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DRESDEN/ Frauenkirchen: BACHKANTATE UND TRAUERMUSIK VON J. L. KREBS

Dresden/Frauenkirche: BACHKANTATE UND TRAUERMUSIK VON J. L. KREBS 24. 11. 2013

 Unbenannt
Britta Schwarz

Johann Ludwig Krebs (1713-1780), der Lieblingsschüler J. S. Bachs, rückt mit seinen Kompositionen, die in der Vergangenheit fast völlig in Vergessenheit gerieten, immer mehr in den Blickpunkt von Musikern und Musikfreunden.

 In der Dresdner Frauenkirche wurde jetzt sein „Oratorio funebre für Alt, Tenor, Chor, 2 Oboen, Streicher und Basso continuo“ (Krebs‑WV 100) von der Merseburger Hofmusik und dem Collegium Vocale Leipzig unter der Leitung von Michael Schönheit aufgeführt.

 Krebs komponierte die „Trauermusik“ anlässlich des Todes von Maria Josepha von Sachsen (1731 – 1767), Königin von Polen, Kurfürstin von Sachsen, Gemahlin von Kurfürst Friedrich August II., Tochter von Maria Theresia von Österreich und Schwiegertochter Augusts des Starken. Sie verstarb am 17. November 1757. Es gehört zu den sehr ansprechenden Elementen der Programmgestaltung in der Frauenkirche, dass unbekannte Werke der Vergangenheit wieder aufgeführt werden und das möglichst passend zum historischen Datum oder an entsprechender Stelle im Ablauf des Kirchenjahres.

 Entsprechend der damaligen Art eines Dramma per Musica verkörpern bei dieser Trauermusik die Sänger Allegorien, die um die verstorbene Königin trauern, die Altstimme den Ruhm (La Gloria), der Tenor den Genius (Il Genio) und der Chor das Volk der trauernden Sachsen (Coro di Sassoni). Der Text stammt von einem unbekannten Dichter und existiert nur in lateinischer Sprache.

 Zunächst nahm der (realativ kleine) Chor aus 9 Sängerinnen und Sängern vor dem Orchester Aufstellung, um den Eingangschor zu singen – eine kleine Inszenierung, die das Konzert optisch auflockerte und die Stimmen akustisch besser zur Wirkung brachte als später hinter dem Orchester.

 Das Orchester, die Merseburger Hofmusik, wurde 1998 von Mitgliedern des Gewandhausorchesters Leipzig und freischaffenden Spezialisten unter der künstlerischen Leitung von Michael Schönheit gegründet. Die Musiker spielen auf historischen Instrumenten und haben sich die Pflege der reichen Musiktradition der ehemaligen Residenz Merseburg, zu der u. a. Johann Joachim Quantz, der Flötenlehrer Friedrich II. und Bachs ältester Sohn Wilhelm Friedemann gehörten, zur Aufgabe gemacht. Mit ihrem besonderen Klang, ihrem Verständnis für Alte Musik und ihren musikpraktischen Erfahrungen sorgen sie für eine sehr lebendige Wiedergabe von bekannten und unbekannten Werken der Vergangenheit.

 Die Altpartie des „Ruhmes“ sang Britta Schwarz. Mit ihrer schönen, klangvollen Altstimme, ihrer Gestaltungskraft und ihren Erfahrungen u. a. bei der „Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik“ im Kloster Michaelstein“, ist sie prädestiniert für die besonders gute Wiedergabe Alter Musik. Sie gestaltete die Partie sehr sicher und mit faszinierender Klarheit, ganz im Sinne der Empfindungswelt vergangener Jahrhunderte. Ihre, bruchlos zwischen müheloser Höhe und warmer, schöner Tiefe wie selbstverständlich fließende Stimme wurde noch durch eine ausgezeichnete Artikulation, die bei vielen Sängerinnen und Sängern leider nicht mehr selbstverständlich ist, unterstrichen und durch feinste Verzierungen verschönt. Mit langem Atem und großer Innigkeit und mit ihrer klugen, ausgereiften Gestaltung brachte sie die ansprechende Komposition den Hörern besonders nahe.

 Der Tenor Max Ciolek, ebenfalls mit der Aufführungspraxis von Oratorien vertraut, gestaltete die Partie des Genius sachlich und diesseitig, aber ebenfalls mit guter Artikulation. Seine Stimme korrespondierte gut mit der wunderbar warmen, samtenen Altstimme, deren Klang sich wiederum mit dem Klang der Instrumente aufs Schönste verband.

 Michael Schönheit, Gewandhauskapellmeister in Leipzig, Organist am Merseburger Dom und Solist der New Yorker Philharmoniker, leitete und inspirierte die Ausführenden mit viel Sachkenntnis vom Cembalo aus, so dass die Besucher die eindrucksvolle Wiederbelebung eines hörenswerten und zu Unrecht vergessenen Werkes, stilistisch zwischen Barock und Klassik, erleben konnten, das neben einer Bachkantate durchaus bestehen kann.

 Für die Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ von Johann Sebastian Bach hatten neben Max Ciolek Gesine Adler mit guter, sicherer Stimme und stilvoller Gestaltung die Sopranpartie und Tobias Berndt die Basspartie übernommen. Es gab schöne Passagen wie das Duett Sopran-Bass mit Solovioline, die drei sehr gut harmonierenden Männerstimmen mit Orchester, das Duett Sopran – Bass mit idealer Oboenbegleitung und den Schlusschoral mit umspielter Instrumentalbegleitung, aber leider immer auch Pausen zwischen den einzelnen Nummern, die den sonst so positiven Eindruck etwas beeinträchtigten, was dem Konzert aber insgesamt, bei dem die Anwesenden neben der Bachkantate mit einem fast vergessenen Komponisten und seinem Werk positiv überrascht wurden, kaum Abbruch tat.

 Ingrid Gerk

 

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