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DIPPOLDISWALDE/Parksäle: WAGNER – VERDI – GALA mit Camilla Nylund, Georg Zeppenfeld und Thomas Czerny

23.09.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Dippoldiswalde/Parksäle: CAMILLA NYLUND, GEORG ZEPPENFELD UND TOMÁS CERNÝ IN EINER WAGNER-VERDI-GALA – 22.9.2013

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Camilla Nylund. Foto: Markus Hoffmann

 Wenn man Camilla Nylund als Dresdner schon lange nicht mehr an der Semperoper hören kann – man kann nur hoffen, dass es unter dem neuen Intendanten Serge Dorny (ab 1.9.2014) wieder anders wird – muss man nach Dippoldiswalde fahren, um sie wieder einmal zu erleben, denn ihre zahlreichen Opernrollen an der Semperoper sind unvergessen, und was nützt es den Opernfreunden aus Dresden und Umgebung, wenn sie an der Wiener und Bayrischen Staatsoper, der Mailänder Scala usw. singt?

 Dippoldiswalde ist eine Stadt mit bewegter Geschichte, historischem Altstadtkern, Renaissance-Rathaus, Schloss aus dem 16./17. Jh., dessen Mittelbau dem Dresdner Schloss ähnelt, gotischer Hallenkirche mit romanischem Westturm und frühbarocker Ausmalung, romanischer Basilika, mittelalterlichen Bildstöcken, Spuren des mittelalterlichen Silberbergbaus usw., mit viel kultureller Tradition und musik-und kunstinteressierten Einwohnern, gelegen inmitten des Osterzgebirges, etwas 20 km südlich von Dresden, Richtung Tschechien.

 Hier geht jetzt die Veranstaltungsreihe „Meisterinterpreten im Gespräch“, bei der hochkarätige Sänger und Instrumentalisten auftreten, alle Konzerte immer sehr gut besucht sind und waren und auch die „nächste Generation“ nicht fehlt, unter ihrem unermüdlichen Leiter Wolfgang Mende bereits in den 35. Jahrgang. Es ist erstaunlich, was hier „auf die Beine gestellt“ wird. Hier geben sich Weltklassekünstler „die Klinke in die Hand“, so dass nicht selten auch die Dresdner trotz weitgefächertem Konzertangebot ihrer Stadt nach Dippoldiswalde fahren.

 Den Auftakt der neuen Konzertsaison bildete beispielsweise ein Duo-Abend mit Rainer Honeck, dem 1. Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Christopher Hinterhuber (Musikuniversität Wien).

 Jetzt „pilgerten“ nicht nur die Dippoldiswalder, sondern auch die Dresdner zur „Wagner-Verdi-Gala“ mit Camilla Nylund und Georg Zeppenfeld sowie dem tschechischen Tenor Tomas Cérny (Stuttgart und Zürich, ständiger Gast bei Nationaltheater und Staatsoper Prag und Dvorák-Spezialist), um den bekanntesten und beliebtesten Arien beider Jubilare des Jahres in meisterhafter Interpretation zu lauschen.

 Nach „Trinklied“ und Arie des Alfred aus „La Traviata“ (Nylund, Czerny) betrat Zeppenfeld mit finsterer Miene die Bühne und begeisterte mit der Arie des Philippo II. aus „Don Carlo“ in ungewöhnlicher Präzision das sachverständige und musikliebende Publikum. Er bestach nicht nur mit seiner scheinbar mühelos alle Schwierigkeiten bewältigenden Stimme, seiner erstaunlichen, absolut sicheren und wunderbar klangvollen, samtenen Tiefe und sehr sicheren Höhe. In jeder Nuance beherrschte er die Balance zwischen unerbittlichem Machtanspruch eines absolutistischen Königs und der Erkenntnis seiner menschlichen Vereinsamung „am Ende seiner Tage“. Hier stimmte einfach alles bis ins letzte Detail – eine beeindruckende Komposition in einer Ausführung der Superlative (anders kann man es nicht ausdrücken). Das Publikum hatte ihn sofort ins Herz geschlossen. Am Abend zuvor hatte er die gesamte Partie mit gleicher Faszination bei der Premiere von „Don Carlo“ am Theater Erfurt gesungen und das Publikum dort in seinen Bann gezogen.

 Ihm folgte Camilla Nylund mit der perfekt gesungenen und gestalteten Arie der Elisabetta aus der gleichen Oper. In wohldurchdachtem, abwechslungsreichem Arrangement sangen beide außerdem Ausschnitte aus „Simone Bocanegra“ und „Macht des Schicksals“ und bestachen durch auffallende Tonreinheit, gute Nuancierung und Gestaltungsvermögen. Auch ohne Kostüm und Maske vermochten sie die Zuhörer in die Welt der verschiedenen Operngestalten zu entführen.

 Da kein Orchester zur Verfügung stand, begleitete Johannes Wulff-Woesten am Konzertflügel und steuerte das Vorspiel zur „Macht des Schicksals“ bei. Er ersetzte nicht nur das Orchester. Mit seinen reichen Erfahrungen als Solorepetitor, Studienleiter, Pianist, Cembalist, Komponist und Dirigent an der Semperoper und Solorepetitor und musikalischer Assistent bei den Bayreuther Festspielen verstand er es meisterhaft, Differenzierung und Nuancen der Orchesterfarben auf dem Konzertflügel „nachzuempfinden“ und unterstützte so die volle Konzentration auf die Sänger mit ihrer ausgezeichneten Gesangstechnik und ihrem großartigen Gestaltungsvermögen.

 War der 1. Teil des Konzertes ganz Guiseppe Verdi vorbehalten, so kam im 2. Teil Richard Wagner „zu Wort“, denn „der Gesang ist die in höchster Leidenschaft erregte Rede“ nach seinen Worten, was durch Camilla Nylund mit der „Hallenarie“(„Tannhäuser“) und „Walküre („Der Männer Sippe saß hier im Saal“) und durch Cerný mit der „Gralserzählung“ („Lohengrin“) und „Preislied des Stolzing“ („Meistersinger“) eindrucksvoll bestätigt wurde.

 Czerny bewältigte die Schwierigkeiten der großen Verdi-Arien, wenn auch mit etwas herberer Stimme und mehr Nüchternheit als mit der Leichtigkeit des italienischen Belcanto und setzte bei Wagner all sein Können ein, sang mit sympathischer tschechischer Mentalität immer mit großem Einsatz, schaffte alle Höhen (mitunter auch durch Anstrengung) immer sauber und konnte in diesem illustren Kreis gut bestehen.

 Was Zeppenfeld macht, das macht er gut, und so bewies er seine Vielseitigkeit auch mit der Arie des Daland, eine Rolle, die er in der Neuinszenierung des „Fliegenden Holländer“ an der Semperoper singt. Mit kleinen, wohl dosierten und geschickten Gesten deutete er die Handlung an. Mit dem „Fliedermonolog“ und der „Schlussansprache des Sachs“ gab es für ihn außerdem noch eine (inoffizielle) kleine Premiere, denn sein Rollendebüt auf der Opernbühne steht noch bevor.

 Camilla Nylund, die mit freundlichen Begrüßungsworten das Programm eröffnet hatte, beschloss es mit „Isoldes Liebestod“ und setzte damit noch einmal einen Glanzpunkt in dem an großartigen Leistungen reichen Konzert an einem Ort, wo es Nicht-Insider eigentlich nicht erwarten.

 Man kann auch auf den 35. Jahrgang der Reihe „Meisterinterpreten“, der wieder viele Begegnungen mit großartigen Künstlern bringen wird, sehr gespannt sein.

 Ingrid Gerk

 

 

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