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DRESDEN/ Semperoper: LE NOZZE DI FIGARO

16.06.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Dresden Semperoper: “LE NOZZE DI FIGARO“ – 14.6.2012


Markus Butter (Graf), Ute Selbig (Gräfin) , Gala El Hadidi (Cherubino). Foto: Semperoper

Über die Inszenierung von David Mouchtar-Samorai, bei der zum Fandango (einfacher) Rock’n-Roll bei Rotlicht getanzt wird, kann man geteilter Meinung sein. Darüber wurde schon öfters berichtet. Sie regt nicht einmal mehr auf. Die Gemüter haben sich beruhigt.

Es war eine Repertoire-Aufführung, die 55. nach der Premiere (22.1.2006), bei der Ute Selbig als Contessa d’Almaviva sang und spielte wie zu ganz besonderen Anlässen. Sie gibt in jeder Vorstellung ihr Bestes, und das ist außergewöhnlich viel. Schon allein deswegen hat sich der Besuch dieser Aufführung gelohnt.

Mit ihrem strahlend schönen Sopran, bei dem man jeden, selbst den leisesten Ton hört, gestaltete sie mit Stimme, Herz und Gestik eine unaufdringlich schöne, sehr sensible Gräfin mit edler Haltung, stimmlich ausgefeilt bis ins allerletzte Detail, mit „himmlischen“ Koloraturen und feinsten Nuancen. Bereits mit ihrer ersten Arie brachte sie einen besonderen Höhepunkt ins allgemeine Bühnengeschehen. Bei ihr scheint alles wie selbstverständlich, selbst die schwierigste Partie. An besonders problematischen Stellen blüht ihre Stimme noch weiter auf. Wenn man meint, der Zenit wäre erreicht, setzt sie noch krönende Glanzpunkte darüber. Ihre zweite Arie ließ den Atem stocken – ein Leiden in Schönheit, wo man vom ersten bis zum letzten Ton gebannt lauscht (und sich heimlich wünscht, dass diese Arie nie zu Ende gehen möge).

Sehr innig und ausgeglichen gelang auch das Briefduett mit Romy Petrick als junger, agiler Susanna, einem geschmeidigen, quicklebendigen „Kammerkätzchen“. Nicht nur bei der von ihr liebevoll gesungenen „Rosen“-Arie hörte man gern zu.

Das andere hübsche, aufgeweckte Mädchen namens Barbarina war Nadja Mchantaf. Sie gestaltete die Rolle so, wie man sie sich vorstellt und legte ihr sängerisches und schauspielerisches Können hinein, soweit das im Rahmen der Regie möglich war. Auf jeden Fall hat sie ihre Rolle richtig erfasst und umgesetzt. Ganz anders aufgefasst, als ursprünglich von Da Ponte konzipiert, hat Gala El Hadidi (Junges Ensemble) die Rolle des Cherubino. Anstelle des hübschen, zarten, ständig verliebten Pagen, der mit seinen Gefühlen noch nicht so recht weiß wohin (was der Oper einst viel prickelnde Spannung verlieh), brachte sie einen kindischen, sehr burschikosen Lausbub mit jungenhaft herber Stimme auf die Bühne, mit dem übertriebenen, unreifen Verhalten eines schlecht erzogenen Kindes, das, als es zum Militär geschickt wird, immer nach dem Grafen (seinem Brötchengeber) treten wollte, ohne an „Konsequenzen“ zu denken. Möglicherweise war es von der Regie so gewollt. Das „Kostüm“ (Joachim Herzog) unterstrich jedenfalls diese „etwas andere“ Interpretation. Als Marcelline war Sabrina Kögel eingesprungen (für Andrea Ihle). Sie sang gut, bewegte sich aber sehr zurückhaltend.

Bei Markus Butter als sowohl stimmlich wie darstellerisch nicht sonderlich dominantem Grafen war verständlich, dass ihm die Bediensteten „auf der Nase herumtanzen“, wogegen er „nichts unternahm“ und nicht einmal empört war. Er blieb sehr gleichmütig. Für Markus Marquart, der in anderen Rollen wie dem Rigoletto fasziniert, scheint der Figaro nicht mehr die geeignetste Rolle zu sein. Er wirkt alles andere als aufmüpfig, kämpferisch oder gar gefährlich für den Grafen. Selbst wenn er dem Text nach das Zimmer vermisst, sitzt er sehr bequem im Sessel. So kann das doch selbst von der, vieles ins Gegenteil verkehrenden, Regie nicht gemeint sein. Vielleicht sollte er sich einfach nur frech und selbstbewusst in den Sessel setzen, um sich zu behaupten. Man fragt sich, wieso der Graf das alles duldet und eher den Eindruck macht, als wäre er froh, dass er geduldet wird. Gegen die junge, agile Susanna wirkt dieser Figaro eher väterlich behäbig. Auch schien diese Partie für Marquardt etwas hoch zu liegen. Die Stärke seiner guten Stimme liegt offenbar in der tieferen Lage.

Wenig markant wirkten Michael Eder als Bartolo und Gerald Hupach als Don Basilio, obwohl auch diese Rollen für die Handlung nicht unwichtig sind und ihre Bedeutung für einzelne Szenen haben. Eine äußerst blasse Erscheinung blieb Allen Boxer (Junges Ensemble) als Antonio.

In sehr guter Abstimmung der einzelnen Stimmgruppen und daraus resultierendem gutem Gesamtklang belebte der Sächsische Staatsopernchor Dresden (Einstudierung: Wolfgang Bauer) die Aufführung mit ansprechenden Chorszenen.

Es gab auch schöne, ausgewogene, sehr sängerfreundlich vom Orchester getragene Ensembleszenen der Solisten. Lediglich bei der kleinen a capella zu singenden Szene „Wer ist so glücklich wie ich“ waren die Sänger auf sich allein gestellt. Es klang – mit Ausnahme von Ute Selbig – etwas zaghaft.

Am Ende siegt bei Mozart immer die Musik, was neben einzelnen, sehr guten Sängerinnen-Leistungen vor allem auch der vortrefflich spielenden Sächsischen Staatskapelle Dresden – mit Josep Caballé-Domenech am Pult – zu danken war. In jeder Aufführung bildet die Staatskapelle das sehr sichere, klangschöne Fundament und unterstützt Solisten und Chor sehr einfühlsam. Sie trug auch hier wesentlich zum Gelingen der Aufführung bei.

Ingrid Gerk

 

 

 

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