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FRANKFURT: EZIO von Chr. W. Gluck. Premiere

11.11.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Frankfurt: Ezio/C.W.Gluck  Premiere am 10.11.2013

 
Max Emanuel Cencic, Sofia Fomina, Foto: Barbara Aumüller

 Mit ‚Ezio‘ von Christoph Willibald Gluck hat an der Frankfurter Oper eine Ausgrabung Premiere, bei der es sich um eine frühe Oper des späteren Reformers und Schöpfers einiger Repertoire-gängiger Werke handelt. Es geht hier um ein auf ein Libretto des großen Barockdichters Pietro Metastasio verfasstes Dramma in musica, das 1750 in Prag seine Uraufführung erlebte. Natürlich war der Ezio (Aethius)-Stoff eine große Barocknummer, und auch Händel schrieb eine Oper auf dieses Sujet. Ezio kehrt nach siegreicher Schlacht gegen die Hunnen Attilas nach Rom zurück, und Kaiser Valentinian eröffnet ihm, daß er sich mit seiner Geliebten Fulvia vermählen will und bietet ihm seine Schwester Onoria als Gattin an. Gleichzeitig plant der Vertraute des Kaisers, Massimo, einen Anschlag auf denselben, da er seine Frau vergewaltigt hatte. Das Attentat auf den Kaiser schlägt aber fehl. Ezio, der zu seiner Liebe steht und Onoria ausgeschlagen hat, gerät in Verdacht und wird verhaftet. Auf Bitten Fulvias und Onorias läßt Valentiniano den Feldherrn wieder frei, ordnet aber seine heimliche Ermordung durch Varo an. Da inzwischen der beauftragte Kaisermörder seinen Mordanschlag gestanden hat, lenkt Onoria den Verdacht auf Massimo, worauf dieser aufsteht, um den Kaiser selber zu erstechen. Da taucht der lebende, von Varo nicht getötete Ezio auf und verhindert die Ermordung des Kaisers, der daraufhin ihn und sogar Massimo begnadigt.

Er verzichtet auf Fulvia  und bleibt in diesem Lieto fine, wie auch seine Schwester Onoria, die Ezio ebenfalls liebte, allein.

 Die Oper zeichnet sich durch viele spannende Secco-Rezitative aus, die die Handlung immer kurz vorantreiben. Dazwischen befinden sich meist längere Arien, alle mit Wiederholung des ersten Teils, die oft sehr empfindsam dahinplätschern. Einige Juwelen befinden sich aber auch darunter, besonders wenn sie so erfrischend gespielt werden wie vom stark reduzierten Frankfurter Museumsorchester, das mit kaum Vibrato aber umso größerer Verve unter dem Dirigent Christian Curnyn agiert, der schon einige Preise mit diversen Barockensembles eigeheimst hat.

 Beim Regieteam mit Vincent Boussard (Inszenierung), Kaspar Glarner (Bühnenbild), Christian Lacroix (Kostüme), Joachim Klein/Licht und Bibi Abel/Video haben sich die Ideen anscheinend gegenseitig etwas neutralisiert, so dass die großen Akzente in der szenischen Umsetzung fehlten. In einem zur Bühne etwas versetzten rechteckigen Raum, der aber meist nach rechts offen war, spielten sich die vielen Szenen ohne Innen-Interieur außer einer kleinen weißen Bank ab. Zu Beginn soll eine Videoprojektion mit vielen Stuka-Fliegern wohl die Hunnenschlacht nach heute holen, danach nur reduzierte Projektionen und Schattenspiele, und zweimal fährt ein ominöses Eisenteil von oben herab, das auch seine Schatten wirft. Durch verschiedene, manchmal abrupte Beleuchtungswechsel soll der Raum Suggestion bekommen. Eine solche wird aber durch die hochpompösen Barockroben der Damen erreicht, die sich in dem minimalistischen Raum spektakulär abheben.

 Die Hofwache Valentinianos wird durch die Statisterie verkörpert, die in unisex schwarzen heutigen Gewändern, versetzt schreitend, Ezio einmal nach rechts, einmal nach links hinausgeleitet. Der Varo wird fast etwas ironisch (auch vor dem Decker) von Simon Bode mit schlankem Tenor gezeichnet. Den Massimo gibt Beau Gibson mit wunderbar biegsamem feinem Tenor, dem man auch gern noch bei seinen längsten Arien zuhört.

Seine Mordintention wird beim eher sanften Charakter nicht evident, da seine Frau auch gar nicht namentlich erwähnt wird. Die Onoria wird vom Frankfurter Neuzugang Sofia Fomina mit süßem, gut prononciertem Soparan gesungen. Leider ist sie aber nur mit kurzen Phrasen vertreten. Den Ezio singt Sonia Prina mit männlich timbriertem sonorem Alt und einige gespickte Koloraturen in den Arien mit ihrem sehr flexiblem Organ. Obwohl von kleiner Statur, bringt sie ihre Ziele mit konstanter Robustheit durch, wobei ihr stilisierter Brustpanzer nochmal die Herkunft ihrer voluminösen Töne betont.

Den Valentiniano gibt Max Emanuel Cencic mit zuerst etwas blassem, dann sich stark belebendem hohem Countertenor. Der kleine, verschlagen aber auch schwächlich wirkende Kaiser, fast verhüllt in einem prächtig wallenden roten Mantel beglaubigt das mit manchnmal fast ironisch wirkenden, die phänomenale Bandbreite seines Counters betonenden Gesangsphrasen.

 Paula Murrihy ist die Fulvia und überzeugt hier wieder einmal mit samt-brokatenem Mezzo, der sich in die Gehörgänge  geradezu einwindet.

Bei ihrer stückbedingten eher passiven Grundhaltung wirkt ihr Gesang umso einnehmender, was die Figur zusätzlich interessant macht.

                          Friedeon Rosén

 

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