Dresden/Frauenkirche: „ADVENTSKONZERT“ MIT JOYCE DIDONATO, JULIA LEZHNEVA UND KLAUS FLORIAN VOGT – 30. 11. 2013
Frauenkirche in Dresden
Die Frauenkirche erstrahlte in festlichem Licht. Die Kerzen entlang des Mittelganges wurden stilvoll mit althergebrachter „Technik“ und von jungen Leuten entzündet. Das seit 2000 – damals noch von der Baustelle der Frauenkirche mit Cecilia Bartoli – regelmäßig zum 1. Advent vom ZDF übertragene „Adventskonzert“ mit hochrangigen Künstler, das die Vorweihnachtsstimmung in Dresden in die Wohnzimmer ganz Deutschlands bringt, hat Tradition. Tradition haben aber auch die alljährlichen Absagen und die überraschenden „Einspringer“. In diesem Jahr traf es den Dirigenten, Franz Welser-Möst, der infolge Krankheit absagen musste. Für ihn sprang der Münchner Markus Poschner ein, vor allem als Wagner-, Beethoven- und Brahmsinterpret geschätzt, zurzeit GMD der Bremer Philharmoniker und der Theater Bremen, 1. Gastdirigent der Dresdner Philharmonie und regelmäßiger Gast bei den Münchner Philharmonikern sowie gern gesehener Gast bei Orchestern in aller Welt.
Hier leitete er das (vom ZDF aufgezeichnete) Adventskonzert am Vorabend (30.11.) mit Umsicht und Sachkenntnis. Lediglich beim ersten Auftritt von Joyce DiDonato gab es kleine Unstimmigkeiten zwischen Solistin und Orchester, so dass mit der Wiederholung des „Ave Maria“ von Pietro Mascagni am Schluss des Konzertes dem Publikum noch eine „Zugabe“ beschert wurde, die so gut gelang, dass die letzten, wunderbaren Töne der Solistin noch lange innerlich „nachhallten. Bei ihrer Stimme schwingt viel mit. Sie hat das „gewisse“, unerklärliche „Etwas“, das so sehr beeindruckt und auch bei Giacomo Puccinis „Salve Regina“(Orchestrierung: Joachim Draheim) faszinierte.
Im „Domine Deus“ und „Cum sancto spiritu“ aus der „Großen Messe in c-Moll“ von Wolfgang Amadeus Mozart vereinten sich, unterstützt von der Staatskapelle die beiden Stimmen von Joyce DiDonato und Julia Lezhneva, der jungen russischen Sopranistin, die von der „Opernwelt“ als „Nachwuchssängerin des Jahres“ ausgezeichnet und 2013 mit einem ECHO Klassik geehrt, aktuell sehr gefragt ist.
Julia Lezhneva überraschte mit ihrer frischen, sehr klaren, unverbrauchten Stimme, die einen leichten Anflug von slawischer Kehligkeit nicht ganz verleugnen kann (was aber auch seinen besonderen Reiz hat) und mit ihren sehr klaren Verzierungen bei Mozarts „Exultate, Jubilate“, „Tu virginum corona“ und „Alleluja“, bei dem man sich in die Mozartzeit zurückversetzt wähnte. Mit ihrem jugendlichen Charme und ihrer unverfälschten Stimme gewann sie die Herzen der Anwesenden und Zuschauer – ein Talent, das zu großen Hoffnungen berechtigt.
Gut bei Stimme und diszipliniert in jeder Phase sang Klaus Florian Vogt sehr getragen und mit äußerster Akribie aus Camille Saint-Saëns‘ „Oratorio de Noël“: „Domine, ego credidi“ und „Tollite hostias“ sowie dezent vom Staatsopernchor begleitet, in schöner Harmonie „Cantique de Noël“ von Adolphe Adam.
Eröffnet wurde das Konzert vom Sächsischen Staatsopernchor Dresden, dessen Gründung 1817 vor allem ein Verdienst Carl Maria von Webers war. Er wurde begleitet von der prächtig spielenden Sächsischen Staatskapelle Dresden, die einer Umfrage unter 50 Musikkritikern in Europa und den USA zufolge, den Kritikerpreis des Jahres 2013 von der Zeitschrift „Opernwelt“ erhielt, und nicht nur bei dem vom Chor machtvoll gesungenen „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ aus „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy ihrem guten Ruf alle Ehre machte. Der Chor (Einstudierung: Pablo Assante) orientierte auf Klarheit, aber auch vorwiegend auf Lautstärke und Stimmkraft, wobei die im Chor (noch) vorhandenen klangvollen Stimmen leider wenig zur Geltung kamen.
Feinfühlig und stimmungsvoll sang hingegen der Kammerchor der Frauenkirche (Einstudierung: Matthias Grünert) das weihnachtliche „Unser lieben Frauen Traum“ von Max Reger und später Mendelssohns beliebtes „Denn er hat seinen Engeln“ aus dem „Elias“, das wie reine „Engelsstimmen aus der Höhe“ wirkte – beides von der Chorempore herab. Sanfte, wohlklingende Frauenstimmen harmonierten wunderbar mit den dezent ergänzenden und „untermalenden“ Männerstimmen. Alles war sehr gut, im genau richtigen Maß und angenehmer Lautstärke abgestimmt. In dieser Feinheit waren die exakt ausgeführten musikalischen Linien klar zu verfolgen. Mit diesen beiden Beiträgen „zauberte“ der Kammerchor der Frauenkirche eine „himmlisch schöne“, wahrhaft weihnachtliche Atmosphäre.
Hierbei erwies sich die Chorempore auch hinsichtlich der Akustik als besonders günstig. Von dort wird der Klang noch „überhöht“ und wunderbar in den großen Kirchenraum getragen. Diese Empore wurde schließlich für die Sänger und Musiker gebaut, und die „Altvorderen“ wussten schon aus Erfahrung, wie so etwas zu bewerkstelligen sei.
Die Sächsische Staatskapelle Dresden spielte prächtig. Sie begleitete nicht nur Solisten und Chor sehr einfühlsam, sondern setzte ihr großes Können und ihren unnachahmlichen Klang auch in den Ausschnitten aus Peter Iljitsch Tschaikowskys „Der Nussknacker“, dem „Schmücken des Weihnachtsbaumes“ und „Im Tannenwald“ ein. In jedem Takt spürten die Musikerinnen und Musiker den Feinheiten der Musik nach.
Mit dem, von allen Ausführenden in schöner Übereinstimmung gesungenen „Adventslied“ „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ klang ein sehr niveauvolles, herzerfrischendes (und –erwärmendes) Adventskonzert aus, dessen Programm, bei dem auch weniger übliche Werke, die aber gut in ein Weihnachtsprogramm passen, einbezogen und in einer guten Zusammenstellung als einheitliches Ganzes zusammengefügt wurden, für jeden etwas brachte und auch die Fernsehzuschauer am 1. Advent (1.12.) begeisterte.
Ingrid Gerk