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DRESDEN/Semperoper: 4. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN

Dresden / Semperoper: 4. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN 1. 12. 2013

Unbenannt
Rudolf Buchbinder bei der Sächsischen Staatskapelle       Foto: Matthias Creutziger

 Eigentlich sollte dieses Symphoniekonzert das Debüt von Franz Welser-Möst bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden werden. Rudolf Buchbinder, Capell-Virtuos der Saison 2010/2011, in der er mit zwei Beethoven-Konzerten als Solist auftrat sowie – in einem Sonderzyklus – sämtliche Klaviersonaten Beethovens, deren Mitschnitt inzwischen als preisgekrönte CD-Box (Sony Music) vorliegt, interpretierte, war als Solist der „Rhapsodie über ein Thema von Paganini für Klavier und Orchester“ (op. 38) von Sergej Rachmaninow vorgesehen. Außerdem waren die deutsche Erstaufführung des „Neuen Orchesterwerkes (2013)“ von Wolfgang Rihm, dem aktuellen  Capell-Compositeur, und die 6. Symphonie von Dmitri Schostakowitsch vorgesehen, was unbedingt interessant gewesen wäre.

 Krankheitsbedingt musste Welser-Möst leider absagen. In der Kürze der Zeit wurde Buchbinder in seiner Doppelfunktion als Pianist und „Dirigent“ zum „Retter in der Not“ und das Programm zu einem reinen Beethoven-Programm mit zwei Klavierkonzerten – sehr zur Freude des Publikums.

 Erst vor wenigen Tagen hatte Buchbinder sämtliche Klavierkonzerte von Ludwig van Beethoven mit den Wiener Philharmonikern in Peking und Tokyo aufgeführt und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Jetzt spielte – und „dirigierte“ – er in diesem Konzert die beiden  „Klavierkonzerte Nr. 1 C‑Dur“ (op. 15) und „Nr. 5“ Es‑Dur (op. 73), zwei Werke, die die Sächsische Staatskapelle (neben vielen anderen) wohl auch ohne Dirigent „im Schlafe“ spielen kann. Die Musikerinnen und Musiker der von der „Opernwelt“ zum Orchester des Jahres gewählten Staatskapelle waren aber „hellwach“ und spielten „wie die Götter“ mit feinsten Solopassagen, kongenialen Streichern, stilvoll unterstreichender Pauke und sehr feinsinnigen Bläsern (abgesehen von minimalen Ungenauigkeiten bei einem Einsatz, der aber kaum ins Gewicht fiel und von den späteren vorzüglichen Einsätzen „überdeckt“ wurde). Allein die „Korrespondenz“ zwischen Klavier und Bläsern im letzten Satz des 1. Klavierkonzertes war voller Harmonie. Solist und Orchester verstanden sich „blind“, auch ohne (expliziten) Dirigenten. Es war ein wechselseitigen Geben und Nehmen und Sympathie auf beiden Seiten.

 Buchbinder „leitete“ die Konzerte vom Konzertflügel aus, aber seine  starke Seite ist nun einmal das Klavierspiel, das er meisterhaft beherrscht. Mancher Purist mag einige, kleine Unstimmigkeiten bei den Einsätzen bemängelt haben, aber was ist das schon gegenüber den vielen wunderbaren Passagen, wo Auffassung und Ausführung beider Seiten so völlig übereinstimmten, und das auf sehr hohem Niveau. Solist und Orchester erweckten gemeinsam die Geistes- und Gefühlswelt Beethovens zu neuem Leben.

 Buchbinder lebt mit Beethovens Klaviermusik auf „du und du“. Sie ist sein Lebenselixier. Seine wunderbar klingende, variable und sehr farbenreiche Anschlagskunst, von sensibel zart bis herzhaft, aber nie hart, die von ihm beherrschten musikalischen Linien und ihre kantable Ausführung, seine flüssig perlenden Läufe – all das ist für die Wiedergabe von Beethovens Musik „wie geschaffen“, für ihn aber selbstverständlich und nie Selbstzweck, sondern die Voraussetzung für eine möglichst adäquate, vergeistigte Wiedergabe.

 Es war ein genussreiches Konzert, was Wunder, dass Buchbinder am Ende neben Blumen auch eine Gourmetplatte überreicht wurde, wofür er sich wie für den überaus herzlichen Applaus des Publikums als echter (Wahl-)Wiener mit einer  „Johann-Strauß-Paraphrase“, deren köstliche Variationsweise vom zitierten Straußwalzer über Beethovens Kompositionsweise bis zu einem fulminanten Schluss in Franz-Liszt-Manier reicht, bedankte.

 Ingrid Gerk

 

 

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