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ERFURT: KISS ME, KATE – spritzige Unterhaltung

Theater Erfurt / Kiss me, Kate / Premiere So, 14. September 2014

Spritzige Unterhaltung: Kiss me, Kate

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Foto-Copyright: Theater Erfurt

 Das Theater Erfurt erweckt einen Musical-Mythos zu neuem Leben: Cole Porters 1948 uraufgeführtes Musical „Kiss me, Kate“, einer der größten Broadway-Erfolge aller Zeiten, steht für Glamour, Entertainment und tiefsinnigen Witz und begeistert seit sechzig Jahren mit zahlreichen Hits wie „Wunderbar“, „Seltsam“ („So In Love“), „Viel zu heiß“ („Too Darn Hot“) und „Schlag‘ nach bei Shakespeare“ („Brush up Your Shakespeare“).

 Die Hauptrollen sind mit Máté Sólyom-Nagy (Fred Graham/Petruchio) und Julia Neumann (Lilli Vanessi/Katharina) hochkarätig besetzt. Aber auch Tim Ludwig (Bill Calhoun /Lucentio) und Daniela Gerstenmeyer (Lois Lane/Bianca) sowie Reinhard Friedrich (Harry Trevor /Babtista) und Anja Augustin (Hattie, Garderobiere) und Sven Prüwer (Paul, Garderobier) bringen ein Temperament ein, das sich sehen und hören lassen kann. Unschlagbar sind vor allem Gregor Loebel (1. Ganove) und Wolfgang Kaiser (2. Ganove), diese Gangster schließt das Publikum vom ersten Augenblick an ins Herz. Eine Rollenerfindung ist der russische General Juri Batukov, er macht Lilli einen Antrag und bestellt alles für die Hochzeit auf Russisch und verteilt nebenbei einige Spitzen zur aktuellen politischen Lage.

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Foto-Copyright: Theater Erfurt

Auch die kleineren Rollen besetzt mit Markus Krenek (Gremio) und Patrick Nitschke (Hortensio) und auch Maria-Elisabeth Wey (Rebecca, Inspizientin) spielen ihre Rollen erstklassig.
Opulent bis schräg sind die Kostüme von Mila van Daag (Ausstattung) und die Bühne liefert alles, was das Erfurter Theater zu bieten hat mit Hebe- und Senkbühne sowie Drehpodesten. Die Kulissenwechsel sind erstaunlich und versetzen mal hinter die Bühnen und mal mitten hinein in die Kulissenwelt Italiens. Alles wird gut beleuchtet von Florian Hahn (Licht).

Die Choreinstudierungen hat diesmal Irene Berlin gemacht und sie hat auch dafür gesorgt, dass es leicht und spielerisch klingt.

Überhaupt hat diese Inszenierung einen wunderbaren Revuecharakter, der bestens entsteht durch die begnadeten Tänzerinnen und Tänzer, die der Inszenierung so viel Erotik verleihen. Zu sehen sind: Melanie Oster, Christin Rettig, Sarah Schedl, Hellen-Swantje Wecker, Corina Zurbuchen (Damen Ensemble) Thorsten Kugler, Austin Garrett, Simeon Long (Herren Ensemble).

Regisseur Ivan Alboresi inszeniert das musikalisch neu arrangierte und neu übersetzte Stück unglaublich intensiv – und kostet dabei die temporeichen Seiten der Backstage Comedy voll aus.

Dieser Klassiker wird von Zoi Tsokanou, einer ausgewiesenen Musical-Spezialisten dirigiert. „Kiss me, Kate“ ist eine glamouröse Komödie aus der Welt des Showbiz, in der sich Theater-Rollen und Privates vermischen, was zu absurden und grotesken Komplikationen führt, die zwar nicht tödlich, aber durchaus schmerzhaft enden.

 Immerhin kann Lilli (Julia Neumann), die Kate des Stücks im Stück, ihre Rolle wegen der Blessuren, die sie sich in einer mit privatem Eifer angereicherten Bühnenprügelei zugezogen hat, nicht so spielen, wie geplant. Diese und ähnliche Katastrophen gilt es für die Crew rund um Fred Graham zu meistern, der als Hauptdarsteller, Produzent und Regisseur von Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ auf die waghalsige Idee gekommen ist, sowohl seine Ex-Frau Lilli als auch seine aktuelle Geliebte zu engagieren. Was natürlich für Zündstoff sorgt – und das nicht nur, wenn kurz vor der Premiere aus Versehen die Blumen für die neue Liebe in die Garderobe der geschiedenen Frau gebracht werden.

Kurzum: Lilli und Fred machen ihre privaten Auseinandersetzungen über die im Stück vorgesehenen wüsten Beschimpfungen hinaus zum handfesten Gegenstand der Show. Und am Ende sind es zwei Ganoven, die dafür sorgen, dass das Stück im Stück auch zu Ende gespielt wird – nicht nur aus literarischem Interesse.

 Klingt alles ziemlich überdreht. Und das ist es auch. Schließlich unterhält „Kiss me, Kate“ mit einigen der schönsten Theaterklischees: vom promisken Ensemble über Spiel- und Trunksucht bis hin zur Verwicklung in Ganovengeschäfte ist alles dabei.

Regisseur Ivan Alboresi hat mit Máté Sólyom-Nagy und mit Julia Neumann die ideale Besetzung für die beiden Hauptrollen gefunden.

 Verrücktes Theater mit leidenschaftlichem Humor, wie man ihn in Erfurt oft erleben kann, diesmal aber besonders schön. „Kiss me, Kate‘ am Theater Erfurt ist pure, hundertprozentige witzige, spritzige Unterhaltung!

 

Thomas Janda

 

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