisen Tönen bewältigt Pinter die musikalischen Tücken ihrer Partie, breitete  erschütternd das ganze seelische Elend aus, erinnert an ihre unglückliche Kindheit, die sie nie hat echte Liebe erleben lassen, dafür mehr Brutalität welcher sie bis dato nicht entrinnen konnte.

 Den  Sebastiano zeichnete Simon Neal in besonders wandlungsfähiger  Spielfreude, vokal bringt der gebürtige Engländer einen sehr klangschönen, herrlich timbrierten Bariton mit in die Partie ein, welchen diesen Machtbesessenen weniger gefährlich und mehr mit emotionalen Gefühlen erscheinen ließ. Hell im Timbre, ausgezeichnet in der Stimmführung mit glockenhellem Sopran schenkte Britta Stallmeister der Nuri auch darstellerisch treffliche naive Züge. Sonor in besten Basstönen verlieh Magnus Baldvinsson dem Tommaso würdevolle Resonanz. Ebenso stimmschön, jedoch mit weniger Volumen glänzten Peter Mash (Nando) und Dietrich Volle (Moruccio) in ihren Rollen. Entgegen ihrem keifenden Rollen-Charakterbild  erklangen die Stimmen von Nina Tarandek (Antonia), Karen Vuong (Pepa), Katharina Magiera (Rosalia) wunderschön ausgewogen. Sicher und präzise in bester Artikulation fügte sich der Chor der Oper Frankfurt (Markus Ehmann) ins dramatische Geschehen.

 In stupender Intonationssicherheit erklang bereits im Vorspiel die Solo-Klarinette (Stephan Oberle), das Frankfurter Opern- und Museumsorchester zeigte sich in schwelgerischer, stimmungsvoller Musizierfreude, spielte mit Sinn für Nuancen unter der vortrefflichen Stabführung von GMD Sebastian Weigle. Der versierte Dirigent vermied dabei jede Form von Plakativität oder Sentiment dieser höchst romantisch-veristischen Partitur, sondern vermittelte in dramatischen Zuspitzungen, Fortewellen dynamischen Formats und berauschender Klangfülle – jedoch stets mit wachsamem Auge auf das Bühnengeschehen.

Das Publikum feierte alle Beteiligten dieser glanzvollen Aufführung mit Euphorie. Befremdlich nur wie schon öfters erlebt, senkt sich der Vorhang nach dem zweiten Durchgang und beendet abrupt in schroff anmutender Endgültigkeit die Begeisterung der Zuschauer.

Gerhard Hoffmann

 

 

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