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DRESDEN/ Frauenkirche: LA CHAMBRE PHILHARMONIQUE UNTER EMMANUEL KRIVINE UND MIT TEHILA NINI GOLDSTEIN

Dresden/Frauenkirche: LA CHAMBRE PHILHARMONIQUE UNTER EMMANUEL KRIVINE UND MIT TEHILA NINI GOLDSTEIN – 31.8.2013

Unbenannt

 Die Konzerte in der Dresdner Frauenkirche überraschen immer wieder mit neuen Werken, Ensembles und Solisten oder Interpretationen. Jetzt hatten die Dresdner Gelegenheit La Chambre Philharmonique kennenzulernen, ein Orchester aus Musikern der besten europäischen Ensembles, das spezielle Projekte des klassischen und romantischen Repertoires auf Instrumenten der betreffenden Epochen mit historischen Spieltechniken realisiert, geleitet von Emmanuel Krivine, dem Mitbegründer des Orchesters. Er und die Solistin des Abends, Tehila Nini Goldstein sind in Dresden keine Unbekannten. Er gastierte schon bei der Staatskapelle Dresden und sie bei den Dresdner Musikfestspielen.

 Für die Reihe „Zeitenwende – der musikalische Weg ins 19. Jahrhundert“ standen L. v. Beethovens „Sinfonie Nr. 2 D Dur“ (op. 36) und „Sinfonie Nr. 6 F Dur“ (op. 68), die „Pastorale“ auf dem Programm.

Beethovens 2. Sinfonie ist noch sehr der Klassik verhaftet. Die Nähe zu W. A. Mozart ist unverkennbar, aber Beethovens persönlicher Stil bricht sich schon Bahn und deutet bereits ins 19. Jh. Krivine betonte diese Richtung stärker als gewohnt. Seine Interpretation ging trotz gemäßigtem Tempo, bei dem das Orchester mit seinem, durch die Instrumente bedingten, mitunter ungewohnt herben, aber auch warmen, durchaus ansprechenden, Klang in seiner charmanten, französisch unbekümmerten Art ohne Hast (wie es jetzt leider oft üblich ist) ausmusizieren konnte, in Richtung Romantik. Störend wirkten nur die immer wieder unscharfen Hörner, was möglicherweise auf die, für die Musiker ungewohnten Raumbedingungen oder eine allzu forsche Lautstärke zurückzuführen war. Ein leises Horn fällt weniger unangenehm auf, als ein falscher oder nicht ganz sauberer Ton. Trotzdem applaudierte das Publikum wieder vorzeitig zwischen den Sätzen, was vielleicht verständlich war, aber den Gesamteindruck der Sinfonie störte.

 Der „Pastorale“ widmeten sich Dirigent und Orchester mit dem jetzt üblichen, immer wieder aufwallenden Temperament, das sich dann hochdramatisch bei Gewitter und Sturm im 4. Satz entlud, aber auch immer angemessenen Tempi. Im Gegensatz zu den sehr exakt und ernsthaft musizierenden deutschen Orchestern wurde hier die Schilderung der ländlichen Idylle und der Natur in angenehmer Art – auch publikumswirksam – nicht nur leichter genommen, sondern ungewöhnlich liebevoll ausmusiziert, fast „zelebriert“. Kuckucksruf (2 Klarinetten), Nachtigall (Flöte) und Wachtel (Oboe) ließen schon an die tonmalerischen Schilderungen eines Richard Strauss denken.

 Allgemein war immer eine gute Grundauffassung und viel musikalisches Empfinden zu spüren. Dirigent und Orchester hatten ihre eigene, nicht unbedingt übliche, aber durchaus interessante und akzeptable Auffassung und Interpretationsweise.

 Zwischen den beiden Sinfonien verweilte T. N. Goldstein mit verkleinertem Orchester im 18. Jh. bei W. A. Mozart und seiner 3sätzigen Motette „Exultate, jubilate“ (KV 165). Mit dunkel gefärbtem, warmem, weichem (auch leicht gutturalem) Sopran interpretierte sie die Motette durchaus opernhaft, was in heutiger Zeit schon fast ungewohnt geworden ist. „Doch sag ich nicht, dass das ein Fehler sei“ (R. Wagner: „Meistersinger“), denn zu Mozarts Zeiten wurden solche Motetten vorwiegend von Operndiven in dem ihnen gemäßen Stil gesungen. Mit lockeren Koloraturen, guten Trillern und sonstigen Verzierungen bewältige T. N. Goldstein diese virtuose Motette ohne Fehl und Tadel. Von ihrer klangvollen, eigenwilligen und sehr beeindruckenden Stimme, ihrer makellosen Technik und ihrer Gestaltung ging eine ungewöhnliche Faszination aus.

 Ingrid Gerk

 

 

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